# taz.de -- Reggaeton in Kuba: Auf dem Index der Revolution
       
       > Reggaeton ist der Sound der Jugend Lateinamerikas. Im nicht prüden Kuba
       > ist der Musikstil nun in Radio und Fernsehen verboten.
       
 (IMG) Bild: Kein Wunder, dass es Raggaeton-Musiker Daddy Yankee bei dem Namen in Kuba schwer hat.
       
       Die Schule namens Republik Kolumbien kennt in Kubas Bildungssystem seit
       Mitte Januar jede Lehrkraft. An der Schule in Havannas Stadtteil Centro war
       es im Dezember in einer Pause zu einer kleinen Tanzeinlage der Direktorin,
       dreier junger Lehrer sowie etlicher Schüler gekommen. Doch das Stück „Kimba
       pa’ que suene“ von der Reggaetonkapelle Los Principales sei, so ist aus dem
       Bildungsministerium zu hören, alles andere als unterrichtskonform.
       
       Zu obszön sei das Stück, so argumentierten die Verantwortlichen und
       stacheln mit diesem Urteil den seit Monaten tobenden Feldzug gegen den
       Reggaeton, der auf der Insel gern Cubatón genannt wird, noch an. Der
       Musikstil, gekennzeichnet durch harte monotone Beats aus dem Computer,
       einfache Melodien und oft anzügliche Texte, ist im offiziellen Kuba seit
       Jahren alles andere als gern gesehen. So ist die Textzeile „Kimba pa’ que
       suene“ eine unverblümte Aufforderung zum Sex und der Hit „Chupi Chupi“ von
       Osmani García die kubanische Hymne zum Oralsex.
       
       Kritik am vulgären Tanzstil des Cubatón und den oft sexistischen Texten hat
       es immer wieder gegeben. Doch man ließ die Jugend der Insel gewähren und
       duldete die Bonches, die Cubatónpartys.
       
       Doch seit November letzten Jahres ist das passé. Danilo Siro, Präsident des
       kubanischen Instituts für Radio und Fernsehen, kündigte an, dass auf
       nationalen Kanälen „keine banale, keine vulgäre und keine Nummer, die das
       Bild der Frau herabwürdigt“, mehr gesendet werde.
       
       Klare Worte, und wer definiert, was in Ordnung ist und was nicht, liegt auf
       der Hand. Das Bildungsministerium hat das bereits getan und in der bereits
       erwähnten Stellungnahme, die als Antwort auf einen Leserbrief in einer
       Zeitung erfolgte, bereits klargemacht, dass die Lehrer mit
       disziplinarischen Konsequenzen zu rechnen hätten. Schließlich seien nur
       Hymnen, Märsche und Kinderlieder an den Schulen der Insel zugelassen.
       
       Auch den Musikern wird es womöglich an den Kragen gehen. Wer weitermacht
       mit dem Stil, könnte seine Lizenz verlieren, weil er gegen den
       revolutionären Geschmack verstieße.
       
       Das erinnert an ein anderes legendäres Verbot und den Umgang mit den
       Beatles. Die waren auf der Insel in den 60ern genauso verpönt wie Jeans und
       länger als drei Jahrzehnte offiziell unerwünscht. Erst im September 2000
       ruderte die Politik dann endgültig zurück. Fidel Castro persönlich
       enthüllte eine Bronzestatue zu Ehren des Oberbeatles John Lennon.
       
       Ob sich ein so langes Warten wiederholt, auf den Cubatón und seine Stars
       wie Osmani García, Eddy K oder Gente de Zona, darf bezweifelt werden.
       „Vergessen wird“, so Leonardo Padura, Kubas international bekannter
       Schriftsteller, „dass der Reggaeton Ausdruck der sozialen, politischen und
       ökonomischen Konjunktur der Insel ist und ihr Stimme und Ausdruck
       verleiht“.
       
       8 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
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