# taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Ach Dusche, keine ist wie du
       
       > Telefon, Fernseher, Internet: Immer will jemand was von einem. Nur die
       > Dusche spendet Raum für wichtige Fragen – wären da bloß nicht diese
       > Stockflecken!
       
 (IMG) Bild: Tierdokus und duschen: Der Babyelefant hat hier durchaus seine Berechtigung. Naja, und süß ist er auch
       
       Es soll ja Menschen geben, die das Badezimmer aufsuchen, um sich der
       Säuberung ihres Körpers zu widmen. Bei mir ist das anders. Ich dusche nur
       deshalb täglich, weil ich dort so gut über mein Leben nachdenken kann.
       Ansonsten will ja immer jemand was von mir: das Telefon, dass ich mit
       Leuten spreche. Der Fernseher, dass ich mir Tierdokus anschaue. Das
       Internet, dass ich Kleider bestelle. Nur die Dusche will nichts. Sie ist
       genügsam, sie spendet warmes Wasser und Raum für wichtige Fragen. Ach
       Dusche, keine ist wie du.
       
       Doch irgendwann kommt der Moment, an dem ich meine Augen aufmachen muss, um
       nach dem Shampoo zu greifen. Und dann sehe ich sie, die verkalkten
       Armaturen, die trüben Fliesen, die Stockflecken. Vor allem die
       Stockflecken! Wie, bitteschön, soll ich mich den Unbilden des Lebens
       stellen, wenn mein Badezimmer aussieht wie die sanitären Anlagen einer
       Autobahnraststätte? So werde ich es nie zu etwas bringen, denke ich dann;
       es gelingt mir ja nicht einmal, mein Badezimmer zu domestizieren. Nun, ich
       habe gute Nachrichten. Es gibt einen, der augenblicklich Abhilfe schafft:
       der Fugenstift.
       
       Er befindet sich auf Seite 282 des Waschbär-Katalogs, macht die
       Fliesenfugen wieder makellos schön und ist in drei Farben erhältlich (Weiß,
       Grau, Beige). Ich hatte ja keine Ahnung, wie einfach das Leben sein kann!
       Was im Alltag nie funktioniert, nämlich Unerfreuliches zu übermalen, wird
       hier zu einer Aufgabe, die ein zweijähriges Kind spielend bewältigen
       könnte. Das macht Mut.
       
       Und beim Durchblättern des Katalogs entdecke ich noch mehr Dinge, die ich
       haben muss. Eine Gesichtsfeile, die störende Damenbärtchen entfernt.
       Zimtlatschen gegen Fußgeruch. Eine Frischhaltematte für das Gemüsefach im
       Kühlschrank. Ein Säckchen, in dem man Seifenreste sammeln und das man als
       Duschschwamm verwenden kann.
       
       Einen Ball, aus dem sich beim Waschen antibakteriell wirkende Silberionen
       lösen, die das Bakterienwachstum in den Kleidern um zirka 99 Prozent
       reduzieren. Winzige Kupferkügelchen, die auch jene Stellen reinigen, wo
       keine Flaschenbürste hinkommt. Und schließlich ein Tresor, der sich als
       Buch tarnt, genauer: „Die Räuber“ von Schiller. Ist doch egal, dass ich
       keine Wertsachen habe! Dann schaffe ich mir eben welche an!
       
       Wie ferngesteuert kleben meine Hände gelbe Post-its auf die Seiten: Das
       hier will ich, das auch, das brauche ich. Und das, oh! Als ich fertig bin,
       durchflutet mich eine angenehme Schläfrigkeit und die Gewissheit, dass bald
       alles gut wird. Ich muss nur noch die Bestellung aufgeben. Sobald ich
       wieder mehr Geld habe. Dafür müsste ich aber arbeiten, und wie soll das
       gehen, wenn mein Badezimmer aussieht wie … Sie wissen schon.
       
       9 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Seyboldt
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