# taz.de -- Frieden mit Waffen: Stolz und Standort-Vorteil
       
       > Rüstungsdeals mit Saudi-Arabien? „Gut“ sei das für Bremen, sagt
       > Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD). Der Senat dagegen will sich
       > nicht äußern.
       
 (IMG) Bild: Schwimmt in der Weser wie im Persischen Golf: ein Lürssen-Patrouillenboot.
       
       Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) setzt sich ein: für
       Menschenrechte, Demokratisierung und Freiheit im arabischen Raum. In
       Saudi-Arabien? Fast. Weber ist Schirmherr des Kuratoriums „West-Sahara“ und
       leitete am Donnerstag eine Pressekonferenz wegen der dortigen
       Menschenrechtsverletzungen. Wenig Zeit hatte er deshalb für Nachfragen zu
       seiner sonstigen Friedenspolitik. Etwa um zu erklären, warum
       Rüstungsexporte gut für Bremen seien. So zumindest hatte Weber sich
       geäußert, in einem Bild-Interview zu dem Rüstungsdeal der Lürssen-Werft,
       die anscheinend 1,5 Milliarden Euro von Saudi-Arabien für die Lieferung von
       Patrouillenbooten bekommt.
       
       Scharfe Kritik kam von Bundes-SPD und Grünen an der Bundesregierung.
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Deal anscheinend im
       Bundessicherheitsrat genehmigt. Alles geheim, bestätigt ist bislang nichts.
       Aber im September ist Bundestagswahl und da wartet man nicht mit
       Statements, mit denen man CDU und FDP die Aufrüstung eines
       menschenrechtsverletzenden, islamistischen Regimes vorwerfen kann. Auch
       Bremens erster Repräsentant Weber konnte nicht länger schweigen –
       allerdings vor Freude.
       
       „Saudi-Arabien ist keine parlamentarische Demokratie, wie wir das in Bremen
       gewohnt sind. Aber es ist nun mal ein Geschäft, das wir in Aussicht haben“,
       sagte er zur Bild. Die Boote seien keine Angriffswaffen, weiß Experte
       Weber, sie seien „anders zu beurteilen als Panzerexporte“. Auch angesichts
       des konsequenten „Fair Trade“-Einkaufs der Bürgerschaft sei das „keine
       Doppelmoral“, sagt er. Fehlt noch was? Ach ja: OHB, örtlicher
       Satellitenbauer und Bundeswehr-Zulieferer, der mit der Stiftung einer
       Professur an der Uni Bremen die Kontroverse um die Zivilklausel neu
       entfachte – auf den seien „wir doch auch stolz“, sagt Weber.
       
       Der Senat scheint vor Stolz noch nicht zu platzen. „Die Landesregierung
       sagt dazu nichts“, erklärt Senatssprecher Hermann Kleen. Kein Wort von Jens
       Böhrnsen (SPD), seit Jahren engagiert als „Bürgermeister für den Frieden“.
       Nichts zum Deal und nichts zu Weber, weder von Wirtschaftssenator Martin
       Günthner (SPD) oder der grünen Finanzsenatorin Karoline Linnert, noch von
       Ulrike Hiller (SPD), die als Bremer Bevollmächtige beim Bund und für Europa
       unter anderem die „Demokratieentwicklung in Entwicklungsländern“ zur
       Aufgabe hat. Weil es „weder von der Bundesregierung, noch von dem
       Wirtschaftsunternehmen eine Äußerung oder Bestätigung gibt“, heißt es aus
       der Senatskanzlei.
       
       Die Parteien hingegen äußern sich: „Wir haben mit Saudi-Arabien eines der
       autoritärsten Regime weltweit“, sagt Grünen-Fraktionschef Matthias Güldner
       zur taz. „Ich bin strikt gegen die Ausfuhr von Waffen an dieses Regime.“
       Webers Lürssen-Ode will er trotzdem nicht kommentieren. Aber er sagt, dass
       der Erhalt von Arbeitsplätzen nicht alles rechtfertige, was man
       wirtschaftlich tun kann – Güldner zielt auf die weniger eindeutige Position
       seiner Koalitionspartner, die Bremer Sozialdemokraten. Zwar lehnt
       SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe das Rüstungsgeschäft ab: „Die
       Menschenrechtslage in Saudi-Arabien rechtfertigt es eigentlich nicht,
       deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien zu bringen.“ Dennoch freut er
       sich über gesicherte Arbeitsplätze in Bremen. Ein Statement von Anfang der
       Woche. Auch der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Sieling will sich
       aktuell nicht öffentlich mit Weber streiten. Er nannte die Exportpolitik
       der Merkel-Regierung „verantwortungslos“, und lobte „die Leistungskraft der
       Werft“. Ein Hin und Her wie im Sommer 2011, als die Lürssen-Werft
       Patrouillenboote nach Angola schickte.
       
       Familie Lürssen hat in Bremen einen guten Stand: Das Traditionsunternehmen
       von 1875 zahlt in Bremen Steuern, sichert über 1.000 Arbeitsplätze, Lürssen
       stiftet einen neuen Flügel für die Kunsthalle, der nun nach der Familie
       benannt ist.
       
       „Bigott“, nennt es Linkspartei-Fraktionschefin Kristina Vogt, wenn
       „Parteien im Bund den Rüstungsdeal kritisieren und vor Ort leiser treten“.
       Ein Antrag der Linksfraktion macht den Deal nächste Woche zum Thema im
       Bremer Landtag.
       
       14 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA