# taz.de -- Kommentar: Urteilen über fremde Länder: Außenpolitik durch Richter
       
       > Die bundesdeutschen Gerichte blendeten im Piratenprozess die Verhältnisse
       > in Somalia aus
       
 (IMG) Bild: Das entführte Schiff „Marida Marguerite“, im Mai 2010 nach der Freilassung vor der omanischen Küste.
       
       Es ist erschreckend, mit welcher Ignoranz es sich deutsche Gerichte
       anmaßen, über die Verhältnisse in anderen – geografisch oder auch kulturell
       – weit entfernten Ländern zu urteilen. Es ist schon traurig, wenn sich ein
       Gericht, das sich fast zwei Jahre lang mit der Piraten-Problematik vor
       Somalia befasst hat, von den Verhältnissen in dem Land selbst, die ehrbare
       und fleißige Fischer zu Piraten werden lassen, offenbar immer noch
       überhaupt keine Ahnung hat.
       
       Ähnliches war vor kurzem auch in dem Verfahren gegen den Kurden Ali Ihsan
       Kitay zu beobachten, der sich in Deutschland wegen der Unterstützung einer
       terroristischen Vereinigung – der kurdischen Arbeiterpartei PKK –
       verantworten musste. Die politischen Hintergründe des türkisch-kurdischen
       Konflikts wurden in dem Prozess komplett ausgeblendet.
       
       Auch im Piratenprozess kam immer wieder der Hinweis der Verteidigung, dass
       ein notwendiger Teil der Wahrheitsfindung in Somalia liegt. Dass Gerichte
       dieser Aufklärungspflicht nicht nachkommen, liegt daran, dass die Justiz
       zunehmend ein Faktor der Außenpolitik geworden ist. Am Bosporus gilt es,
       den Nato-Partner Türkei nicht zu provozieren, und am Horn von Afrika, der
       deutschen Handelsflotte einen unbeschwerten Weg zu bahnen. Daher hätten die
       Piraten nicht vor ein Hamburger, sondern vor ein internationales Gericht
       gehört, das alle Facetten des Konflikts in der Region beleuchtet.
       
       19 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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