# taz.de -- Oscar Pistorius vor Gericht: Der Kampf um die Öffentlichkeit
       
       > Viel ist gerade nicht mehr übrig vom guten Image des Ausnahmeathleten
       > Oscar Pistorius. Er versucht zu retten, was zu retten ist.
       
 (IMG) Bild: Hat den Kopf schon ganz schön hängen lassen: Oscar Pistorius.
       
       Bislang ist nur eines klar: Südafrikas Paralympics-Star Oscar Pistorius hat
       seine Lebensgefährtin Reeva Steenkamp getötet – mit mehreren Schüssen durch
       die verschlossene Toilettentür in seiner Villa. Er hat zugegeben, die
       Waffe, eine 9-Millimeter-Pistole, viermal abgefeuert zu haben. Doch an
       dieser Stelle [1][endet bereits die Klarheit] – und es beginnt ein
       erbitterter Kampf um die Wahrheit.
       
       Staatsanwalt Gerrie Nel ist davon überzeugt, dass Pistorius eine
       „unschuldige und unbewaffnete Frau“ getötet hat. Das Gericht hat die
       [2][Anklage wegen „vorsätzlichen Mordes“] zugelassen. Der mehrfache
       Goldmedaillengewinner bei Paralympischen Spielen widersprach dieser
       Darstellung entschieden. Alles sei eine tragische Fehleinschätzung gewesen:
       „Ich glaubte, dass jemand in mein Haus eingedrungen sei.“ Er habe Geräusche
       im Bad gehört, habe durch die Tür geschossen und erst danach festgestellt,
       dass Reeva Steenkamp – anders als er geglaubt habe –nicht im Bett gelegen
       habe, sondern die Person im Bad war.
       
       Zeugen für das, was in der Nacht zum 14. Februar in der Wohnanlage Silver
       Lake passierte, gibt es keine – außer Pistorius selbst. Dementsprechend
       wird der Prozess in ein Indizienverfahren münden. Die Verteidigung hat auch
       am Mittwoch wieder versucht, ihren Klienten bis zum Beginn des Prozesses
       auf Kaution freizubekommen. Die Staatsanwaltschaft wehrt sich vehement
       dagegen. Am Donnerstag wird in der Frage weiterverhandelt.
       
       Pistorius hat sich bereits für eine mediale Schlacht in Stellung gebracht.
       Denn an [3][gefallenen Helden] labt sich der Boulevard besonders gern. Die
       weltweite Aufmerksamkeit ist immens. Insofern wundert es nicht, dass nach
       der Tat fast minütlich Details aus dem Privatleben der Läuferikone publik
       werden. Ein Waffenfreund soll Pistorius sein, von Eifersüchteleien und
       aggressivem Verhalten ist die Rede. Zu guter Letzt soll in der Villa auch
       noch das Sexualhormon Testosteron gefunden worden sein. Damit steht auch
       das Thema Doping auf der wachsenden Vorwurfsliste. Die größten Werbepartner
       (Nike und Sonnenbrillenhersteller Oakley) haben sich bereits distanziert.
       Die Tageszeitung The Times spricht schon von einem „Pistorius circus“.
       
       ## Viel Geld für das Team der Verteidiger
       
       Dieser Rahmen erinnert an den Prozess gegen den US-Footballstar und
       Schauspieler O. J. Simpson, der wegen Mordes an seiner Exfrau und deren
       Geliebtem Mitte der 90er vor Gericht stand. Wie beim Strafprozess gegen
       Simpson, der letztlich mit einem Freispruch endete, geht es auch im Fall
       von Oscar Pistorius in erster Linie um die Kontrolle, den Zugriff auf die
       öffentliche Meinung, die in ihrer Gesamtheit den unbarmherzigsten Richter
       stellt. Pistorius weiß, dass jene Berichterstatter, die ihn einst feierten,
       dieselbe Kraft zur Zerstörung einsetzen werden. Sie sind bereits dabei.
       
       Und auch Pistorius hat sich früh gewappnet: Wenige Augenblicke nachdem die
       Polizei in der Tatnacht seine Villa erreicht hatte, war bereits ein Anwalt
       zugegen. Pistorius hat viel Geld in sein defence team gesteckt. Neben dem
       Staranwalt Barry Roux verteidigt ihn auch Jurist Kenny Oldwage, der einst
       einen Freispruch für den Autofahrer erwirkte, dessen Wagen vor drei Jahren
       die Urenkeltochter von Nelson Mandela getötet hatte.
       
       Um die Öffentlichkeit kümmert sich der ehemalige Sun-Reporter Stuart
       Higgins, der nicht nur für die skandalerprobten Profiklubs Manchester
       United und den FC Chelsea, sondern auch für die Fluggesellschaft British
       Airways arbeitet. Der Pathologe Reggie Permual wird die forensischen
       Aspekte des Verfahrens begutachten. Auch er ist kein Unbekannter: Permual
       war zuletzt im Fall der nach einem Aufstand nahe Johannesburg von
       Polizisten getöteten Minenarbeiter tätig. Die eidesstattliche Erklärung,
       die Pistorius zur Tat nun abgab, war nur der erste Punkt auf einer langen
       Liste, die es für das Team der Verteidiger abzuhaken gilt.
       
       Sie alle werden versuchen, das Image des Läufers zu retten, Mitgefühl für
       einen Gefallenen zu erzeugen und die Unschuldsvermutung hartnäckig und mit
       allen Mittel zu verteidigen.
       
       Längst geht es aber um mehr. Es geht um Glaubwürdigkeit – und darum, wer
       die Macht hat, sie zu erlangen.
       
       20 Feb 2013
       
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 (DIR) Jan Scheper
       
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