# taz.de -- Nach Cholera-Epidemie in Haiti: Uno will nicht zahlen
       
       > Die Uno weist die Forderungen der Cholera-Opfer in Haiti nach
       > Entschädigung zurück. Dabei brachten wahrscheinlich Blauhelme den Erreger
       > ins Land.
       
 (IMG) Bild: Haiti auf dem Höhepunkt der Cholera-Epidemie 2010
       
       SANTO DOMINGO taz | Die Vereinten Nationen haben eine Klage von rund 5.000
       Cholera-Opfern aus Haiti nach finanzieller Entschädigung zurückgewiesen.
       Sie hatten mithilfe des US-Instituts für Gerechtigkeit und Demokratie in
       Haiti die UN-Sicherheitstruppe in Haiti, Minustah, für den Ausbruch der
       Epidemie verantwortlich gemacht. Hinterbliebene der Todesopfer sollten
       100.000, Erkrankte 50.000 US-Dollar erhalten, so die Forderung.
       
       In New York erklärte UN-Sprecher Martin Nesirky, man habe den
       Klagevertretern mitgeteilt, dass die Ansprüche ungerechtfertigt seien.
       Aufgrund des von allen Mitgliedstaaten akzeptierten „Paragrafen 29 des
       Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen“
       seien Schadenersatzansprüche ausgeschlossen, betonte Nesirky.
       
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon habe dem haitianischen Staatspräsidenten
       Michel Martelly telefonisch die Entscheidung mitgeteilt, gleichzeitig aber
       versichert, die UN werde weiterhin alles tun, um die Cholera in Haiti zu
       bekämpfen.
       
       Der 1946 von der Generalversammlung beschlossene Passus des Artikels 8 soll
       Mitgliedstaaten vor gerichtlicher Verfolgung schützen, wenn sie sich an
       einem UN-Mandatseinsatz beteiligen. Unter die Immunitäts- und
       Privilegienregelung fallen aber auch UN-Beschäftigte, sofern sie im Rahmen
       des Mandats tätig sind.
       
       ## Weitere Klagen möglich
       
       Die Entscheidung der Vereinten Nationen hat bei Klägern und Unterstützern
       Empörung hervorgerufen. „Wenn dies eine Kapitalgesellschaft gewesen oder es
       um Umweltverschmutzung gegangen wäre, dann wäre die Haftung übernommen
       worden“, klagte die Sprecherin des IJDH Büros in Haiti, Nicole Philips, der
       britischen Tageszeitung The Guardian. Und der Anwalt Mario Joseph, der die
       Kläger vertritt, betonte: „Die Vereinten Nationen können nicht gleichzeitig
       Menschlichkeit und Straffreiheit reklamieren. Ich bin mir sicher, die
       Mehrheit der Kläger wird von uns fordern, weiter dagegen zu klagen.“
       
       Alix MacGuffie, einer der infizierten Kläger, will auch weiterhin für eine
       Entschädigung streiten. Unterstützung findet er in einem anderen
       Betroffenen. Maximilien Saint Juste forderte: „Jedes Opfer hat ein Recht
       auf Entschädigung. Die UN hat nicht die Verantwortung für die Tatsache
       übernommen, dass sie die Cholera nach Haiti gebracht hat.“
       
       Die Cholera war im Oktober 2010 ausgebrochen, neun Monate, nachdem ein
       schweres Erdbeben in Port-au-Prince und Umgebung rund 300.000 Menschenleben
       gefordert hatte. Aber nicht die unmöglichen hygienischen Zustände, unter
       denen mehr als 1,5 Millionen Menschen danach Leben mussten, sind für die
       Epidemie verantwortlich gewesen, sondern, so die naheliegende
       Schlussfolgerung aus den Untersuchungen, nepalesische UN-Soldaten, die mit
       diesem Erreger unwissentlich in ihrem Heimatland infiziert worden waren.
       
       ## Über 8.000 Haitianer starben an der Krankheit
       
       Zuerst brach die Krankheit – die in Haiti seit 50 Jahren als verschwunden
       galt – in St. Marc aus, einer Hafenstadt, knapp 80 Kilometer nördlich der
       haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince gelegen, und entlang eines
       Zuflusses des Artibonite-Flusses, dessen Wasser die Cholera-Opfer
       konsumiert hatten.
       
       Insgesamt erkrankten nach UN-Angaben seit Oktober 2010 bis Februar dieses
       Jahres mehr als 645.000 Personen, über 350.000 mussten tagelang stationär
       behandelt werden, 8.020 Haitianerinnen und Haitianer starben an der
       schweren Bakterienerkrankung.
       
       Der Verdacht, woher die Erreger stammen könnten, richtete sich sehr schnell
       gegen eine Einheit der nepalesischen Streitkräfte, die im Rahmen der seit
       2004 in Haiti stationierten UN-Mission kurz zuvor ins Land gekommen war.
       Ihr Camp in Mirebalais liegt in der Nähe des Flusses, und Augenzeugen
       berichteten, dass die Latrineninhalte regelmäßig im Fluss entsorgt wurden.
       
       Untermauert wurden die Beobachtungen vom US-Zentrum für Seuchenkontrolle.
       Bei der Untersuchung von Stuhl-, Blut- und Wasserproben stellten die
       Wissenschaftler fest, dass die in Haiti aufgetauchten Cholera-Erreger mit
       Bakterienstämmen identisch waren, wie sie in Südasien und Nepal vorkommen.
       
       Bereits damals hatten UN-Sprecher trotz der Kenntnis der
       Untersuchungsergebnisse jede Verantwortung für die Epidemie zurückgewiesen.
       Zwar räumten sie ein, dass die hygienischen Umstände in dem UN-Militärlager
       nicht „adäquat“ gewesen seien, es gebe aber keinen Beweis dafür, dass die
       Soldaten die Bakterien eingeschleppt hätten.
       
       22 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hans-Ulrich Dillmann
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