# taz.de -- Vergewaltigungen in Indien: Als Opfer nicht ernstgenommen
       
       > Viele Vergewaltigungsopfer in Indien kämpfen mit den Folgen der Tat – und
       > gegen die Polizei. Auch wenn Ausländerinnen beteiligt sind, gibt es
       > selten Gerichtsurteile.
       
 (IMG) Bild: Junge InderInnen protestieren dagegen, dass viele Landsleute die Augen vor Misshandlungen von Frauen verschließen.
       
       DELHI taz | Ausländische Touristinnen, die eine Reise in Indien planen,
       sollten sich besser nach dem Geschlechterverhältnis in einer Region
       erkundigen, um nicht das Risiko einer Vergewaltigung einzugehen. Das schien
       die Auffassung der indischen Polizei zu sein, nachdem am Freitagabend eine
       Schweizer Touristin und ihr männlicher Begleiter [1][von sieben Männern
       überfallen] wurden. Mittlerweile wurden sechs Verdächtige festgenommen.
       
       Die Tat erinnert an die tödlich endende [2][Vergewaltigung einer
       23-jährigen Medizinstudentin] in Delhi im vergangenen Dezember, bei der
       sich ebenfalls eine Gruppe Männer zusammengetan hatte. Danach hatte es in
       Delhi zahlreiche Proteste gegeben, worauf die Regierung die Strafe für
       Vergewaltiger verschärfte.
       
       Ob die Gefahr speziell für Ausländerinnen in Indien vergleichsweise groß
       ist, lässt sich schwer sagen. Viele Einzelfälle sind bekannt: Im letzten
       Jahr wurde eine Spanierin in Mumbai zum Opfer, davor eine junge
       Niederländerin auf der Rikscha in Delhis Vorort Gurgaon, schon vor längerer
       Zeit eine Schweizerin auf einem Parkplatz in Delhi.
       
       Keiner dieser Fälle wurde jedoch polizeilich länger verfolgt und vor
       Gericht abgeschlossen, weil die Opfer meist schnell das Land verließen und
       nicht zum Prozess erschienen. Für die Täter ist das eine feine Sache. Wer
       bisher eine Ausländerin in Indien vergewaltigte, kam in aller Regel
       ungestraft davon.
       
       Allerdings ist es ein Novum, dass eine Ausländerin in einer ländlichen
       Gegend wie dem Norden Madhya Pradeshs Opfer einer Vergewaltigung wurde.
       Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist auf dem Land zwar weit verbreitet, aber
       meist nur innerhalb der eigenen Dorfgemeinschaft oder Familie. Hier sind
       die Täter vor polizeilicher Verfolgung weitgehend geschützt. Außenstehenden
       oder Touristen passiert vergleichsweise selten etwas.
       
       ## Immer mehr Gewaltopfer
       
       Gleichwohl könnten sich auch in ländlichen Gegenden die Dinge zum
       Schlimmeren wenden. Der Hinweis der Polizei von Madhya Preadesh auf das
       unausgeglichene Geschlechterverhältnis spielt dabei eine große Rolle:
       Gerade in den armen Regionen werden immer relativ weniger Mädchen geboren.
       Und immer mehr Frauen sterben früher an den Folgen von Gewalt und
       Diskriminierung. Damit aber droht ein Teufelskreis.
       
       Viele Soziologen behaupten, dass Frauenmangel auf die Dauer zu höherer
       Gewaltbereitschaft unter Männern führt. Für die Schweizer Touristin kam es
       auch nach ihrer Vergewaltigung noch schlimm: Niemand in der Nähe sprach
       Englisch. Später fand die Polizei keine Frauenärztin, die sie untersuchen
       konnte. Zum Schein hielt man 13 Kriminelle fest, die mit der Sache nichts
       zu tun hatten.
       
       Auch das passiert Frauen in Indien immer wieder: Sie werden als Opfer
       sexueller Gewalt von der Polizei nicht ernst genommen. Erst am Sonntag,
       nach einem Aufschrei der Medien und der Schweizer Botschaft, verhaftete die
       Polizei die sechs Tatverdächtigen.
       
       17 Mar 2013
       
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 (DIR) Georg Blume
       
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