# taz.de -- Debatte über Schafsraub: Wolfs-Alarm im Borchelsmoor
       
       > Im niedersächsischen Borchel hat ein Wolf drei Schafe gerissen, sagen die
       > Einwohner – eher ein Hund, sagt der Forstoberrat, der um Akzeptanz für
       > Wölfe wirbt.
       
 (IMG) Bild: In Borchel unbeliebt: der Wolf.
       
       BORCHEL taz | Lange war es ruhig in Borchel. 40 Hofstellen hat das
       niedersächsische Dorf im Kreis Rotenburg, davon noch drei im Haupterwerb.
       Im Südosten plätschert der Mühlenbach, im Nordwesten wurden im
       Naturschutzgebiet Glindbusch Sumpfdotterblumen und Fischotter gesichtet.
       Einst wurde der Ort dem Moor abgetrotzt. Lange war es ruhig. Bis am
       Nachmittag des 13. März der Wolf nach Borchel kam. Ein Schaf und zwei
       Lämmer hat er gerissen, ihre Leiber zerfetzt. Keiner der 287 Einwohner hat
       ihn gesehen. Aber Borchels Ortsvorsteher Hans Worthmann ist sich sicher,
       dass es einer war.
       
       Er hat sich die getöteten Schafe mit einem Jäger angesehen. Und der, sagt
       Worthmann, kenne sich mit Wölfen aus. Den Schafen wurde in die Kehlen
       gebissen, sie wurden vom Hals her geöffnet, ihre Innereien gefressen, nicht
       aber die Keulen. „Ein Hund reißt seine Opfer anders“, sagt Worthmann. Er
       betont das.
       
       Denn der zuständige Leiter der Unteren Naturschutzbehörde in Rotenburg
       sieht das anders. Dort hat Worthmann die Tat gemeldet, bei Forstoberrat
       Jürgen Cassier. Der ist gleichzeitig ein Wolfsberater – einer von 40
       Ehrenamtlichen, die in Niedersachsen um Akzeptanz für das wilde Tier
       werben. Cassier schließt den Wolf nicht aus, sagt aber: „Dass ein Hund die
       Schafe gerissen hat ist viel wahrscheinlicher.“ Mit einem Veterinär hat er
       den Fall dokumentiert. „Das Tier hat mehrfach am Hals zugebissen, es gab
       eine ganze Menge Hämatome. Dabei waren die Lämmer nur zehn Kilo schwer“,
       sagt er. Ein Wolf hätte das nicht nötig gehabt. Und außerdem: „Bei den
       Bisswunden betrug der Eckzähne-Abstand 2,5 Zentimeter, beim Wolf ist es das
       Doppelte“.
       
       Ortsvorsteher Worthmann ist selbst Schafhalter. „Es ist sowieso schon
       mühselig, die Tiere zu halten“, sagt er. „Wenn ich jetzt noch höhere Zäune
       anschaffen müsste, ist das zu teuer.“ In Borchel herrschten ideale
       Bedingungen für den Wolf: Die Hofstellen würden nur durch Gräben getrennt.
       „Die kann der Wolf gut passieren“. Alle Höfe seien mit Wald umgeben. „Da
       kann der Wolf sich gut verstecken.“ Er sei zwar Naturfreund, „aber es hat
       sicherlich mal sachliche Gründe gegeben, den Wolf zu bekämpfen“, sagt
       Worthmann.
       
       Einen Tag, nachdem man die toten Schafe fand, gab es in Borchel eine
       Versammlung. „Es beunruhigt die Leute“, sagt Worthmann. Sie hätten
       diskutiert und dann abgestimmt: „Zwei Drittel waren gegen den Wolf.“
       
       Wolfsberater Cassier kämpft gegen die Vorurteile und das Gerede von
       „Problem-Wölfen“. Immer wieder gebe es solche Meldungen, „von sogenannten
       Experten“. Aber im Landkreis Rotenburg hätten sich alle Fälle als
       Hunderisse herausgestellt. „Es erstaunt mich selber“, sagt er. Ja,
       teilweise seien auch Wölfe schuld. Würde das zweifelsfrei festgestellt, so
       leiste das Land Niedersachsen Schadenersatz.
       
       In Borchel hat Cassier Haare gefunden, die nicht zum Schaf gehören. Für
       eine DNA-Analyse hat er sie eingeschickt, der Test soll Sicherheit bringen.
       „Es dauert drei, vier Wochen, bis das Ergebnis da ist“, sagt Cassier. Wie
       lange genau? Das weiß er auch nicht – es ist sein erster Fall.
       
       29 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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