# taz.de -- Kommentar Nordkorea: Baby Kim hat das Spiel verstanden
       
       > Unberechenbarkeit ist das einzige politische Kapital Nordkoreas – denn
       > einen Krieg kann das Land nur verlieren.
       
       Jetzt scheint Nordkoreas Diktator Kim Jong Un völlig durchzudrehen. Das
       seit den 1950er Jahren geltende Waffenstillstandsabkommen mit Südkorea hat
       er vor einigen Wochen aufgekündigt. Am Wochenende hat das Regime in
       Pjöngjang auch den Kriegszustand erklärt. Und wiederholt droht Kim den USA
       mit dem nuklearen Erstschlag – ausgerechnet der am stärksten hochgerüsteten
       Macht dieses Planeten.
       
       Was hat der junge Kim vor? Glaubt er wirklich, einen Krieg gegen die bis an
       die Zähne bewaffnete US Army mit all ihren Drohnen, Tarnflugzeugen und
       Interkontinentalraketen gewinnen zu können? All diese Waffen stehen
       Nordkorea nicht zur Verfügung.
       
       Aber zunächst einmal: Solche Töne gehören zum üblichen Repertoire der
       Propaganda in Pjöngjang. Schon nach dem ersten Atomtest des Landes vor
       sieben Jahren hatte der damalige Diktator Kim Jong Il mit einem nuklearen
       Erstschlag gedroht. Auch damals war nichts passiert – genauso wie Dutzende
       von Malen, als die Verlautbarungen des Nordens wahlweise Südkorea, Japan
       oder den USA die totale Vernichtung in Aussicht gestellt hatten.
       
       Dem jungen Kim ist wie weiland seinem Vater bewusst, dass das Regime einen
       regelrechten Krieg gegen die Vereinigten Staaten nicht überstehen würde.
       Und doch erfolgt die krasse Drohung aus einem klaren Kalkül heraus: Sie
       lässt sein schwaches Land bedrohlich wirken.
       
       Im Inland kann er damit punkten, den zu Feinden stilisierten Amerikanern
       und Südkoreanern Paroli zu bieten. Nach außen hält er ein Bild von
       Unberechenbarkeit aufrecht, das ihm Verhandlungsspielraum gibt. Nordkorea
       bleibt unkalkulierbar. Zu einzelnen Militärschlägen in der Grenzregion von
       Südkorea wie zuletzt 2010 könnte es durchaus kommen. Zu viel mehr aber
       nicht.
       
       Schon bald wird es wieder so aussehen, dass die Nachbarländer und die
       Weltmächte froh sind, wenn Pjöngjang wieder mit sich reden lässt und an den
       Verhandlungstisch zurückkehrt. Dafür werden die USA, Japan, Südkorea und
       China Zugeständnisse machen: Öllieferungen etwa, Lebensmittellieferungen
       oder die Lockerung der erst jüngst verschärften Sanktionen. Dann hat sich
       das Spiel mit dem atomaren Feuer wie einst für Papa auch für den Sohnemann
       gelohnt.
       
       1 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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