# taz.de -- Chefredakteur über den NSU-Prozess: „So unauffällig wie möglich“
       
       > Die türkische Zeitung „Sabah“ klagt vor dem BVerfG wegen der Platzvergabe
       > beim NSU-Prozess. Chefredakteur Mikdat Karaalioglu erklärt, warum.
       
 (IMG) Bild: „Kein türkisches Problem, sondern eines der Pressefreiheit.“
       
       taz: Herr Karaalioglu, die Sabah hat am Montag Verfassungsklage gegen die
       Platzvergabe beim Münchener NSU-Prozess eingereicht. Warum? 
       
       Mikdat Karaalioglu: Es war nicht unser Vorhaben, zu klagen. Aber das
       Oberlandesgericht München hat keine Signale gesendet, dass es eine andere
       Lösung geben könnte. Deswegen sehen wir keine andere Möglichkeit als den
       Rechtsweg, um einen Platz zu bekommen.
       
       Das OLG steht in der Kritik, weil es die 50 festen Presseplätze nach der
       Reihenfolge des Eingangs der Anträge vergeben hatte. Dabei gingen die
       meisten internationalen und alle türkischen und griechischen Medien leer
       aus. Das OLG lehnt es bislang auch ab, eine Videoübertragung zu
       ermöglichen. 
       
       Eine Videoübertragung wäre zumindest eine Lösung, wenn auch nicht die
       idealste. Aber selbst dies wurde uns nicht angeboten. Das OLG versucht
       vergeblich, den Prozess so unauffällig wie nur möglich zu verhandeln, ohne
       große Aufregung – das ist aber nicht möglich, die Qualität dieses
       Verfahrens lässt so etwas nicht zu.
       
       Wie beurteilen Sie die starre Haltung des Gerichts? 
       
       Nicht die Haltung des Gerichts deprimiert uns – das Festhalten an
       Vorschriften ist eine sehr deutsche Verhaltensweise und natürlich in
       Ordnung. Wir bemängeln nur die fehlende Sensibilität der Justiz.
       
       Verkennt das OLG die politische Dimension dieses Prozesses? 
       
       Ja, die Richter sehen diesen Fall aus rein rechtlicher Perspektive. Das
       internationale Interesse wird überhaupt nicht gesehen, die Emotionalität
       wird übergangen.
       
       Zahlreiche Kollegen deutscher Medien habe ihre Plätze angeboten, überrascht
       Sie diese Solidarisierungswelle? 
       
       Ich habe mich sehr über die Angebote gefreut und hätte mit dieser
       überragenden Unterstützung nicht gerechnet. Die Kollegen haben diesen
       Vorfall nicht als Problem von uns Türken gesehen, sondern als ein Problem
       der Pressefreiheit.
       
       Das Bundesverfassungsgericht will möglichst vor dem Prozessbeginn in
       München am 17. April über den Antrag entscheiden. Angenommen, die Klage
       scheitert. Gibt es schon einen Plan, wie über den Prozess berichtet werden
       soll? 
       
       Wenn türkische Medien nicht zugelassen werden,dann wäre das nicht
       dramatisch, aber es wäre peinlich. Wir werden auf jeden Fall vor Ort sein,
       vielleicht kommt auch unser Chefredakteur aus Istanbul. Wenn wir nicht
       reingelassen werden, müssen wir uns über Kollegen informieren lassen.
       
       Die ARD kündigte an, eine Reporterin des WDR auf Deutsch und Türkisch über
       das Verfahren berichten zu lassen. Diese stehe auch türkischen Medien zur
       Verfügung. 
       
       Eine tolle Geste, die wir im Notfall in Anspruch nehmen werden.
       
       Als 2010 Jörg Kachelmann vor dem Landgericht Mannheim stand, nahmen die
       Richter Rücksicht auf Medienvertreter aus der Schweiz. Mit Bezug auf das
       Gleichbehandlungsgesetz entschied das Gericht wegen der Staatsangehörigkeit
       Kachelmanns, die Schweizer Medien angemessen zu berücksichtigen. Auch die
       Zeitung Sabah beruft sich auf die Pressefreiheit und den
       Gleichbehandlungsgrundsatz … 
       
       Warum in Mannheim funktionierte, was in München bisher scheitert, kann ich
       mir auch nicht erklären.
       
       Der für Türken im Ausland zuständige Vizepremier wirft dem Gericht
       Parteinahme vor. Zweifeln auch Sie an der Unparteilichkeit des Gerichts? 
       
       Nein, überhaupt nicht. Aber wir dürfen bei der Diskussion um das
       Fehlverhalten des Gerichts jetzt nicht vergessen, wie lange eigentlich
       staatliche Sicherheitsorgane versagt haben.
       
       10 Apr 2013
       
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 (DIR) Cigdem Akyol
       
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