# taz.de -- Protest gegen De Maizière: Kriegsminister kapituliert
       
       > Studenten brüllen Verteidigungsminister De Maizière in Berlin nieder. Er
       > sagt: Der Slogan „Nie wieder Deutschland“ sei der Humboldt-Uni nicht
       > würdig.
       
 (IMG) Bild: Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) auf dem Weg zur Humboldt-Universität in Berlin.
       
       BERLIN taz | So viel Polizei war selten vor dem Audimax der
       Humboldt-Universität. Der Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat sich
       angekündigt und will 18 Uhr eine Rede halten. Das Thema: "Armee der Einheit
       – Der Beitrag der Bundeswehr zum gesellschaftlichen Zusammenhalt."
       
       Schon vorher ist klar, dass er es nicht ganz leicht haben wird. [1][In
       Leipzig haben Studenten im Dezember schon einmal eine Rede von de Maizière
       durch Brüllen und Transparente erfolgreich gestört.] 
       
       Das wollen Studenten in Berlin nun wiederholen und haben gegen de Maizière
       mobilisiert. „Bitte seid früh da, also um 17 Uhr oder noch früher“, heißt
       es in einer Mail. Sonst könne der Saal schon mit Studenten von der Jungen
       Union „und anderen Bewunderern“ voll sein. Empfehlenswert sei es auch, sich
       ordentlich anzuziehen.
       
       Jeder, der ins Audimax will, wird von Sicherheitsleuten abgetastet. Jacken
       und Taschen müssen in der Garderobe abgegeben werden. Um 17:15 Uhr zeigt
       sich, dass die Befürchtung der Mobilisierer unbegründet war. Ominöse
       Jung-Unionisten sind absolute Mangelware. Dafür ist der halbe Saal mit
       linken Studenten besetzt, die noch ganz friedlich auf ihren Plätzen sitzen.
       
       Als schließlich Uni-Präsident Jan-Hendrik Olbertz an das Rednerpult tritt,
       geht die Show plötzlich los: Alle schreien „Tho! Mas! Tho! Mas!“ und
       trommeln mit den Füßen auf den Boden. „Thomas, ich will ein Kind von dir“,
       Laolawellen. Sie sind so laut, dass Olbertz kein Wort sagen kann. Das geht
       fünf Minuten so. „Freiheit am Hindukusch, la, lala, lala.“ Nach zehn
       Minuten laufen die Sicherheitsmänner nervös auf und ab. Vom
       Verteidigungsminister fehlt noch jede Spur. Der Präsident steht wie
       angewurzelt am Pult.
       
       ## „Ihr seid die neue SA!“
       
       Schließlich tippt er über Powerpoint eine Botschaft: „Ich möchte jetzt
       bitte etwas sagen.“ Daraufhin wieder die Menge, so laut es geht: „Wir
       wollen den Thomas sehen!“ Olbertz tippt weiter: „Lasst mich mal machen
       jetzt.“ Doch sie lassen nicht. Es gibt auch ein paar Studenten, die den
       Thomas wirklich hören wollen, offenbar die JU-Truppe und „Bewunderer“. Ein
       paar haben sogar karierte Hemden an. Einer brüllt der Menge zu: „Ihr seid
       die neue SA!“ Eine andere: „Wir brauchen Diskussionen und keine Parolen.“
       
       Nun schreibt der Präsident: „Okay, ihr kriegt das erste Wort. Wer kommt
       nach vorne und richtet eine Frage an den Minister?“ Das ist gar keine dumme
       Strategie. Denn es geht einer vor – die Studenten machen nun Lärm gegen
       ihren eigenen Kommilitonen. Wenn sie ihn ausreden lassen wollen, müssen sie
       aufhören, „Thomas“ zu rufen. Und dieser steht nun plötzlich auch vorne.
       
       Doch die Studenten schreien weiter: „Nie wieder Deutschland, nie wieder
       Krieg!“ Einer packt ein Transparent aus, dass er klein gefaltet durch die
       Personenkontrollen gebracht haben muss. Andere Studenten ziehen ihre
       Pullover aus. Sie haben weiße-T-Shirts an, die mit Blutfarbe beschmiert
       sind, springen neben de Maizière auf das Podium und stellen sich tot. Zig
       Polizisten kommen zur nun zur Verstärkung ins Audimax und stellen sich vor
       die Studenten.
       
       Jetzt fängt auch der Verteidigungsminister, der aus Leipzig dazugelernt
       hat, an, eine Botschaft zu tippen: „Ich würde gerne über das Argument 'nie
       wieder Krieg' diskutieren. Aber ein Slogan 'Nie wieder Deutschland ist
       einer Humboldt Uni nicht würdig.“ Doch die Studenten haben immer noch Puste
       und brüllen weiter. De Maizière und Olbertz stehen regungslos auf dem
       Podium.
       
       Nach einer halben Stunde reicht es dem Verteidigungsminister. Er tippt eine
       letzte Botschaft: „Schade, ich weiche der Diskussion nicht aus. Aber ein
       Teil des Saales offenbar doch.“ De Maizière geht, ohne ein Wort gesagt zu
       haben.
       
       Der Präsident bleibt stehen und schreibt: „Ich bleibe hier für die Freiheit
       des Wortes. Sie müssen mich wegtragen oder mir eine Augenblick zuhören.“
       „Wegtragen“, rufen einige, doch es bleibt bei Worten. So vergeht fast eine
       weitere halbe Stunde unter Rufen. Schließlich gelingt es Olbertz, vorne auf
       dem Podium jene Versprengten zu versammeln, die hören wollen, was er zu
       sagen hat, es sind an die 30 Studenten.
       
       Irgendwann kommen aus der Gruppe der Brüller ein paar nach vorne. Olbertz
       sagt ihnen: „Sie haben an mich eine Art von Gewalt ausgeübt, die ich nicht
       demokratisch finde.“ Jetzt will er, dass jemand über das Mikro die
       Diskussion startet. Doch die Studenten: „Einer kann nicht die Meinung von
       allen repräsentieren.“ Man solle besser Kleingruppen bilden. Immerhin: Zum
       Ende mischen sich die Protestierer unter die Hemdenträger. Und tatsächlich:
       Sie können diskutieren. Das ist doch ein Anfang.
       
       11 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=CrFQr8463ts
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Rank
 (DIR) Martin Rank
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Thomas de Maizière
 (DIR) Verteidigungsminister
 (DIR) Humboldt-Universität
 (DIR) Thomas de Maizière
 (DIR) Thomas de Maizière
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) De Maizière auf US-Besuch: Onkel Thomas erzählt vom Krieg
       
       Der Verteidigungsminister versucht den Amerikanern die Idee vom „sauberen
       Krieg“ auszureden. An den Drohnen sind die Deutschen trotzdem interessiert.
       
 (DIR) Verteidigungsminister ausgebuht: „Deutschland ist Scheiße“
       
       Thomas de Maizière wollte an der Berliner Humboldt-Universität eine Rede
       zum Thema „Armee der Einheit“ halten. Dazu kam der Verteidigungsminister
       nicht.