# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Evolution eben
       
       > Alles muss jetzt „Mobile“ werden, das ist die Maxime im Silicon Valley
       > für alle Neuschöpfungen. Leider verglühen sie aber fast alle sofort.
       
 (IMG) Bild: Der Trend geht zum mobilen Endgerät
       
       In der Buchhandlung der Stanford Universität gibt es ein extra Regal für
       Literatur über App- Programmierung. Bei Meetings im Silicon Valley wird man
       gern mit dem Satz „Ladet unsere App runter“ begrüßt, kaum dass man sich
       hingesetzt hat.
       
       „Mobile“ muss jetzt alles werden – auf mobilen Geräten laufen, damit man
       auf der ganzen Welt Kundschaft bedienen kann. Denn – so das neue Mantra
       neben dem, dass in jeder Studentenbude, jeder Garage das nächste ganz große
       Ding ausgetüftelt werden könnte – mobile, internetfähige Rechner, ob
       Smartphones oder Tablets, haben die Leute überall auf der Welt. Angeblich
       selbst da, wo fließend Wasser knapp ist.
       
       Und so wird entwickelt und entwickelt. Eine Anschubfinanzierung
       aufzutreiben sei hier nicht das Problem, heisst es. Doch natürlich
       verglühen fast alle Neuschöpfungen sofort. Evolution eben. Survival of the
       Fittest. Nur was was taugt, wird weiterentwickelt. Nur so entwickelt sich
       Leben auf unseren Computern, die einst so dumm und wüst und leer waren.
       
       Eigentlich eine tolle Sache, das mit der Vielfalt. Google, Facebook und
       Amazon zeigen, wie unangenehm es werden kann, wenn Soziale Netzwerke und
       einzelne Algorithmen zu übermächtig werden. Gut, wenn man sich nicht mehr
       ihre AGBs aufzwängen lassen muss. Dezentrale Strukturen aufgebaut werden.
       
       Wenn vielleicht sogar Server und Headquarter der Firmen nicht in den USA
       stehen und somit den dortigen Gesetzen unterworfen sind. Nur leider haben
       es Soziale Netzwerke und auch einige Apps so an sich, dass sie vor allem
       dann interessant sind, wenn schon alle da sind, die man treffen will. Also:
       Survival of the Fatest.
       
       Allerdings ist die FacebookTwitterTumblr-Monokultur eine ziemlich westlich
       zentrierte Erzählung: In Brasilien, Russland, China spielen bekanntlich
       eigene soziale Netzwerke eine viel größere Rolle. Auch im arabischen Raum,
       sagen mir ein paar Menschen aus der Region, die es ziemlich gut wissen
       müssen, sei das Knowhow, Ideen für eigene Dienste und Innovationen da. Nur
       eben das Funding nicht. Noch nicht.
       
       ## Globale digitale Kommunikation
       
       Vielfalt. Wie das wohl wäre, wenn künftig jede Region der Welt ihre eigenen
       dominanten Sozialen Netzwerke hätte, denke ich im Bus in San Francisco und
       schaue, wie meine Mitfahrer auf ihre Facebook- und Twitter-Apps stieren.
       Phantastisch natürlich, einerseits. Aber würden sich die Regionen der Welt
       nicht auch stärker auseinander entwickeln? Auch wenn es mir nicht gefällt:
       
       Über aktuelle Ereignisse in Ländern wie Madagaskar, Nepal oder Armenien
       lerne ich vor allem etwas, weil ich Freunden und Bekannten, die dort leben,
       auf [1][Twitter] folge. Nutzen wir statt dessen lauter regionale Dienste -
       würden wir dann nicht Gefahr laufen, in unseren Echokammern zu
       kommunizieren? Drohte die globale digitale Kommunikation über Soziale
       Netzwerke dann nicht auseinanderzudriften wie einst Kontinente?
       
       Als die Proteste und Revolutionen im Iran, Tunesien, Ägypten hoch
       hergingen, waren soziale Netzwerke für viele im Westen ein kleines Fenster
       auf die Strassen vor Ort. Vielleicht wäre es zu pathetisch zu behaupten,
       dass so die Welt etwas näher zusammengerückt ist. Und zynisch angesichts
       der Tatsache, dass viele Aktivisten sehr teuer für diese Kommunikationsform
       bezahlt haben. Und erst recht ist es natürlich naiv – angesichts der
       Fake-Accounts und Kommunikationskriege auf Sozialen Netzwerken, mit deren
       Hilfe politisch manipuliert wird.
       
       Trotzdem sind die Dienste – so riskant und unschön es auch ist, auf sie zu
       setzen – derzeit die beste schlechte Möglichkeit, die wir haben, um
       miteinander im Gespräch zu bleiben. Bis uns etwas Besseres einfällt. Oder
       wir endlich genug Zeit haben, noch mehr Profile zu bespielen.
       
       Dieser Text entstand während einer vom US State Department finanzierten
       Besucherreise in die USA.
       
       12 Apr 2013
       
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 (DIR) [1] http://www.twitter.com
       
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