# taz.de -- Nacht-und-Nebel-Abschiebungen: Ungewöhnliche Nähe
       
       > Das Verwaltungsgericht Oldenburg lässt sich vorab über geplante
       > Abschiebungen informieren. Der niedersächsische Flüchtlingsrat spricht
       > von Kungelei.
       
 (IMG) Bild: Macht keine Unterschiede - außer, scheints, in Oldenburg.
       
       Gegen drei Richter am Verwaltungsgericht Oldenburg läuft ein Verfahren
       wegen Befangenheit. Denn sie gehen bei unangekündigten
       Nacht-und-Nebel-Abschiebungen einen unüblichen Weg und arbeiten eng mit den
       Ausländerbehörden im Gerichtsbezirk zusammen. Offenbar zu eng: Die drei in
       Rede stehenden Juristen haben sich Akten der Abzuschiebenden vorab von den
       Behörden schicken lassen, um sich auf etwaige Eilanträge vorbereiten zu
       können.
       
       „Es gibt diese Befangenheitsanträge, denn den Behörden wurden Möglichkeiten
       eingeräumt, vorab Akten einzureichen“, bestätigt Harald Meyer, Richter am
       Oldenburger Verwaltungsgericht (VG). Die zuständige Vertretungskammer werde
       kurzfristig über die Anträge entscheiden – bis dahin will Meyer die
       Vorgänge am VG nicht bewerten.
       
       Kungelei hinter dem Rücken der Flüchtlinge, nennt Kai Weber vom
       niedersächsischen Flüchtlingsrat das Vorgehen der drei Richter. „Sie machen
       sich zu Mitwissern von geheim gehaltenen Informationen, die den
       Flüchtlingen und ihren Anwälten bewusst vorenthalten werden“, sagt Weber.
       So verletzten sie das Gebot richterlicher Unabhängigkeit.
       
       Das sieht das VG offenbar anders: Die drei in den Fokus geratenen Richter
       nennen die Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden rechtlich nicht
       grundsätzlich unzulässig und bezeichnen sie als ständige Praxis der Kammer.
       Das geht aus den schriftlichen Stellungnahmen zum Vorwurf der Befangenheit
       hervor, die der taz vorliegen. Darin heißt es weiter, die Kammer des VG,
       der die drei angehören, habe die Ausländerbehörden in ihrem Bezirk
       allgemein gebeten, dem Gericht Abschiebungstermine und die dazugehörigen
       Verwaltungsvorgänge vorab zu schicken. So könne die Effektivität des
       Rechtsschutzes erhöht werden.
       
       Außerdem sei es im Interesse der Betroffenen selbst: Durch die längere
       Vorbereitungszeit steige auch die „Richtigkeitsgewähr“ der gerichtlichen
       Entscheidung. Eilanträge gegen unangekündigte Abschiebungen gingen oft nur
       wenige Stunden vor der geplanten Abschiebung ein. Wenn sich das Gericht
       schon vorher mit dem Fall vertraut machen könne, sei sichergestellt, dass
       rechtzeitig und in Kenntnis aller Aspekte entschieden werden könne. Die
       Betroffenen selbst zu informieren, schreibt einer der drei Richter, scheine
       nicht geboten.
       
       Ans Licht kam die Kooperation zwischen Gericht und Ausländerbehörden anhand
       des Falls von Bademe Salji und Neki Nurkovic: Die beiden Roma leben seit
       den 90er-Jahren in Deutschland, ihre Kinder sind hier aufgewachsen. Obwohl
       die neue niedersächsische Landesregierung angekündigt hatte, keine Familien
       mehr auseinanderreißen und nicht mehr unangekündigt abschieben zu wollen,
       sollte der größte Teil der siebenköpfigen Familie am 20. Februar
       unangekündigt in das Kosovo ausgeflogen werden. Dazu kam es erst mal nicht.
       Aber bereits am 7. Februar hatten dem VG alle Unterlagen vorgelegen, wie
       aus der Stellungnahme eines der Richter hervorgeht. Auch in einem Schreiben
       der zuständigen Ausländerbehörde in Vechta an das Innenministerium steht:
       „Die Entscheidung, die Abschiebung nicht vorab anzukündigen, ist
       ausdrücklich mit dem Gericht abgesprochen.“
       
       Der Rechtsanwalt der Familie, Jan Sürig, nennt diese Praxis skandalös. „Die
       Akten der Betroffenen enthalten regelmäßig schutzwürdige Daten wie
       ärztliche Unterlagen und Angaben über ethnische Herkunft“, sagt Sürig.
       Diese Daten dürften nur verarbeitet werden, wenn es eine gesetzliche
       Grundlage gebe – und sie sei hier nicht ersichtlich.
       
       Er verlangt, dass auch die Betroffenen und ihr Rechtsbeistand informiert
       werden, „wie es ein unabhängiges Gericht tun sollte“. Sürig weiter: „Ich
       habe mehrere Mandanten in vergleichbarer Lage und weder hier noch in
       anderen Verfahren wurden meine Mandanten oder ich selbst von der Kammer
       gebeten, Schutzschriften oder andere Dokumente zu hinterlegen.“ Das sei
       offenbar den Ausländerbehörden vorbehalten.
       
       „Die Kammer in Oldenburg macht sich selbst zum politischen Akteur“, sagt
       der Anwalt, „indem sie heimlich hinter dem Rücken der Betroffenen und ihrer
       Prozessbevollmächtigen den Service bewirbt, Akten und Schriftsätze bei
       Gericht hinterlegen zu können.“ Er habe mit VG-Richtern in Bremen und
       Hannover Rücksprache gehalten – eine Zusammenarbeit wie in Oldenburg gebe
       es dort nicht.
       
       12 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilka Kreutzträger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Guido Westerwelle
       
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       Lassen sich Richter am Verwaltungsgericht in Oldenburg von den
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       befangen. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen.