# taz.de -- Europäische Globalisierungskritiker: Avanti ist nicht Campact
       
       > Globalisierungskritiker versuchen mit Hochdruck, eine neue Qualität des
       > europäischen Protests zu etablieren – kommen aber nicht wirklich in die
       > Puschen.
       
 (IMG) Bild: Campact-Protest vor dem Bundekanzleramt in Berlin (Archivbild vom Juli 2011)
       
       BERLIN taz | Matteo Guainazzi hatte viel zu tun in Schwalmstadt-Ziegenhain,
       in Rüsselsheim und Wetzlar. Eine Woche reiste der bärtige Autor und
       [1][Attac-Aktivist] aus Spanien durch Hessen, um in der Provinz die
       deutsche Landbevölkerung zu sensibilisieren, für das, was da im Krisenland
       Spanien gerade passiert. Vielleicht hat Guainazzi das einzig richtige
       Mittel gefunden: reden. Viel reden.
       
       Er ist einer der wenigen, die derzeit mit dem Thema halbwegs durchkommen.
       Europäische Globalisierungskritiker versuchen seit Monaten, neue
       transnationale Bündnisse zu schmieden – und oft sind sie anschließend
       frustriert.
       
       Vor einem Monat eröffneten Europabewegte ein neues Kampagnenportal in
       Brüssel: „[2][Avanti Europe]“ heißt es und hat ein wahrhaft etabliertes
       Vorbild: das deutsche [3][Campact-Netzwerk], über das
       öffentlichkeitswirksam Protestaktionen organisiert werden.
       
       Geht es nach seinen Machern, soll Avanti Europe eine neue Qualität des
       europäischen Protests etablieren: ein kräftiges, kritisches, vor allem aber
       europäisches Kampagnenportal sein, eine unabhängige Stimme in der
       europäischen Demokratie- und Finanzkrise.
       
       ## Unterstützung fehlt
       
       Allein: Das Projekt stockt, wie viele ähnliche auf europäischer Ebene.
       Keine 3.000 UnterzeichnerInnen unterstützen bislang die erste Petition mit
       dem Thema Griechenland.
       
       [4][Sven Giegold], Avanti-Mitbegründer und früherer Attac-Aktivist, der
       heute für die Grünen im Europarlament sitzt, sagt: „Wir stellen immer
       wieder fest, dass es schwer ist, eine gemeinsame europäische Vision zu
       entwickeln. Die Sichtweisen auf die Eurokrise sind in den Ländern sehr
       unterschiedlich.“
       
       Giegold ist einer der Suchenden, die sich fragen: Wie kann sich eine
       europäische Gegenöffentlichkeit formieren, die nicht zurück in die
       Nationalstaaten drängt und ein Gegengewicht zur Sparpolitik Angela Merkels
       bildet? „Das wäre zwar dringend nötig. Doch wie das gelingt, ist völlig
       offen.“
       
       ## Ende Mai in Frankfurt
       
       In Deutschland versucht das linke Bündnis [5][Blockupy Frankfurt] Ende Mai
       erneut, mit Bankenblockaden einen solchen Impuls zu setzen. Doch bereits im
       letzten Jahr ließ der Zustrom europäischer Protestler stark zu wünschen
       übrig. Außer einer überschaubaren Zahl italienischer und slowenischer
       AktivistInnen gab es aus den Nachbarländern kaum Beteiligung.
       
       Nicht schlimm, findet Mitorganisator Christoph Kleine: „Es geht nicht
       darum, dass viele AktivistInnen möglichst weite Wege in Europa zurücklegen,
       sondern darum, dass es in ganz Europa Widerstand gibt.“ Aber: In jedem
       Nationalstaat etwas Rambazamba, macht das schon eine europäische Bewegung
       aus?
       
       Immerhin: Erst vor Kurzem feierte eine europäische Basisinitiative einen
       großen Erfolg, als mit der [6][Petition gegen Wasserprivatisierung]
       erstmals überhaupt ein Volksbegehren auf EU-Ebene die nötige Anzahl von
       einer Million Unterschriften erreichte.
       
       ## Gemeinsame Sprache fehlt
       
       „Im Hinblick auf spezifische Einzelfragen funktioniert die Vernetzung gut“,
       sagt Giegold. Wenn es um soziale Fragen gehe, fehle die gemeinsame Sprache.
       „Bewegungsakteure, Gewerkschaften und Kirchen haben es in Deutschland
       verschlafen, sich zu europäisieren.“
       
       Das sieht Bernd Hüttemann ganz ähnlich. Er ist Generalsekretär der
       [7][Europäischen Bewegung Deutschland] – ein vom Auswärtigen Amt
       mitfinanzierter Verein, eher Lobby als Bewegungsakteur und Kämpfer für die
       europäische Idee. Hüttemann hält es für „eine romantische Vorstellung, dass
       eine soziale Bewegung auf der Straße ohne organisierte Strukturen
       auskommt.“
       
       Soziale Bewegungen und etablierte Verbändestrukturen seien in der Pflicht,
       sich stärker miteinander zu vernetzen. „Denn bislang“, sagt Hüttemann,
       „gibt es eine starke transnationale soziale Bewegung in Europa einfach
       nicht.“
       
       22 Apr 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.attac.de/
 (DIR) [2] http://www.avantieurope.eu/
 (DIR) [3] http://www.campact.de/
 (DIR) [4] http://www.sven-giegold.de/
 (DIR) [5] http://blockupy-frankfurt.org/
 (DIR) [6] http://www.right2water.eu/
 (DIR) [7] http://www.netzwerk-ebd.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
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