# taz.de -- Internationale Bauausstellung: Einwanderer außen vor
       
       > Mit ihrem Leitbild „Kosmopolis“ will die IBA die kulturelle Vielfalt in
       > Wilhelmsburg pflegen – doch an den Debatten im Stadtteil sind Migranten
       > kaum beteiligt.
       
 (IMG) Bild: Modernisiert und vergrößert, aber auch etwas teurer: die Häuser im Weltquartier
       
       Vor dem Integrationszentrum Wilhelmsburg hat sich eine Menschentraube
       gebildet – dabei ist an diesem Mittwochmorgen eigentlich keine Sprechstunde
       vorgesehen. Ali Yüce kennt das schon: Seit 15 Jahren arbeitet der
       Sozialberater für die Bürgerinitiative ausländischer Arbeitnehmer auf der
       Elbinsel. „Arbeitslosigkeit und Armut prägen den Stadtteil heute stärker
       als früher“, behauptet er.
       
       Das Leben habe sich besonders für Bürger aus Einwandererfamilien
       verschlechtert und Beratungsangebote gebe es wenige, kritisiert Yüce. Mit
       der Internationalen Bauausstellung (IBA), die in diesem Jahr in
       Wilhelmsburg präsentiert wird, sollte der Stadtteil das Image des sozialen
       Brennpunktes ablegen. Davon sollten gerade Migranten profitieren:
       
       „Kosmopolis“ heißt eines der Leitkonzepte der Internationalen
       Bauausstellung. Im Fokus stehen kulturelle Vielfalt und Integration. „Ein
       Drittel der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund, daher ist uns die
       Förderung des interkulturellen Zusammenlebens wichtig“, sagt Uli Hellweg,
       Geschäftsführer der IBA Hamburg.
       
       Durch Investitionen in Schulen und Kitas im Rahmen einer Bildungsoffensive
       sei die IBA für Migranten ein „wahrer Glücksfall“. Erfolgsindikatoren sieht
       der Diplom-Ingenieur in sinkenden Schulabbrecher und steigenden
       Abiturientenzahlen. Die IBA stehe im Austausch mit vielen Vereinen in
       Wilhelmsburg. Durch zielgruppenspezifische Beteiligungsformate sei die
       Bevölkerung zudem direkt angesprochen worden.
       
       Hellweg verweist damit auf eine Aktion im Jahr 2007: Damals haben
       IBA-Planer gemeinsam mit sechs Dolmetschern Bewohner des
       Reiherstiegviertels besucht und diese nach ihrem Verständnis von „Heimat“
       befragt. In der ehemaligen Arbeitersiedlung leben Menschen mit 34
       Nationalitäten. Entstanden ist dort ein Vorzeigeprojekt der IBA: das
       Weltquartier.
       
       Rund 750 Wohnungen der Saga GWG werden grundsaniert oder abgerissen und neu
       gebaut, dabei wurden die Wünsche der Bewohner berücksichtigt. Dem
       Bürgerschaftsabgeordneten Mehmet Yildiz (Die Linke) reicht das nicht.
       „Diese Hausbesuche waren eine einmalige PR-Aktion, seitdem ist nichts
       passiert“, behauptet er. „Ein Großteil der Bürger fühlt sich schlecht
       informiert, es fehlen geeignete Partizipationsstrukturen.“
       
       Yildiz bezweifelt, dass die Ideen der Einwanderer für das
       Stadtentwicklungsprojekt von Interesse sind. „Zu den
       Informationsveranstaltungen im IBA Dock-Gebäude wurden bisher nur
       unkritische Bürgervereine eingeladen, vor allem religiöse Gruppen“, sagt
       Yildiz. „Politische Initiativen, die der IBA kritisch gegenüberstehen,
       werden vom Dialog strukturell ausgeschlossen.“
       
       Cemal Innan vom türkischen Elternbund lebt schon seit 30 Jahren in
       Wilhelmsburg. Zu Beginn habe er sich auf die IBA gefreut, heute machen ihm
       die steigenden Mieten Sorgen. Doch es protestieren nur wenige: „Viele
       meiner migrantischen Mitbürger wissen gar nicht, was die IBA ist“, sagt
       Cemal Innan. Dabei gebe es viele Möglichkeiten, die Zielgruppe besser zu
       informieren: etwa durch mehrsprachige Flyer oder Infostände auf
       Wochenmärkten und vor Cafés, die von Migranten stark frequentiert werden.
       
       Sozialberater Yüce wundert es nicht, dass sich Frust und Resignation in der
       Bevölkerung breit machen. Die Bereitschaft, sich politisch zu engagieren,
       sei zwar da, doch um in Wilhelmsburg eine lebhafte Stadtteilkultur zu
       schaffen, müsse zunächst günstiger öffentlicher Raum geschaffen werden.
       „Statt teure Privatwohnungen in den Stadtteil zu setzen, könnte die Politik
       Räume für Vereine und Initiativen bereitstellen und so auf
       niederschwelliger Ebene wirklich etwas für das soziale Miteinander und die
       kulturelle Vielfalt im Stadtteil tun“, findet Yüce.
       
       29 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annika Lasarzik
       
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