# taz.de -- US-Gefreite flüchtet vor Irak-Krieg: Der Fahnenflucht schuldig
       
       > Sie wollte nicht auf Kinder schießen. In Kanada hat die Amerikanerin
       > Kimberly Rivera einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt wurde. Jetzt
       > sitzt sie im Gefängnis.
       
 (IMG) Bild: Die 30-Jährige ist die erste Frau, die in den USA der Desertion vom Einsatz im Irak für schuldig befunden worden ist.
       
       WASHINGTON taz | Wegen „Fahnenflucht“ aus dem Irak-Krieg muss Kimberly
       Rivera zehn Monate in ein US-amerikanisches Militärgefängnis. Dazu ist die
       Gefreite der US-Armee am Montag von einem Militärgericht in Colorado
       verurteilt worden – 16 Monate nachdem der Krieg für die USA offiziell
       vorbei ist.
       
       Die 30-Jährige ist die erste Frau, die in den USA der Desertion aus dem
       Irak-Krieg für schuldig befunden worden ist. Vor ihr mussten mehrere Männer
       wegen desselben „Verbrechens“ in Militärgefängnisse gehen.
       
       Kimberly Rivera schob bereits mehrere Monate Wache vor der US-Basis
       „Loyalty“ am Rand von Bagdad, als sie einem Militär-Kaplan im Irak ihren
       Gewissenskonflikt eröffnete. Die junge Frau sprach mit dem Geistlichen über
       ihre Ernüchterung über die US-Mission im Irak, und darüber, dass sie
       unmöglich auf Kinder schießen könne.
       
       Der Kaplan sagte ihr nichts von der Möglichkeit, auch nach einer Entsendung
       in ein Kriegsgebiet noch den Kriegsdienst zu verweigern. Wie alle
       gegenwärtigen US-SoldatInnen ist Kimberly Rivera freiwillig zum Militär
       gegangen.
       
       ## Die Flucht nach Kanada
       
       Am Ende ihres ersten Jahres im Irak-Krieg fuhr Kimberly Rivera 2007 auf
       Heimaturlaub in die USA. Als sie dort erfuhr, dass sie erneut in den Irak
       geschickt werden würde, floh sie mit Mann und Kindern nach Kanada. Neben
       der Fahnenflucht, war dieses unautorisierte Absetzen nach Kanada der zweite
       Grund für ihre Verurteilung am Montag dieser Woche.
       
       „Wie lange wollten Sie in Kanada bleiben?“ fragte der Richter,
       Oberstleutnant Timothy Grammel, in Fort Carson die Angeklagte. „So lange
       wie möglich“, antwortete Kimberly Rivera: „ich wollte meinen Job permanent
       verlassen“. Ihr ziviler Anwalt James Matthew Branum argumentierte,
       möglicherweise seien „Leben gerettet worden, weil ein unverlässlicher
       Kampfsoldat nicht zum Dienst zurück gekehret ist.“ Doch die Verurteilung
       konnte er nicht verhindern.
       
       In Kanada hat Kimberly Rivera einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt
       wurde. Auch ihren Folgeantrag auf eine Aufenthaltsgenehmung beschieden die
       kanadischen Behörden negativ. Eine Petition, ihr ein Bleiberecht aus
       humanitären Gründen zu geben, blieb ebenfalls erfolglos. 19.000 Menschen
       haben die Petition unterzeichnet. Unter anderem setzten sich der
       südafrikanische Bischof Desmond Tutu und die US-Gruppe „Veterans for Peace“
       für die junge Frau ein.
       
       Ende 2012 wurde Kimberly Rivera in die USA abgeschoben. Noch an der
       Grenzübergangsstelle in die USA verhaftet. Seither sind ihr behinderter
       Mann und die gemeinsamen vier Kinder allein. Das fünfte Kind wird im
       Gefängnis zur Welt kommen.
       
       ## 200 Deserteure im Nachbarland
       
       Im Vietnam-Krieg war Kanada die wichtigste Zuflucht für zig-tausende
       US-Amerikaner, die nicht kämpfen wollten. Viele bekamen damals die
       kanadische Staatsangehörigkeit. Erst nachdem US-Präsident Jimmy Carter in
       den 70er Jahren eine Amnestie entschied, kehrte die Mehrheit von ihnen in
       die USA zurück. In den vergangenen zwölf Kriegsjahren sind wieder
       zahlreiche US-amerikanische SoldatInnen in das Nachbarland geflohen.
       
       Gegenwärtig halten sich rund 200 US-Kriegs-Deserteure dort auf. Doch unter
       der Regierung des konservativen Premierministers Stephen Harper, dessen
       Politik eher der von Ex-Präsident George W. Bush, als der von Barack Obama
       ähnelt, haben sich die Verhältnisse in Kanada radikal geändert.
       
       30 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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