# taz.de -- Interreligöser Dialog beim Kirchentag: „Alle glauben an den gleichen Gott“
       
       > Islam und Christentum – eine schwierige Mischung. Woran liegt das?
       > Desinteresse? Angst? Dabei stehen beispielsweise Jesus und Maria im
       > „Qu'ran“.
       
 (IMG) Bild: Auch in der Blauen Moschee in Hamburg waren Kirchentagsbesucher zu Gast
       
       HAMBURG taz | Der Kirchentag hat auch den Steindamm erreicht. Das Hamburger
       Multikultiviertel sprudelt über. Während die Bewohner, unter ihnen viele
       Muslime, ihrem gewohnten Alltagstrott nachgehen, sitzen Kirchentagsbesucher
       an den Tischen afganischer und türkischer Restaurants und lassen sich bei
       einer Tasse Tee die Sonne in den Nacken scheinen. Eine angenehme Stimmung
       herrscht. Wenn man sich das so anschaut, könnte man meinen: einen Zwiespalt
       zwischen den Religionen gibt es nicht.
       
       Doch es gibt natürlich einen Grund dafür, dass sich hier so viele aus dem
       Kirchentag eingefunden haben. Die Islamische Gemeinde Hamburg, Centrum
       Moschee e.V. , Gründungsmitglied des Bündnisses der Islamischen Gemeinden
       in Norddeutschland (BIG), lädt ein – zu einer Gesprächrunde über „Jesus und
       Maria im Koran“.
       
       Kurz vor 18 Uhr treffen vor dem Hamburger Altbau in der Böckmannstraße 40,
       an dessen kahler Fassade ein Minaret abgebildet ist, die ersten Grüppchen
       ein. Darunter jede Menge Kirchentagsleute und einige Männern und Frauen,
       die auf dem Weg zum Freitagsgebet sind.
       
       Das Gespräch findet oben im Gebetsraum der Moschee statt. Neugierigen ist
       es erlaubt, schon vor dem Gespräch hinein zu gehen um das muslimische Gebet
       mitzuerleben. Vor dem Eintreten, muss man die Schuhe ausziehen. Kopftücher
       sind keine Pflicht.
       
       ## Gedränge im Gotteshaus
       
       Der Boden des Raumes ist komplett mit einem rot gemustertem Teppich
       bedeckt. Die Wände mit türkis-blauen Kacheln. Überall sind für die
       islamische Kultur charakteristische, schnörkelhafte Verzierungen sind zu
       erkennen. Es ist schon ein ungewöhnliches Bild, so viele Menschen
       christlichen Glaubens, eng gedrängt, auf dem Boden eines muslimischen
       Gotteshauses sitzen zu sehen.
       
       Um zehn nach sechs beginnt Imam Ercan mit der Eröffnungssure. Anschließend
       übergibt er das Wort der Islamwissenschaftlerin Fatma Abdel-Hady.
       Selbstbewusst sitzt sie vor der Mihrab, der Gebetsnische. In ihrer Hand
       hält sie einen mit Goldschrift verzierten Koran.
       
       Abdel-Hady trägt ein rosafarbenes Kopftuch. Von Beginn an macht sie klar,
       ihr Vortrag sei nicht wissenschaftlich, sondern eine „Zusammenfassung des
       Korans aus dem Herzen“ einer Muslimin. Sie beginnt mit der Rolle von Maria
       (arabisch: Meryem). Maria sei eine der vier namentlich genannten Frauen im
       Koran und anders als in der Bibel, sei sie die Tochter des Propheten
       Zacharias. Sie stammt, laut Koran, also von einer edlen Familie von hohem
       religiösem Rang ab.
       
       Als Frau nehme sie, so Abdel-Hady, eine wichtige Vorbildrolle ein, denn sie
       vollbringt ein Wunder: Die Geburt Jesu. Jesus (arabisch: Isa) wird in der
       Wüste, im damaligen Jerusalem, geboren. Nach muslimischer Überlieferung ist
       er vaterlos. Die Rolle Josefs existiert im Koran nicht. Jesus werde auch
       nicht als Sohn, sondern als „ergebener Diener“ Gottes beschrieben.
       
       ## Unruhige Diskussion
       
       Auffallend ist, dass Fatma Abdel-Hady das Wort „Gott“ benutzt, nicht
       „Allah“. Würde man sich die Augen verbinden, wäre es schwer zu sagen, ob
       man in einer christlichen oder muslimischen Veranstaltung sitzt.
       
       Bei der Diskussion danach wird es etwas unruhig. Es macht sich eine
       Fraktion im Publikum bemerkbar, die allein auf Differenzen innerhalb der
       beiden Gottesbücher abgezielte Fragen in den Raum wirft. Es geht um die das
       Fehlen der Existenz von Josefs, die finanzielle Situation von Jesus und
       Maria oder den höheren Stellenwert des Propheten Mohammed. Dieser stehe als
       Religionsstifter des Islam höher als jeder andere Prophet, somit auch über
       Jesus. Viele verlassen alsbald den Gebetsraum. Die Feierabendmahle scheinen
       wichtiger zu sein als eine interreligiöse Diskussion.
       
       Wie Abdel-Hady darauf reagiert, ist faszinierend. Mutig dementiert sie: „
       Jesus spielt für den Islam eine sehr große Rolle“, wobei der springende
       Punkt aber sei: Christen, Juden und Muslime „glauben an den gleichen Gott.“
       
       5 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paul Taylan Kilic
       
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