# taz.de -- TV-Serie „Hatufim“: Gefangene des Krieges
       
       > Der TV-Erfolg „Homeland“ hat ein Vorbild aus Israel. Es erzählt die
       > Geschichte von Heimkehr und Misstrauen sensibler und cleverer.
       
 (IMG) Bild: Das Netz der Figuren ist in „Hatufim“ deutlich komplexer und verwinkelter als in der US-Adaption
       
       „Homeland“ ist eine US-amerikanische Serie über einen heimkehrenden
       Kriegsgefangenen, der ins Visier von Gehemdiensten gerät. Überaus
       erfolgreich beim Publikum, mit Preisen überhäuft. Und: „Homeland“ ist eine
       Adaption. Das Original kommt aus Israel. Und es ist besser.
       
       „Hatufim – in der Hand des Feindes“ heißt die zehnteilige israelische
       Fernsehserie, die Arte ausstrahlt und die Modell für den Erfolg aus den
       Vereinigten Staaten stand. In beiden Erzählungen steht die Heimkehr von
       Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft im Mittelpunkt, an beiden Serien hat
       der Regisseur und Autor Gideon Raff mitgewirkt.
       
       In „Homeland“ ist es Sergeant Brody, der acht Jahre im Irak gefangen war,
       die beiden israelischen Soldaten in „Hatufim“ heißen Nimrod Klein und Uri
       Zach. Sie mussten sogar 17 Jahre in fremder Gewalt ausharren. Sie alle
       kämpfen nach ihrer Rückkehr um Normalität - unter den Augen der
       Geheimdienste, die die Heimkehrer misstrauisch beäugen.
       
       Das Figurennetz, das „Hatufim“ um die beiden Heimkehrer aufspannt, ist
       deutlich komplexer und verwinkelter als in „Homeland“. Der Zuschauer gerät
       hinein und verfängt sich. Die Figuren wirken tiefer. Sie werden nicht
       vollends erklärt, ihre Konflikte nicht sofort an die Oberfläche gespült.
       
       So wird das mentale Loch, in das Nimrods Frau Talia fällt, nachdem sie
       siebzehn Jahre um die Befreiung ihres Mannes gekämpft hat, erst langsam
       erkennbar. Schritt für Schritt begreift sie, dass sich ihr Leben erneut für
       immer verändert hat. Und auch der Umgang mit dem posttraumatischen
       Stresssyndrom, unter dem die Soldaten leiden, ist überlegter, sensibler,
       eindringlicher.
       
       Die Ursache des Syndroms ergründet die Serie immer wieder in Flashbacks. Es
       sind Einstellungen, die grausame Folter zeigen, gerahmt von Weißblenden,
       die die Eindringlichkeit des Erinnerten verstärken. Für Autor Raff waren
       diese Sequenzen unverzichtbar: „Ich denke, man kann posttraumatische
       Belastungen filmisch nicht behandeln, ohne das traumatische Erlebnis zu
       zeigen.“
       
       Und auch die Gefahr, dass die Soldaten während ihrer Gefangenschaft
       umgedreht worden sein könnten und nun eventuell für den Feind agieren, wird
       subtiler artikuliert. „Homeland“ posaunt die Gefahr eines Anschlags bereits
       mit den ersten Bildern heraus: Gefahr im Vollzug! Achtung! Das wird schnell
       langweilig.
       
       In den Vorbereitungen sprach Raff mit ehemaligen Kriegsgefangenen, die ihm
       erzählten, dass die Folter gar nicht das eigentlich Verheerende sei. Viel
       schlimmer wirkten Einsamkeit und die Ungewissheit, wann und wie diese enden
       wird.
       
       Auch die Integration der Handlung in die israelische Umwelt gelingt
       geschickter als in der Adaption. Bereits das Nachvollziehen der Blicke der
       beiden Figuren auf Jerusalem platziert die Geschichte in der Mitte der
       israelischen Gesellschaft. Ein Psychogramm entsteht, das die Diskussion
       über den Austausch von Gefangenen im Land nachzeichnet. Ist ein
       israelischer Soldat es wert, dass hundert Pälästinenser oder Libanesen für
       ihn freigelassen werden?
       
       Die Serie geht über diesen Einzeldiskurs hinaus – sie thematisiert den
       Wehrdienst und seine Folgen für junge Menschen, das Leben im permanenten
       Kriegszustand. In „Homeland“ müssen US-amerikanische Ikonen wie das Capitol
       als Chiffre für das Bedrohte herhalten. Die Geschichte ist eher im abstrakt
       Nationalen denn im Zwischenmenschlichen angesiedelt.
       
       „Hatufim – In der Hand des Feindes“ ist also deutlich interessanter als die
       Adaption. Obwohl das Budget wesentlich kleiner war als bei Homeland. Den
       Bildern sieht man das auch an. Den Rest kann Hatufim besser.
       
       Arte zeigt die erste Folge „Hatufim – in der Hand des Feindes“ am
       Donnerstag, 9. Mai, um 21 Uhr.
       
       9 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Fleige
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
 (DIR) Geheimdienst
 (DIR) Israel
 (DIR) Fernsehen
 (DIR) TV-Serien
 (DIR) TV
 (DIR) Kriegsgefangene
 (DIR) Serien-Guide
 (DIR) Fernsehserie
 (DIR) Fernsehserie
 (DIR) ZDF
 (DIR) Homeland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Israelische Fernsehserie Hatufim: Naher Osten als Kriegsgefangener
       
       Hatufim ist die erfolgreichste Fernsehproduktion, die es in Israel je gab.
       Sie verhandelt das Schicksal israelischer Kriegsgefangner und ist nun auf
       DVD zu sehen.
       
 (DIR) was fehlt ...: ...Homeland
       
       Cory Doctorow ist ein Schriftsteller und Aktivist. Er stellt seine Werke
       frei im Netz zur Verfügung - wenn man ihn lässt.
       
 (DIR) ZDF-Filme „Unsere Mütter, unsere Väter“: Noch eine letzte Party
       
       Stefan Kolditz hat für das ZDF die Miniserie „Unsere Mütter, unsere Väter“
       geschrieben. Es ist das Porträt einer Generation im Schützengraben.
       
 (DIR) US-Serie „Homeland“: Kriegsheld! Oder Hochverräter?
       
       Paranoid, hochpolitisch und grandios verunsichernd: Am Sonntag startet die
       US-Serie „Homeland“ auf Sat.1. Sie zeigt die Post-Bush-Ära.