# taz.de -- Die Wahrheit: Der Katzen-Vogel-Krieg
       
       > Neues aus Neuseeland: Eine Mordwelle hat im Norden des Landes begonnen
       > und breitet sich aus, es kommt zu Ausschreitungen und Übergriffen.
       
       „Pussy Riot“ haben wir auch. Ganz ohne Putin und bunte Hauben, dafür mit
       Hinrichtungen und echten Katzen. Gegen die laufen seit Wochen Pogrome der
       übelsten Art. Eine Mordwelle hat im Norden des Landes begonnen und breitet
       sich aus, es kommt zu Ausschreitungen und Übergriffen. Wir stehen knapp vor
       der Zwangseuthanasie der kleinen Lieblinge. Wo bleibt der internationale
       Aufschrei? Miau!
       
       Der Mann hinter dem Felinozid ist Gareth Morgan – Haustier-Hitler für die
       einen, mutiger Naturschützer für die anderen. Er ist einer der
       erfolgreichsten Geschäftsmänner und Philantrophen Neuseelands, baute
       Schulen auf den Solomon-Inseln, unterstützte Umweltprojekte in der
       Antarktis und half dem Pinguin „Happy Feet“ wieder auf die Flossen. Anfang
       des Jahres startete er seine neueste Kampagne „Cats to go“, und seitdem
       wird er mindestens so gehasst wie verehrt. Denn Morgan fordert: Neuseeland
       muss katzenfrei werden. Ein ethisches Dilemma.
       
       Jeder zweite Haushalt in Aotearoa hat eine Katze. Insgesamt sind es 1,4
       Millionen, was uns im Pro-Kopf-Durchschnitt angeblich zum Land mit den
       meisten Miezen macht. Ganz schön schnurrig, wenn da nicht all die
       einheimischen Vögel wären. Oder waren. 40 Prozent von ihnen sind bereits
       ausgestorben, neun Sorten insgesamt. Der Rest ist bedroht, und wer ist
       schuld daran? Vor allem streunende Katzen, so Gareth Morgan. Eine allein
       könne pro Woche an die hundert Vögel erlegen. „Das kleine flauschige
       Bündel, das Ihnen gehört, ist ein ,natural born killer‘ “, so Morgans
       Appell. Er plädiert dafür, sich keine Katze mehr anzuschaffen, wenn die
       alte ins Gras beißt. Auch Einschläferung im Dienste der guten Sache sei
       „eine Option“.
       
       Da sträubt sich bei Frauchen oder Herrchen das Fell. Die Fronten zwischen
       Vogel- und Katzenfeinden haben sich in den letzten Monaten verhärtet. In
       Pahia, einer Kleinstadt in der Bay of Islands, kam es in den vergangenen
       Wochen zu hässlichen Szenen. Es geht vor allem um eine Kolonie heimatloser
       Katzen, die vom Tierschutzverein auf einem Grundstück der Stadt
       durchgefüttert werden. Die Miezenfreunde bezeichnen sich als „Soldaten“ im
       „Kampf um Pahia“. Ihr Feind: die Naturschützer von „Bay Bush“. Voriges Jahr
       drückte eine 70-jährige Katzenoma Carol Davis aus Kerikeri gegen die Wand
       und drohte ihr: „Du bist in dieser Stadt unerwünscht!“ Davis ging zur
       Polizei.
       
       Die Stadtverwaltung hat jetzt die Fütterung der wilden Katzen verboten.
       Doch auch die Vogelfreunde sind nicht zimperlich. Gruselfotos auf Facebook
       zeugen von ihren Massakern: Katzen, die in eigens dafür umgerüsteten
       Possumfallen zu Tode gekommen sind; eine baumelt am eigenen Kiefer. „Gut
       gemacht“, freut sich ein Betrachter in einem Kommentar darunter.
       
       „Ich frage mich, wie viele Baby-Kiwis diese bösartige Katze getötet hat.“
       An welche Romanfigur fühlt man sich bei solch scharfen Tönen erinnert?
       Richtig, an den fanatischen Walter aus Jonathan Franzens Buch „Freiheit“.
       Der kämpft gegen Hauskatzen, um die aussterbende Grasmücke zu retten. Wir
       können auch Bestseller in echt.
       
       15 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
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