# taz.de -- Kolumne Bridge & Tunnel: Das Spiel mit den Doppelgängern
       
       > Im amerikanischen Kunstfrühling sorgen die Kunstmessen-Ableger für einige
       > Verwirrung. Jeff Koons ist derweil allgegenwärtig.
       
       Ist dieser amerikanische Kunstfrühling ein Film von David Lynch? Braucht
       man jetzt noch nicht mal mehr Vernissagen-Schampus, um die Orientierung zu
       verlieren?
       
       Da kommt man auf das Gelände der Paramount Studios in Los Angeles, wo sie
       ein perfektes New York nachgebaut haben, nur zusätzlich noch mit Palmen,
       und steht auf der „Paris Photo“, die dort neuerdings einen eindrucksvollen
       Ableger hat. Tom LaBonge, der zuständige Stadtrat von Los Angeles, spricht
       bei der Eröffnung aber vor allem über Boston. Die Fahndung nach den
       Bombenattentätern von Boston anhand von Überwachungsaufnahmen und
       Handyfotos habe gezeigt, welche Rolle die Kamera heute spielt.
       
       Und dann ist am bestbesuchten Stand schon wieder Boston zu sehen, nämlich
       dieses dramatische Pressefoto von der Frau und dem Kind, die bei einem
       Brand von der Feuerleiter stürzen. Das zeigte die Galerie Daniel Blau aus
       München. Jemand erzählte, dass Blau diese historischen Snuff-Fotos schon
       bei der letzten Paris Photo in Paris gezeigt habe. Aber jetzt ist Paris ja
       in Los Angeles, und das ist nicht dasselbe.
       
       Auf der New Yorker Gefängnisinsel Randall’s Island geht es dafür britisch
       zu, die Londoner Kunstmesse „Frieze“ hat dort zum zweiten Mal ihre weißen
       Zelte aufgeschlagen. Davor steht ein riesiger, echter, also: aufblasbarer
       Balloon-Dog, aber nicht von Jeff Koons, sondern von Paul McCarthy. Das
       macht aber nichts, zumindest die Wochenendbesucher, also die, die kommen,
       wenn die Fachbesucher weg sind, kümmert das nicht, für sie ist und bleibt,
       was nach Koons aussieht, auch Koons. McCarthy’s überdimensionaler
       Aneignungsversuch wird da gar nicht weiter bemerkt.
       
       ## Der wahre und der falsche Koons
       
       Sucht man den wahren Koons, muss man nach Chelsea. Überraschenderweise wird
       man vier Straßenblocks früher als gewohnt fündig, nämlich schon in David
       Zwirners neuen Galerieräumen in der 19. Straße. Koons letzter Coup war die
       Ansage an seinen Galeristen Larry Gagosian: Ich stelle ab jetzt da aus, wo
       ich will! Das ist ein bisschen so, als würde BMW jetzt auch Mercedes
       herstellen, oder als könnte man bei Prada nun auch Gucci kaufen.
       
       Zwirner hat hier eine der fettesten Koons-Ausstellungen überhaupt
       produziert: Riesige schneeweiße Gipsstatuen stehen da und scheinen den Raum
       stärker herunterzukühlen, als Olafur Eliassons Gletschereis auf der
       ebenfalls gerade eröffneten „Expo 1“-Ausstellung im P.S. 1 es vermag.
       
       Apropos Expo 1: Nur weil es im MoMA/P.S. 1 in einem Raum regnet, heißt das
       nicht, dass daran auch Olafur Eliasson schuld ist, wie immer wieder
       behauptet wird. Das waren die Jungs von rAndom International, einem
       Kreativenkollektiv aus London. Warum während einer unter apokalyptisch
       anmutenden Regenfällen und Flutwarnungen wegschwimmenden Kunstmesse, die in
       Zelten (in die es teilweise hineinregnete) auf einer von Wasser umspülten
       Insel stattfand, der „Rain Room“ so begeistert aufgenommen wurde, lässt
       sich vielleicht nur damit erklären, dass man diese Installation mit etwas
       Geschick trocken durchschreiten konnte.
       
       Wenn aber überall Bäumchen-wechsle-dich gespielt wird, was macht dann Larry
       Gagosian zurzeit? Vielleicht mal Neo Rauch oder Luc Tuymans, also alte
       Zwirner-Künstler ausstellen? Nein. Der Reigen findet hier sein Ende, ganz
       konsequent treffen wir wieder auf Jeff Koons. Er ist eben in allem „larger
       than life“, und es ist natürlich kein Problem für ihn, offiziell an zwei
       Orten auszustellen (und heimlich eigentlich an dreien).
       
       ## Koons an allen Orten
       
       Die, die ihm McCarthy’s Arbeiten auf der Frieze zugeordnet haben, sind
       vielleicht aber noch ein Stück weiter. Sie schaffen es an fünf Orte
       gleichzeitig und haben die Fotos von sich, wie sie stolz vor dem „Koons“
       stehen, schon über Instagram, Twitter, Facebook und Tumblr geteilt, während
       sie selbst noch im Messezelt sitzen und das sehr gute chinesische Essen
       verspeisen.
       
       Und jetzt ziehen sie alle weiter zur Art Basel nach Hongkong. In Basel ist
       Basel ja erst im Juni, und im Dezember ist Basel dann endlich wieder in
       Miami.
       
       15 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ophelia Abeler
       
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