# taz.de -- NSA-Enthüller Edward Snowden: Hero oder Zero?
       
       > NSA-Whistleblower Edward Snowden ist über Nacht zum Volkshelden geworden.
       > Wenn jetzt mehr folgen soll als Entsetzen, müssen andere übernehmen.
       
 (IMG) Bild: Die Tendenz bei Radioanrufern und Leserbriefschreibern in den USA: „Snowden ist ein Held“
       
       WASHINGTON taz | Edward Snowden hat dem alten Kampf um das Recht auf
       Privatsphäre sein junges Gesicht gegeben: Er scheint genau zu wissen, was
       er (nicht) will. Er kann es auf den Punkt bringen. Er ist moralisch
       entrüstet, aber beherrscht. Er ist selbstbewusst, ohne eitel zu wirken. Und
       er ist – offenbar allein – gegen einen mächtigen Geheimdienstapparat
       angetreten.
       
       Diese Dinge – gepaart mit den einige Tage vorausgegangenen spektakulären
       ersten Enthüllungen über die milliardenfache NSA-Datenschnüffelei – machen
       den Whistleblower umgehend zu einem internationalen Star. Als hätte die
       Welt auf ihn gewartet, geht Momente, nachdem er sich selbst am Sonntag
       [1][im Guardian geoutet] hat, ein Sturm des Beifalls durch die sozialen
       Netze, entstehen [2][die ersten Wikipediaeinträge] über ihn und tauchen
       [3][„Danke“-Unterschriftenlisten] sowie Aufrufe [4][zum Geldsammeln] für
       seine Verteidigung auf.
       
       Am Montagmittag findet in New York die erste Demonstration zugunsten des
       weniger als 24 Stunden zuvor völlig Unbekannten statt. Auf den
       Transparenten ist neben dem „Nein zum Überwachungsstaat“ auch ein Satz zu
       lesen, der weltweit im Zusammenhang mit dem 29 Jahre alten Ex-CIA-Agenten
       und -Internetexperten im Dienste des NSA wiederholt wird: „Snowden ist ein
       Held.“
       
       Während die eine Seite Snowden auf den Heldensockel gestellt hat, bemüht
       sich die anderen, ihn zu zerstören. Er hat „eine aufgeblasene Vorstellung
       von seiner Macht“ und „ist kein glaubwürdiger Zeuge“ sagt der [5][frühere
       Direktor der Nationalen Nachrichtendienste], Dennis Blair. Er ist „ein
       grandioser Narzisst, der ins Gefängnis gehört“, [6][schreibt der New
       Yorker].
       
       Seit die Enthüllungen einen Namen, ein Gesicht und eine Stimme haben,
       verlagert sich die öffentliche Debatte auf die Person des Whistleblowers.
       Von den Inhalten der Enthüllung auf den persönlichen Mut, der sich möglich
       gemacht hat. „Hero or Zero?“ – Held oder Luftnummer? – lautet die Leitfrage
       zahlreicher Call-In-Radiosendungen am Tag danach. Die Mehrheit der
       AnruferInnen – wie auch der LeserbriefschreiberInnen – tendiert in Richtung
       „Held“.
       
       ## Mythos vom Cowboy
       
       Manche Beschreibungen lassen an einen modernen Cowboy denken. Während der
       ganz allein auf dem Pferderücken in den Weiten des „Wilden Westens“
       unterwegs war, tut Snowden es mit der Maus vor dem Computerbildschirm und
       am Telefon. In den USA – aber auch in den Medien, die jetzt alle auf
       Snowden gestürzt sind – ist der einsame Held ein beliebtes Leitmotiv.
       
       Es ist die Geschichte eines Aufrechten, der mit Instinkt, Mut und geistiger
       und körperlicher Kraft Ungerechtigkeiten zu Fall bringt, die viel größer
       sind als er selbst. Der allein vorprescht, um Ungerechtigkeiten
       offenzulegen, Korrupte an den Pranger zu stellen – stellvertretend für die
       vielen, die es nicht können oder wollen.
       
       Doch der Einzelkampf bis zum Erfolg ist ein Mythos. Erfolgreich konnte der
       Cowboy nur sein, weil viele andere seinen Eroberungszug gen Westen und
       Südwesten unterstützt haben. Ähnliches gilt jetzt auch in der Causa NSA.
       Snowden hat sein Lasso geschwungen und ist jetzt abgetaucht. Wenn aus
       seinen Enthüllungen mehr folgen soll als nur das schiere Entsetzen, müssen
       jetzt andere den Staffelstab übernehmen. Snowden selbst hat ein Scheitern
       nicht ausgeschlossen. In dem Guardian-Interview hat er gesagt, am
       schlimmsten wäre es, wenn sich gar nichts ändert.
       
       12 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.guardian.co.uk/world/2013/jun/09/edward-snowden-nsa-whistleblower-surveillance
 (DIR) [2] http://en.wikipedia.org/wiki/Edward_Snowden
 (DIR) [3] http://act.rootsaction.org/p/dia/action3/common/public/?action_KEY=8083
 (DIR) [4] http://www.gofundme.com/381638
 (DIR) [5] http://www.ibtimes.co.uk/articles/477191/20130611/edward-snowden-credible-witness-former-intelligence-chief.htm
 (DIR) [6] http://www.newyorker.com/online/blogs/comment/2013/06/edward-snowden-nsa-leaker-is-no-hero.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) NSA
 (DIR) Geheimdienst
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Privatsphäre
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) NSA
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) USA
 (DIR) NSA
 (DIR) Prism
 (DIR) NSA
 (DIR) Internet
 (DIR) NSA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Apple veröffentlicht Anfrage-Zahlen: Behörde is watching you
       
       US-Behörden haben bei den Netzkonzernen im großen Stil Daten abgefragt.
       Meist geschehe dies im Rahmen von Polizeiarbeit, erklärt Apple und versucht
       Kundensorgen zu zerstreuen.
       
 (DIR) US-Whistleblower in Hongkong: Soli-Demo für Edward Snowden
       
       In der Exkronkolonie gehen hunderte Menschen für den Enthüller der
       Netzüberwachung auf die Straße. Doch wie sich China im Fall Snowden
       verhalten wird, bleibt unklar.
       
 (DIR) Whistleblower Edward Snowden: „Ich bin kein Held“
       
       Er sei kein Verräter, verteidigt sich Snowden in einem neuen Interview. Er
       wirft den USA Cyberattacken auf China vor. Der Geheimdienstchef bleibt
       uneinsichtig.
       
 (DIR) Skandal um NSA-Überwachung: Die „Green Badges“ im Visier
       
       Seit 9/11 arbeitet eine Vielzahl externer Dienstleister wie Edward Snowden
       für US-Geheimdienste. Dessen Enthüllung halten viele für „mangelnden
       Berufsethos“.
       
 (DIR) Suche nach Whistleblower Snowden: Aufenthaltsort unbekannt
       
       Edward Snowden, der das Netz-Überwachungsprogramm der US-Regierung
       offenbarte, ist untergetaucht. Die politische Debatte läuft.
       
 (DIR) Asyl für NSA-Whistleblower: Wo steckt Edward Snowden?
       
       Der NSA-Whistleblower Snowden ist untergetaucht und sucht weltweit Asyl.
       Ein komplexe Auslieferungsverfahren in Hong Kong heißt für ihn: Er ist
       vorerst sicher.
       
 (DIR) Netzüberwachung durch die NSA: Die Bundesregierung weiß von nichts
       
       Die Debatte über eine weitreichende Netz-Überwachung in den USA erreicht
       nun auch die Bundesregierung. Doch die gibt sich bisher ahnungslos.
       
 (DIR) NSA-Whistleblower Edward Snowden: Neue Männer
       
       Edward Snowden ist der zweite Whistleblower, der Geheimnisse der
       US-Regierung verrät. Er scheint genau analysiert zu haben, was bei Bradley
       Manning schief ging.