# taz.de -- Kommentar Offshore-Leaks: Die Lohnschreiber des Kapitalismus
       
       > Viele deutsche Journalisten trauen den Menschen keinen
       > verantwortungsvollen Umgang mit Enthüllungs-Webseiten wie Offshore-Leaks
       > zu. Wie falsch!
       
       Der Konflikt um die Datenbank „Offshore-Leaks“, in der Namen und Daten von
       mehr als 100.000 Treuhandgesellschaften und Firmen in Steueroasen [1][ins
       Internet gestellt] wurden, ist anschaulich und verrät etwas über nationale
       Anstandsregeln und soziale Normen.
       
       Ein internationales Journalistenkonsortium hat einen Teil der Rohdaten
       veröffentlicht, der bislang nur JournalistInnen zur Einsicht vorbehalten
       war. Das Auffällige: Während die Zeitung La Nacion in Costa Rica gleich
       mehrere JournalistInnen freistellte, um die Datenbank zu erstellen,
       reagieren deutsche KollegInnen sehr zurückhaltend auf die Veröffentlichung.
       Sie fürchten Vorverurteilungen und halten an ihrer Rolle als Gatekeeper
       fest. Wie falsch.
       
       Ist es zu verantworten, dass einer breiten Öffentlichkeit Rohdaten „einfach
       so“ massenhaft zur Verfügung gestellt werden? Schon die Frage ist arrogant.
       Sie beinhaltet, dass eine unmittelbare Öffentlichkeit etwas strukturell
       Minderbemitteltes sein muss.
       
       Solche Informationen, das unterstellt diese Frage auch, sollten weiterhin
       versierten Wirtschaftsjournalisten vorbehalten bleiben. Tatsache: Davon
       gibt es in Deutschland einige. Aber die Mehrheit bilden nun doch jene, die
       in der Vergangenheit mit ihrem engen Fokus auf DAX-Werte und
       Unternehmensbilanzen den kritischen Blick für Gesamtzusammenhänge allzu oft
       verloren haben.
       
       Die Offshore-Daten haben im Verhältnis zu ihrem Umfang nur begrenzt
       skandalöse Einzelfälle offenlegen können. Dass nun auch die Öffentlichkeit
       mal reinschauen darf, ist eher eine Verlegenheitslösung als ein mutiges
       Zeichen.
       
       Die Selbstverständlichkeit, mit der in anderen Ländern die Veröffentlichung
       mutmaßlicher Profiteure dieser strukturellen Schattenwirtschaft begrüßt
       wird, ist vorbildlich. Sollen wir hierzulande wirklich darauf vertrauen,
       dass es – um ein scharfes Bild zu benutzen – die Lohnschreiber des
       Kapitalismus sind, die diesen für uns begreifen sollen?
       
       17 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://offshoreleaks.icij.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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