# taz.de -- Kommentar Türkei: Erdogans Türkei
       
       > Erdogan genießt noch großen Rückhalt. Doch mit seinem starrsinnigen
       > Verhalten riskiert er, sich um die Basis seines Erfolges zu bringen.
       > Einen Buhmann hat er schon.
       
 (IMG) Bild: Lässt sich von seinen Anhängern feiern: Erdogan am Sonntag in Istanbul
       
       Es glich mehr einer Inszenierung, wie man sie von totalitären Regimes
       kennt, als das sie zu einem demokratisch gewählten Regierungschef gepasst
       hätte: Dies sei das „wahre Bild der Türkei“, behauptete der türkische
       Ministerpräsident Erdogan am Sonntag vor hunderttausenden Anhängern, die
       dazu eigens in einen Vorort von Istanbul gekarrt worden waren. Nach dem
       Motto: Wenn mir die Realität nicht gefällt, dann schaffe ich mir eben meine
       eigene.
       
       Doch die Botschaft, die mit der imposanten Kulisse vermittelt werden
       sollte, ist auch nicht ganz falsch. Erdogan genießt noch immer viel
       Rückhalt.
       
       Sein Erfolg beruht in erster Linie auf dem enormen wirtschaftlichen
       Wachstum in seiner Regierungszeit, von dem breite Schichten profitiert
       haben. Seine Anhänger, die überwiegend in den ländlichen Regionen der
       Türkei und den Vororten der großen Städte zu Hause sind, haben ihn auch
       nicht trotz, sondern gerade wegen seiner konservativ-religiösen
       Überzeugungen gewählt.
       
       Und ein autoritärer Regierungsstil, wie ihn Erdogan jetzt offen pflegt, hat
       in der Türkei nicht nur Tradition, sondern findet traditionell auch
       Applaus. Nur, dass Erdogan mal mit dem Versprechen angetreten war, diese
       autoritären Traditionen zu überwinden.
       
       Mit seinem harten Kurs ist Erdogan jetzt aber dabei, die Basis seines
       Erfolges zu verspielen. Die brutalen Szenen von Polizeigewalt sind kaum
       dazu angetan, den Tourismus in diesem Jahr anzukurbeln. Und Erdogans Gerede
       von einer ausländischen Verschwörung, die den wirtschaftlichen Aufschwung
       seines Landes stoppen wolle, dürfte kaum dazu beitragen, das Vertrauen
       ausländischer Investoren zu befördern.
       
       Aber wenn der Wirtschaftsaufschwung der Türkei darunter leiden und seine
       Partei bei den nächsten Wahlen für seinen Starrsinn abgestraft werden
       sollte, dann hat er jetzt zumindest schon mal einen Buhmann parat: die
       „Zinslobby“ war’s.
       
       18 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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