# taz.de -- Basketball im Rollstuhl: Paradebeispiel für Inklusion
       
       > Wer einmal ein Rollstuhlbasketballspiel live gesehen hat, merkt: Da ist
       > Intensität im Spiel. Und bei der Europameisterschaft der Frauen ist ein
       > Titelgewinn nicht abwegig. Dann würde auch die ARD übertragen.
       
 (IMG) Bild: Maria Kühn, Gesche Schünemann and Maya Lindholm (von links) feiern die Goldmedaille bei den Paralympics 2012 in London.
       
       Die erste Antwort ist ein Lächeln – ein aufrichtiges. Da liegt nichts
       Belustigtes in der Gefühlsregung, keine Überheblichkeit und auch keine
       Enttäuschung darüber, dass die eine oder andere Person hier in Hamburg
       gerade ein Aha-Erlebnis mit ihrem Sport gemacht hatte. Maya Lindholm freut
       sich einfach nur.
       
       Die 22 Jahre alte Nationalspielerin vom Hamburger SV registriert nach dem
       ersten EM-Testspiel gegen Kanada (59:70 nach Verlängerung) glücklich und
       zufrieden, dass weitere Menschen einen Zugang zu ihrer Leidenschaft
       gewonnen haben, dass sie einen Eindruck davon erhalten haben, welche Kraft
       vom Rollstuhlbasketball ausgehen kann. Ihr fällt es leicht, in Worte zu
       fassen, worin für sie die Faszination dieses Sports liegt. „Es ist total
       schnell, dynamisch. Da ist Energie im Spiel. Die Intensität ist viel höher
       als beim Fußgängerbasketball“, sagt Lindholm. Sie meinte damit auch die
       Spiele eines Dirk Nowitzki.
       
       Wer einmal ein Rollstuhlbasketballspiel live gesehen hat, wird erkennen,
       dass das nicht aus der Luft gegriffen ist. Nationalcoach Holger Glinicki,
       der Lindholm auch beim HSV trainiert, sieht es genauso wie seine
       Aufbauspielerin. „Rollstuhlbasketball ist sehr schnell geworden. Da fliegt
       auch mal jemand aus dem Rollstuhl, da ist Action drin. So etwas kommt gut
       an bei den Zuschauern“, sagt Glinicki, der am Sonntag mit seinem Team in
       Hamburg-Neugraben den zweiten EM-Test gegen Kanada mit ??:?? gewonnen hat.
       Am Freitag geht die „Mission Gold“ in die entscheidende Phase. Das deutsche
       Team mit Glinicki sowie den HSV-Spielerinnen Lindholm, Edina Müller und der
       künftigen Vereinskollegin Gesche Schünemann ist bei der Europameisterschaft
       im eigenen Land der große Favorit. Unter dem Motto „Frankfurt dreht am Rad“
       soll in der Main-Metropole der nächste Coup nach dem Triumph bei den
       Paralympics 2012 in London gefeiert werden. Das deutsche Team trifft in der
       Vorrunde auf Frankreich, Spanien und Israel. Als größter Widersacher ist
       die Niederlande ausgemacht. Mit diesem Gegner rechnet Glinicki auch am 6.
       Juli im Endspiel.
       
       Sollte das deutsche Team das Finale erreichen, würde in medialer Hinsicht
       etwas Historisches geschehen. „Die ARD wird an dem Tag von 15.15 Uhr an
       unser Endspiel live übertragen. Es ist doch großartig, dass es außerhalb
       der Paralympics-Zeit zu so etwas kommt“, sagte Glinicki. Wenn man so will,
       entwickelt sich Rollstuhlbasketball in Deutschland in der großen Familie
       des Sports, die vom Fußball so dominiert wird, zum Paradebeispiel für
       Inklusion. Es gebe aber noch mehr an positiven Entwicklungen im
       Rollstuhlbasketball, gerade in Hamburg, sagt Glinicki. Demnach ist davon
       auszugehen, dass in der Hansestadt nach München und Frankfurt/Main in Kürze
       der dritte Paralympics-Trainingsstützpunkt (PTS) aufgebaut wird. Es würden
       sich also auch die Übungsmöglichkeiten noch einmal verbessern.
       
       Die angehende Ergotherapeutin Lindholm trainiert vier bis fünf Mal pro
       Woche. Seit 2006 – zwei Jahre nachdem sie durch eine Entzündung des
       Rückenmarks in den Rollstuhl gekommen war – spielt sie Rollstuhlbasketball.
       „Davor hatte ich überhaupt keinen Sport betrieben. Rollstuhlbasketball
       öffnet einem Türen. Ich musste da wohl ein bisschen zu meinem Glück
       gezwungen werden“, sagte sie. Der Moment des größten Glücks war der Gewinn
       von Paralympics-Gold in London im Finale gegen Australien. „Es war ein
       Wahnsinnsgefühl, vor 16.000 Zuschauern zu spielen. Die Atmosphäre war
       unglaublich. Genau genommen hält dieses Gefühl des Schwebens bis heute an“,
       sagte Lindholm. Und dann formulierte sie noch eine Liebeserklärung an ihren
       Sport. „Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, kein Rollstuhlbasketball zu
       spielen. Dieser Sport hat mich ein bisschen ins Leben zurückgeholt.“
       
       23 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Görtzen
       
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