# taz.de -- Studie der Bertelsmann-Stiftung: Bildungschancen nach Postleitzahl
       
       > Ob Klassenwiederholung, Abitur oder Schulwechsel: Die Bundesländer
       > driften im Bereich der Bildung dramatisch auseinander, wie eine neue
       > Studie zeigt.
       
 (IMG) Bild: Das Schulsystem ist durchlässig: jedoch vor allem nach unten
       
       BERLIN taz | Ob ein Schüler auf eine Förderschule abgeschoben wird oder
       eine normale Klasse besuchen kann, bei schlechten Leistungen sitzenbleibt,
       die Schule wechseln muss, das Abitur machen kann – all das hängt dramatisch
       vom Bundesland ab, in dem er zur Schule geht. Das zeigt der
       [1][„Chancenspiegel 2013“], für den Forscher der Universitäten Dortmund und
       Jena Bildungsdaten im Auftrag der privaten Bertelsmann-Stiftung
       zusammengetragen haben.
       
       Das Fazit fällt gemischt aus: Zwar steigt das Bildungsniveau stetig, der
       Anteil der Schulabrecher sinkt, die Hälfte der Schülerinnen und Schüler
       erreicht die Hochschulreife. Insofern ist Deutschland tatsächlich auf dem
       Weg zur vielbeschworenen Bildungsrepublik. Die klaffende Wunde bleibt aber:
       „Insgesamt geht es mit der Chancengerechtigkeit eher im Schneckentempo
       voran“, bemängelt Jörg Dräger, Bildungsvorstand der Bertelsmann-Stiftung
       und ehemaliger Schulsenator in Hamburg.
       
       Den größten Fortschritt gab es noch bei der Zahl der Schulabbrecher. Sie
       sank von 6,9 Prozent im Jahr 2009 auf 6,2 Prozent im Jahr 2011. Von ihrem
       Ziel ist die Politik damit dennoch weit entfernt: Auf dem Bildungsgipfel in
       Dresden hatten Bund und Länder vor fünf Jahren vereinbart, die Zahl der
       Schulabbrecher bis 2015 auf vier Prozent zu drücken.
       
       Vor allem aber bleibt das Gefälle zwischen den Ländern riesig. In Bayern,
       Baden-Württemberg, Hessen und dem Saarland verlassen nur gut 5 Prozent der
       Jugendlichen die Schule ohne Abschluss. In den ostdeutschen Ländern Berlin,
       Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist das Risiko doppelt
       so hoch. Hier liegt die Quote bei 10 Prozent.
       
       ## Förderschulen als Sackgasse
       
       Wie viele junge Menschen die Schule ohne einen Abschluss verlassen, hängt
       auch davon ab, wie viele eine Förderschule besuchen. Unter den Schülern
       ohne Abschluss sind 57,9 Prozent ehemalige Förderschüler. Die Sonderschule
       gilt als Bildungssackgasse – auch deswegen hat sich Deutschland in einer
       UN-Konvention dazu verpflichtet, mehr Schüler mit Behinderung in normalen
       Klassen zu unterrichten.
       
       Den Ländern gelingt das bisher unterschiedlich gut: Im Osten wird deutlich
       häufiger ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert als im Westen.
       Länder wie Berlin und Brandenburg schicken allerdings auch fast die Hälfte
       der Förderschüler auf normale Schulen. In Hessen, Sachsen-Anhalt,
       Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind es dagegen nur gut 18 Prozent.
       Auch in anderen Punkten liegen die Länder stark auseinander. Interessant
       ist dabei: Das einfache Klischee von den leistungsstarken Südländern und
       den schwächelnden Stadtstaaten erfüllt sich nur bedingt.
       
       Die Chance, das Abitur oder Fachabitur zu machen, sind in
       Baden-Württemberg, Hamburg, NRW und im Saarland am besten. Fast 60 Prozent
       eines Altersjahrgangs erreicht hier die Hochschulreife. In Bayern,
       Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind es nur gut 40
       Prozent.
       
       ## Nach unten durchlässig
       
       Der Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule und von der Realschule auf die
       Hauptschule ist in allen Ländern wahrscheinlicher als der umgekehrte Weg.
       Durchlässig ist das deutsche Schulsystem vor allen nach unten – aber
       unterschiedlich stark. In Berlin, Bremen, Hessen und Niedersachsen kommen
       auf einen Aufsteiger etwa 9 Schüler, die auf eine niedrigere Schulform
       wechseln. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg und
       Mecklenburg-Vorpommern stehen einem Aufsteiger dagegen nur zwei
       Schulabsteiger gegenüber.
       
       Auch vom zuletzt viel diskutierten Sitzenbleiben machen die Ländern ganz
       unterschiedlich Gebrauch. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen,
       Schleswig-Holstein und Thüringen müssen jedes Jahr 1,6 Prozent aller
       Schüler eine Klasse wiederholen. In Bayern, Berlin, Bremen, Hessen,
       Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sind es 3,6 Prozent.
       
       Die Bertelsmann-Stiftung kritisiert, dass der Ausbau der Ganztagsschule nur
       schleppend vorankomme: 28,1 Prozent der Kinder in Deutschland besuchen auch
       am Nachmittag die Schule. Meistens sind die Angebote aber freiwillig. Eine
       so genannte gebundene Ganztagsschule, bei der die Nachmittagsangebote für
       alle Pflicht sind, besuchen nur 13 Prozent. Dabei verspräche gerade ein
       solches Angebot die Chancen von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern zu
       verbessern, so Bertelsmann-Vorstand Dräger.
       
       24 Jun 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.chancen-spiegel.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Kramer
       
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