# taz.de -- Filmstart „World War Z“: Wieder mal die Welt retten
       
       > Schwarmintelligenz der Apokalypse: In „World War Z“ lässt Marc Forster
       > die Zombies frei und schickt Brad Pitt in einen weltweiten Kampf mit den
       > Untoten.
       
 (IMG) Bild: Panik in Jerusalem: Gerry Lane (Brad Pitt, Mitte) und die Elitesoldatin Segen (Daniella Kertesz, links davon) fliehen.
       
       Trautes Familienglück beim morgendlichen Frühstück: reich gedeckt der
       Tisch, liebevoll stupsig der Umgang miteinander – wattierter Wohlstand in
       Weltwirtschaftskrisenzeiten. Im Hintergrund berichtet ein Fernseher von
       Katastrophen weit weg – Television im Wortsinn, ein Blick in die Ferne.
       Doch zwischen Familienidyll und der Krise liegen nur wenige Schnitte und
       eine Autofahrt ins Zentrum Philadelphias.
       
       Dort lässt eine Explosion mitten in der Stadt an jüngste Terrorbilder aus
       Boston denken und in sich überschlagender Rasanz mündet ein Stau in
       wuselndes Chaos: Tollwütige Ex-Menschen überrennen die Stadt, beißen um
       sich, infizieren andere. Kollaps im rasenden Vollzug.
       
       In diesen Momenten ist Marc Forsters äußerst lose Adaption von Max Brooks’
       gleichnamiger Romanvorlage am stärksten: Wenn sie die Verlässlichkeiten und
       festen Bezugspunkte einer sortierten Welt auf kataklysmische Weise zum
       Einsturz bringt und auch das Kinopublikum mitten hinein in die hektische
       Unübersichtlichkeit der Ameisenperspektive wirft, aus der nur vereinzelt
       Helikopterpanoramen herausführen.
       
       ## Der Polizist bei der Plünderung
       
       Selbst diese Bilder bergen weder Trost noch Rückzugsmöglichkeiten, sondern
       allein die melancholische Schau auf eine Welt, die im Begriff ist, binnen
       Sekunden zu vergehen. Bei den Supermarktplünderungen am Abend ist dann
       schon nichts mehr wie es war: Ein Polizist stiftet keine Ordnung, sondern
       nutzt seine Waffengewalt allein, um sich verbliebene Ressourcen zu sichern.
       
       Schade, dass Forster diesen furiosen Einstieg in ein insbesondere von
       George A. Romeros Meisterwerken „Dawn of the Dead“ und „Day of the Dead“
       inspiriertes Zombieversum nicht als Sprungbrett für einen
       episch-existenzialistischen Apokalypse-Reißer genutzt hat. Die Anlage dafür
       wäre da gewesen, etwa auch in den klaustrophobischen Szenen, in denen sich
       Brad Pitt als Familienpapa mit Kurt-Cobain-Frisur samt Sippe aus einem
       Wohnhaus befreit. Stattdessen entschied man sich für eine eigentlich recht
       fade Weltenrettergeschichte, in der Pitt im Staatsauftrag um den Globus
       spurtet, um den Ursprung der grassierenden Seuche und vielleicht sogar ein
       Gegenmittel ausfindig zu machen.
       
       ## Point-&-Click-Adventuregame
       
       Und das fühlt sich an wie ein klassisches Point-&-Click-Adventuregame: Neue
       Location, mit Leuten reden, Schlüsse ziehen, Dinge mitnehmen, Dinge nutzen,
       vor Zombies abhauen, die mit Sicherheit überall dort, wo Pitt auftaucht, im
       Nu ebenfalls erscheinen.
       
       Die raumgreifende Geste des Films – von der Küche geht’s nach Philadelphia,
       dann auf einen Stützpunkt auf dem Meer, über Südkorea schließlich nach
       Israel – schnurrt schließlich brennpunktartig zusammen: Das Schicksal der
       Menschheit entscheidet sich auf wenigen Quadratmetern, in einem Akt
       antiklimatischer Entschleunigung, der im krassen Gegensatz zum furiosen
       Beginn des Films steht.
       
       Immerhin gelingen doch auch ein paar starke Bilder: Der Zombiefilm
       Romero’scher Prägart verhandelte schon immer die Widersprüche des
       Individuums in der Massengesellschaft.
       
       ## Der Zwang zur Konformität
       
       Je nach politischer Ausrichtung der Lesart stehen die Zombies für den
       Konformitätszwang der kapitalistischen Gesellschaften oder die drohende
       De-Individuierung durch den Kommunismus. Was Forster mit seinen Zombies
       atemberaubend auf den Punkt bringt, ist der Alpdruck der schieren, von
       ideologischen Zuschreibungen freien Masse als solche, deren je sehr dumme
       Protagonisten quasi-schwarmintelligent jeden Wall durch Aufschichtung
       überrennen und Straßen und Gassen ganz einfach organisch fluten.
       
       Doch wurmstichig wird diese Lust am Bild spätestens dann, wenn im
       triumphalen Schluss Leichenberge unter Beschuss genommen werden, deren
       ikonografische Spuren direkt nach Auschwitz-Birkenau führen. Abschließende
       ästhetische Entgleisung eines ziemlich orientierungslosen Films.
       
       ## 
       
       ## „World War Z“, Regie: Marc Forster, mit Brad Pitt, Mirielle Enos u. a.,
       USA/Malta 2013, 116 Min.
       
       26 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Groh
       
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