# taz.de -- Energie: „Wir haben es erfunden“
       
       > Berlins SPD sieht das Volksbegehren als Bestätigung, sagt Landeschef Jan
       > Stöß. Auch ein Volksentscheid werde Erfolg haben.
       
 (IMG) Bild: Da wollen viele ran: Die Leitzentrale des Berliner Stromnetzes, derzeit noch besetzt von Vattenfall.
       
       taz: Herr Stöß, haben Sie das Energie-Volksbegehren unterschrieben? 
       
       Jan Stöß: Nein. Aber sein inhaltliches Ziel deckt sich mit unserer
       politischen Linie. Die SPD hat schon bei ihrem Parteitag 2010 ein
       umfassendes Konzept für die Rekommunalisierung in den Bereichen Wasser und
       Strom entwickelt. Wenn es in Berlin um Rekommunalisierung geht, dann haben
       wir es erfunden.
       
       Jetzt sind Sie in einer Koalition mit der CDU. Dort und aus der
       Privatwirtschaft werden Stimmen gegen die Rekommunalisierungspläne immer
       lauter. 
       
       Auch wenn die Koalition gut zusammenarbeitet, ist doch klar, dass es bei
       SPD und CDU unterschiedliche politische Ansätze gibt. Wir haben uns im
       letzten Herbst gemeinsam auf das Ziel verständigt, die Daseinsvorsorge
       wieder in öffentlicher Verantwortung zu organisieren. Die neoliberale
       Privatisierungspolitik der 90er Jahre sehen heute selbst Teile der CDU
       kritisch. Ich glaube, dass wir uns im Sinne unserer neuen Energiepolitik
       verständigen müssen, wie wir mit dem Volksbegehren umgehen.
       
       Sie plädieren für dessen Übernahme. Sind Sie also für direkt gewählte
       Bürger in den Aufsichtsgremien eines Stadtwerks und eines
       Stromnetzbetreibers, wie es das Begehren vorsieht? 
       
       Das ist der Punkt, der uns am wenigsten überzeugt. Aus unserer Sicht
       sollten öffentliche Unternehmen Teil der parlamentarischen Demokratie sein.
       Wir sind skeptisch, ob eine Volkswahl von Verwaltungsräten ausreicht, um
       das nötige Fachwissen in diese Gremien zu bekommen. Das lässt sich nicht
       durch Fortbildungen organisieren. Um erfolgreiche öffentliche Unternehmen
       zu gründen, brauchen wir Experten, keine Partikularinteressen.
       
       Ein Volksbegehren kann nur „inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand
       unverändert“ angenommen werden. Dazu zählen die direkt gewählten Räte. 
       
       Das wird man juristisch prüfen müssen.
       
       Wenn es zum Entscheid kommt: Sollte die Koalition dann einen alternativen
       Gesetzentwurf zur Abstimmung stellen? 
       
       Ich will nicht den Beratungen mit dem Koalitionspartner vorgreifen. Unsere
       Position ist klar: Wir unterstützen den Gesetzentwurf des Volksbegehrens,
       weil er im Kern unsere Politik unterstützt. Kommt es zum Entscheid, dann
       gehe ich davon aus, dass der erfolgreich verlaufen wird.
       
       Was, wenn der Senat dafür einen anderen Termin als den der Bundestagswahl
       am 22. September festlegt? 
       
       Aufgrund der riesigen politischen Mehrheit, die es in der Stadt für
       Rekommunalisierung gibt, wird der Termin am Ergebnis wenig ändern. Aber
       schon angesichts der Mehrkosten wäre ein gesonderter Abstimmungstermin
       schwer vertretbar.
       
       Warum sollte Berlin überhaupt seine Stromnetze wieder übernehmen und ein
       Stadtwerk gründen? 
       
       Aus Sicht der SPD ist es absolut vordringlich, die Energiewende auch sozial
       zu gestalten. Wir wollen mit einem Stadtwerk auch einer deutlichen Erhöhung
       der Energiepreise entgegentreten. Und bei den Netzen wollen wir die
       öffentliche Verantwortung für die Daseinsvorsorge stärken, das ist Kern
       unserer Politik in dieser Legislaturperiode.
       
       Kritiker warnen vor großen Risiken und neuen Schulden für das Land. 
       
       Wir sind davon überzeugt, dass sich das für die Berliner rechnen wird. Man
       darf zwar nicht dem Missverständnis unterliegen, aus der Netzgesellschaft
       und dem Stadtwerk eierlegende Wollmilchsäue machen zu können. Aber viele
       Kommunen bundesweit machen vor, wie man erfolgreich mit Netzen und
       Stadtwerken wirtschaften kann. Klar ist auch: Am Ende muss das Licht
       angehen, wenn man den Schalter drückt.
       
       25 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Puschner
       
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