# taz.de -- Russisches Agenten-Ehepaar verurteilt: Alias-Namen und gefälschte Pässe
       
       > Die Methoden mögen antiquiert erscheinen, doch Spionage bleibt Spionage.
       > Das Oberlandesgericht Stuttgart schickt ein russisches Agentenpaar ins
       > Gefängnis.
       
 (IMG) Bild: Das Agenten-Ehepaar Heidrun (hinten links) und Andreas Anschlag (vorn rechts) vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht.
       
       STUTTGART dpa | Mehr als 20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges muss ein
       russisches Agenten-Ehepaar wegen Spionage in Deutschland für mehrere Jahre
       hinter Gitter. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte den Angeklagten
       am Dienstag zu sechseinhalb Jahren und seine Frau zu fünfeinhalb Jahren
       Haft.
       
       „Sie lieferten ihrem Heimatland aus nächster Nähe einen Blick in die
       deutsche Seele“, sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Roggenbrod.
       
       Die „geheimdienstliche Agententätigkeit“ wiege schwer und habe für
       Deutschland einen deutlichen Souveränitätsverlust zur Folge gehabt. Die
       Beweislage sei so eindeutig wie nur selten [1][(Az.: 4b-3 StE 5/12]). Das
       Ehepaar hat österreichische Pässe, die es als Heidrun und Andreas Anschlag
       ausweist. Zuletzt lebten die Agenten sowohl im hessischen Marburg als auch
       im baden-württembergischen Balingen.
       
       Ihre wahre Identität kennt selbst das Gericht nicht. Die beiden sollen
       Russen sein. Hinter einer biederen Familienfassade haben sie nach
       Überzeugung des Strafsenats mehrere Hundert politische und
       militärpolitische Dokumente zu EU und Nato an den russischen Geheimdienst
       SWR geliefert.
       
       ## Ein Maulwurf in den Niederlanden
       
       Die Papiere stammten von einem Maulwurf im niederländischen
       Außenministerium. Für die Dienste sollen die Eheleute zuletzt rund 100.000
       Euro pro Jahr bekommen haben. 690.000 Euro hätten sie mit ihrer
       „Eichhörnchenmentalität“ angespart. Wo das Geld heute ist, weiß der Senat
       nicht.
       
       Unter anderem spreche die lange Dauer ihrer Agententätigkeit gegen die
       Angeklagten. „Der Senat hatte den Eindruck, er habe nur an der Spitze des
       Eisbergs gekratzt, der in 20 Jahren entstanden ist“, sagte Richterin
       Roggenbrod. Mit dem Urteil wolle der Senat auch klarmachen, dass bei
       Agententätigkeit hohe Strafen drohten.
       
       Die Übermittlungsmethoden des Paares wirken angesichts des weltweiten
       Cyberspionage-Skandals fast schon altbacken: Die beiden versteckten zum
       Beispiel USB-Sticks in Erdlöchern und übermittelten geheime Botschaften in
       Kommentaren zu Fußballvideos auf der Internetplattform Youtube. Die
       Vorsitzende Richterin sagte, der russische Nachrichtendienst schätze
       anscheinend trotz neuer Medien die erprobten Spionagemethoden.
       
       ## Hand in Hand
       
       Während der Senat beim Strafmaß für Andreas Anschlag unter den vom
       Bundesanwalt geforderten siebeneinhalb Jahren Haft blieb, fiel die Strafe
       für Heidrun Anschlag ein Jahr höher aus. Die Eheleute seien als gemischtes
       Agentendoppel aufgetreten und hätten wie Zahnräder ineinandergegriffen,
       sagte die Vorsitzende Richterin.
       
       Ob die Angeklagten Revision beantragen, ist noch offen. Die Verteidiger
       hatten mehrfach klargemacht, dass ihre Mandanten keineswegs „eiskalt“
       seien: Heidrun Anschlag brach beispielsweise im Gericht immer wieder in
       Tränen aus, wenn die Sprache auf ihre inzwischen erwachsene Tochter kam.
       
       Selbst diese soll bis kurz vor der Verhaftung nichts vom Doppelleben ihrer
       Eltern gewusst haben.
       
       2 Jul 2013
       
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