# taz.de -- Großbritannien schiebt Prediger ab: Abu Qatada erwartet „Terrorprozess“ in Amman
       
       > Seit acht Jahren hat die britische Regierung versucht, einen
       > islamistischen, al-Qaida-nahen Prediger an Jordanien auszuliefern. Am
       > Sonntag ist es gelungen.
       
 (IMG) Bild: Seine letzten Minuten auf britischem Boden: Abu Qatada kurz vor der Deportation
       
       DUBLIN taz | Nun sind sie ihn doch noch losgeworden. Großbritannien hat den
       islamistischen Prediger Abu Qatada in der Nacht zum Sonntag an sein
       Heimatland Jordanien ausgeliefert. Dort war er 1999 in Abwesenheit wegen
       terroristischer Verbrechen zu lebenslanger Haft und Zwangsarbeit verurteilt
       worden.
       
       Qatada, der mit richtigem Namen Omar Othman heißt, behauptete stets, die
       Beweise gegen ihn seien nur durch Folter angeblicher Komplizen zustande
       gekommen. Vor gut einer Woche unterzeichnete Jordanien ein Abkommen mit
       Großbritannien, wonach solche Beweise vor Gericht nicht verwertbar seien.
       Das Parlament in Amman und der König hatten dieses Abkommen abgesegnet.
       
       Qatada, 1960 in Bethlehem geboren, das damals von Jordanien kontrolliert
       wurde, hatte sich 1993 rechtzeitig mit Frau und fünf Kindern mit Hilfe
       gefälschter Pässe der Vereinigten Arabischen Emirate nach Großbritannien
       abgesetzt. Ein Jahr später erhielt er den Flüchtlingsstatus.
       
       Der britische Geheimdienst soll ihn dann angeworben haben, um ein Auge auf
       radikale algerische Flüchtlinge zu haben. Noch 1997 berichtete der MI-5,
       dass Qatada „nicht an den heiligen Krieg“ glaube. Das änderte sich nach den
       Attacken vom 11. September 2001 in den USA. Qatada begrüßte die Anschläge,
       er stieg alsbald zu „Osama bin Ladens rechter Hand in Europa“ auf, wie der
       spanische Richter Baltasar Garzón damals konstatierte.
       
       ## Im britischen Hochsicherheitsgefängnis
       
       Kurz bevor Großbritannien im Zuge der Anschläge in den USA weitreichende
       Antiterrorismusgesetze verabschiedete, die die Internierung Verdächtiger
       ohne Anklage ermöglichten, tauchte Abu Qatada unter. Es dauerte zehn
       Monate, bis ihn die Polizei in einer Sozialbauwohnung in Südlondon
       aufspürte und ins Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh steckte.
       
       Seit acht Jahren versuchte die britische Regierung, ihn an Jordanien
       auszuliefern. Das scheiterte zunächst an britischen Gerichten, und als die
       grünes Licht gaben, verbot der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
       in Straßburg die Auslieferung. Qatada verbrachte diese acht Jahre entweder
       im Gefängnis oder unter Hausarrest mit strengen Auflagen.
       
       Weil er gegen diese Auflagen verstoßen und ein Mobiltelefon benutzt hatte,
       musste er vor einigen Monaten wieder nach Belmarsh. Auch als sein Anwalt im
       Mai überraschend erklärte, dass „Herr Othman“ freiwillig mit Familie nach
       Jordanien ausreisen würde, sobald das Abkommen zwischen beiden Ländern
       unterzeichnet sei, blieb er weiterhin im Gefängnis, weil man
       „Dschihad-Akten“ in seinem Haus gefunden hatte: Sein ältester Sohn soll auf
       einem Memory Stick Videos gespeichert haben, die vom „Propagandaflügel von
       al-Qaida“ gedreht worden seien.
       
       ## David Camerons Blut kochte
       
       Seit Sonntagmittag sitzt Qatada in einem anderen Hochsicherheitsgefängnis –
       in Muwaqqar in der Nähe von Amman. 1,7 Millionen Pfund hat Großbritannien
       das Auslieferungsprozedere gekostet. Premierminister David Cameron äußerte
       sich erleichtert, dass die Sache vorbei sei. „Dieses Thema hat mein Blut
       zum Kochen gebracht“, sagte er. „Der Mann hatte kein Recht, in unserem Land
       zu sein. Es hat lange gedauert, und es war schwierig, aber wir haben es
       geschafft. Er ist zurück in Jordanien, und das ist eine großartige
       Nachricht.“
       
       Cameron deutete aber auch an, dass seine Regierung das britische Verhältnis
       zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüfen werde. Einen
       Rückzug aus diesem Gerichtshof wollte Cameron nicht ausschließen. Die
       Regierung wolle die „vielen Einspruchsmöglichkeiten für Ausländer, die wir
       deportieren möchten, beseitigen“, fügte Innenministerin Theresa May hinzu.
       Der erste Schritt sei das geplante neue Einwanderungsgesetz.
       
       7 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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       Weil ihn in Jordanien kein fairer Prozess erwartet, darf er nicht
       abgeschoben werden.