# taz.de -- Vergewaltigtes Mädchen in Chile: Elfjährige soll Mutter werden
       
       > Eine Elfjährige, die nach der Vergewaltigung schwanger ist, darf nicht
       > abtreiben. Sie ist kein Einzelfall. Jetzt wird das Abtreibungsrecht zum
       > Wahlkampfthema.
       
 (IMG) Bild: Fordert straffreie Abtreibung bei Vergewaltigung: Präsidentschaftskandidatin Michelle Bachelet.
       
       BUENOS AIRES taz | In Chile ist das Abtreibungsverbot bereits jetzt eines
       der ganz großen Themen im gerade beginnenden Wahlkampf für die
       Präsidentschaftswahl im November. Seit Wochen treibt der Fall einer von
       ihrem Stiefvater vergewaltigten Elfjährigen die chilenische Gesellschaft
       um. Mehrere Jahre lang soll das Mädchen von ihrem Stiefvater missbraucht
       worden sein. Jetzt ist sie im dritten Monat schwanger. Der Stiefvater sitzt
       in Untersuchungshaft.
       
       Jetzt wurde bekannt, dass bereits vergangenen Oktober eine 13-Jährige einen
       Jungen zur Welt brachte. Das Mädchen war vom leiblichen Vater seit ihrem
       siebten Lebensjahr missbraucht worden. „Wir haben uns für das Baby
       entschieden, weil es nur einen Schuldigen gibt. Er muss dafür bezahlen“,
       sagte die Mutter der 13-Jährigen im chilenischen Fernsehen.
       
       Vor allem junge ChilenInnen diskutieren in den sozialen Medien die
       Abtreibungsfrage. In Chile ist Abtreibung selbst im Falle einer
       Vergewaltigung oder aus medizinischen Gründen verboten. Der
       Gesetzesartikel, der beides erlaubte, wurde 1989 in den letzten Monaten der
       Pinochet-Diktatur abgeschafft. Seither ist ein Schwangerschaftsabbruch in
       Chile in allen Fällen verboten und Zuwiderhandlungen sind mit
       Gefängnisstrafen belegt. Außer in Chile ist in Lateinamerika jeglicher
       Schwangerschaftsabbruch nur in Honduras, Nicaragua, El Salvador, der
       Dominikanischen Republik und Surinam verboten.
       
       Die beiden Mädchen sind keine Einzelfälle. Nach einer Studie der für
       Sexualdelikte zuständigen Staatsanwaltschaft wurden im Jahr 2011 täglich 38
       Minderjährige missbraucht oder vergewaltigt. Die Dunkelziffer ist hoch. So
       erklärte die Mutter der Elfjährigen aus Puerto Montt, die Beziehung
       zwischen Stiefvater und ihrer Tochter sei „geduldet“ gewesen. Letztlich
       wurde der Fall von der Großmutter der Kleinen zur Anzeige gebracht. Nach
       Angaben des Gesundheitsministeriums brachten im vergangenen Jahr 873
       Mädchen unter 14 Jahren Kinder zur Welt.
       
       ## Für Rechte kommt Debatte ungelegen
       
       ## 
       
       Marco Enríquez-Ominami, Präsidentschaftskandidat der kleinen Partido
       Progresista, hat denn auch bereits alle KandidatInnen dazu aufgefordert,
       Stellung zur Abtreibungsfrage zu nehmen, ohne sich jedoch dabei selbst zu
       weit aus dem Fenster zu lehnen. Es gehe dabei nicht darum, mehr
       Abtreibungen zu erlauben. Der herrschende Gesetzestext aber verteidige
       nicht das Recht auf Leben, sondern die Familienordnung, so
       Enríquez-Ominami.
       
       Die ehemalige Präsidentin und aussichtsreichste Kandidatin, Michelle
       Bachelet, hat bereits klar geäußert. „In den Fällen von Vergewaltigung und
       bei vorliegenden medizinischen Gründen muss eine Abtreibung straffrei
       geregelt sein. In jedem Alter, aber besonders im Falle des kleinen
       Mädchens“, sagt die Sozialistin im Wahlkampf.
       
       Für den wichtigsten Kandidaten der Rechten, Pablo Longueira, kommt die
       Debatte äußerst ungelegen. Der erzkonservative Pinochetanhänger hat sich
       nicht nur gegen jegliche Lockerung des Abtreibungsrechts ausgesprochen,
       sondern auch gegen die Pille danach.
       
       10 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
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