# taz.de -- Versöhnliche Töne in Ägypten: Friede, Freude, Ramadan
       
       > „Eine Nation“ heißt die Versöhnungsinitiative, die Ägyptens
       > Übergangspräsident Mansur pünktlich zum Beginn des Fastenmonats startet.
       > Wer mitmacht, ist unklar.
       
 (IMG) Bild: Ob sie auch dabei sind? Anhängerinnen von Mohammed Mursi.
       
       KAIRO dpa/afp | Zum Beginn des Fastenmonats Ramadan hat das Amt des
       ägyptischen Übergangspräsidenten Adli Mansur eine Versöhnungsinitiative in
       der kommenden Woche angekündigt. In einer Erklärung vom Dienstagabend hieß
       es, Ziel des Vorstoßes sei es, die Spaltung in der ägyptischen Gesellschaft
       zu überbrücken und Blutvergießen zu vermeiden, berichtet die Zeitung
       Al-Ahram. Alle seien eingeladen, an dieser allumfassenden Initiative mit
       dem Namen „Eine Nation“ teilzunehmen. Es solle die humanitäre Basis für
       eine Koexistenz gelegt werden.
       
       Auch der neue Chef der Übergangsregierung, Hazem al-Beblawi, will
       offensichtlich Brücken bauen. Er will Vertreter der Partei für Freiheit und
       Gerechtigkeit an der Regierung beteiligen. Die Partei ist der politische
       Arm der Muslimbruderschaft, aus der der vor einer Woche gestürzte
       islamitische Präsident Mohammed Mursi stammt. Wie die staatliche
       Nachrichtenagentur Mena weiter schrieb, sollen auch Mitglieder der
       ultra-konservativen Nur-Partei der Übergangsregierung angehören.
       
       Die Muslimbruderschaft hat indes das Angebot zur Beteiligung an einer neuen
       Regierung ausgeschlagen: „Wir machen keine gemeinsame Sache mit
       Putschisten“, sagte ein Sprecher der Muslimbrüder am Mittwoch. Die
       Muslimbrüder wiesen „alles zurück“, was mit dem „Staatsstreich“ zu tun
       habe. Sie verlangen, dass Mursi wieder in sein Amt eingesetzt wird.
       
       In Kairo und anderen Städten demonstrierten am Dienstag erneut Zehntausende
       Anhänger der Muslimbruderschaft gegen die Absetzung Mursis. Im Gegenzug
       warnte das Oberkommando der bewaffneten Streitkräfte die Islamisten vor
       einer Fortsetzung ihrer Verweigerungspolitik. „Das Schicksal der Nation ist
       zu wichtig und zu heilig, als dass es – unter welchem Vorwand auch immer –
       Gegenstand von Manövern und Blockaden werden kann“, hieß es in der
       Erklärung, die am Dienstag im staatlichen Fernsehen verlesen wurde. Die
       Armee werde dies nicht hinnehmen, fügte der General hinzu.
       
       ## Nobelpreisträger als Vizepräsident
       
       Neuer Chef der Übergangsregierung ist der Ökonom und Sozialdemokrat Hazem
       al-Beblawi. Von Juli bis Dezember 2011 arbeitete er bereits als
       Finanzminister. Nach dem Sturz von Langzeitherrscher Husni Mubarak war er
       Mitbegründer der Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei. Der
       Friedensnobelpreisträger und liberale Politiker Mohammed El-Baradei wurde
       zum Vizepräsidenten an der Seite von Übergangspräsident Mansur ernannt.
       
       Das Militär hatte am Mittwoch vergangener Woche mit Mursi den ersten
       demokratisch gewählten Präsidenten des Landes entmachtet. Dem Islamisten
       folgte Übergangspräsident Mansur. Er erließ am Montagabend ein Dekret mit
       einem Fahrplan für Parlaments- und Präsidentenwahlen sowie ein
       Verfassungsreferendum. Die bisher regierende Muslimbruderschaft lehnte den
       Plan rundheraus ab.
       
       In seiner sogenannten Verfassungserklärung gab sich Mansur die Vollmacht,
       den Notstand für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten zu verhängen und
       bis zur Wahl des neuen Parlaments Gesetze zu erlassen. Auch die
       umstrittene, islamistisch geprägte Verfassung wird überarbeitet. Damit wird
       ein 15-köpfiger, hauptsächlich aus Richtern bestehender Ausschuss
       beauftragt.
       
       Der Ausschuss soll seine Vorschläge einer 50-köpfigen Versammlung vorlegen,
       die alle gesellschaftlichen Schichten repräsentieren soll. Über den neuen
       Text soll schließlich in einem Referendum abgestimmt werden. Danach soll
       ein neues Parlament gewählt werden, das dann rasch die Präsidentenwahl
       ansetzt. Der Vorstoß Mansurs kam, nachdem die Lage in Ägypten am frühen
       Montagmorgen dramatisch eskaliert war. Bei Zusammenstößen zwischen
       Islamisten und dem Militär in Kairo wurden nach offiziellen Angaben
       mindestens 51 Menschen getötet und 435 weitere verletzt.
       
       ## Vorsichtiger Optimismus
       
       Die USA äußerten sich positiv über den ägyptischen Plan für
       Verfassungsänderungen und Neuwahlen. „Wir sind vorsichtig optimistisch über
       die Ankündigung der Übergangsregierung. Wir glauben, das ist eine gute
       Sache“, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, in
       Washington. Alle Parteien sollten sich an dem Dialog über den
       demokratischen Prozess beteiligen und sich nicht verweigern.
       
       Carney bekräftigte, dass die US-Regierung weiterhin überlege, wie sie die
       Absetzung des Präsidenten Mursi durch das Militär nennen solle. Bislang
       vermeiden die Amerikaner, das Geschehen als Putsch zu bezeichnen. Die
       Konsequenzen einer Festlegung gingen weit darüber hinaus, ob die
       Hilfszahlungen an Kairo in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar (1,17 Milliarden
       Euro) weiter fließen dürften, sagte Carney. „Es betrifft den Kern unserer
       jahrzehntelangen Partnerschaft mit Ägypten.“ Zuvor hatte Carney klar
       gemacht, dass die USA weiterhin Militär- und Finanzhilfen an Ägypten zahlen
       wollten. Die Programme würden zumindest vorerst fortgesetzt.
       
       An diesem Mittwoch beginnt in Ägypten – wie auch in vielen anderen
       islamischen Ländern – der Fastenmonat Ramadan. In dieser Zeit nehmen
       gläubige Muslime zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang keine Nahrung
       und Getränke zu sich. Muslime gehen vermehrt in die Moschee. Für die
       rivalisierenden Lager bieten sich damit auch mehr Möglichkeiten, die
       Gläubigen für ihren Kurs zu mobilisieren.
       
       ## Finanzhilfen für Ägypten
       
       Derweil kündigten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate am
       Dienstagabend Hilfen in Höhe von acht Milliarden Dollar (6,3 Milliarden
       Euro) an, um Ägypten zu stabilisieren. Der Zeitplan, den Mansur zur
       Beendigung der Staatskrise vorlegte, stieß hingegen in den beiden Staaten
       überwiegend auf Ablehnung.
       
       Saudi-Arabiens Wirtschaftshilfe in Höhe von fünf Milliarden Dollar setze
       sich aus einer zinslosen Einlage in Ägyptens Zentralbank, einer Spende
       sowie dem Gegenwert für Gas- und Öllieferungen zusammen, meldete die
       staatliche Nachrichtenagentur SPA. Die Vereinigten Arabischen Emirate
       kündigten Hilfszahlungen in Form einer Spende und einer zinslosen Einlage
       in Höhe von zusammen drei Milliarden Dollar an.
       
       10 Jul 2013
       
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