# taz.de -- Tauziehen um Asyl für Edward Snowden: Moskaus Devise heißt Herunterspielen
       
       > Bei den russischen Behörden ist angeblich noch kein Antrag des
       > Ex-US-Geheimdienstlers eingegangen. Desen Chancen, unerkannt zu
       > entkommen, schrumpfen.
       
 (IMG) Bild: Edward Snowden bei einer Pressekonferenz mit russischen Menschenrechtlern am vergangenen Freitag.
       
       MOSKAU taz | Sobald der von den USA gesuchte Ex-Geheimdienstler Edward
       Snowden in Russland einen Antrag auf politisches Asyl stelle, werde dieser
       im Rahmen des üblichen Prozederes bearbeitet, sagte der Direktor der
       Einwanderungsbehörde in Moskau am Samstag.
       
       Auch Russlands Außenminister Sergei Lawrow gab sich am Rande eines Besuches
       in Kirgisien betont geschäftsmäßig, als handle es sich beim Fall Snowden
       lediglich um eine etwas kompliziertere Routinefrage. Das Außenministerium
       habe keinen Kontakt zu ihm, sagte Lawrow. Auch er habe wie alle anderen
       erst aus den Medien von den Fragen erfahren, die am Freitag zwischen
       Snowden und russischen Menschenrechtlern auf dem Moskauer Flughafen
       besprochen worden seien.
       
       Das offizielle Moskau versucht die delikate Angelegenheit
       herunterzuspielen, ohne dabei jedoch innen- und außenpolitisch auf den
       propagandistischen Gewinn verzichten zu wollen. Whistleblower Snowden sitzt
       seit knapp drei Wochen im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo fest.
       Am Freitag hatte er dort russische Bürgerrechtler gebeten, ihn wegen eines
       Asylgesuchs zu beraten. Danach teilte er mit, er werde vorübergehend in
       Russland politisches Asyl suchen, bevor er in ein südamerikanisches Land
       weiterreise.
       
       Damit waren zumindest Zweifel beseitigt, ob Snowden sich überhaupt noch in
       Russland aufhalte. Es war der erste öffentliche Auftritt des Flüchtigen.
       Venezuela, Bolivien und Nicaragua hatten sich bereit erklärt, den
       30-Jährigen aufzunehmen. Bis jetzt ist jedoch nicht geklärt, wie der
       US-Bürger ohne gültige Papiere den Transitbereich verlassen und in ein
       Drittland ausreisen kann.
       
       Die Chancen für Snowden, unerkannt zu entkommen, schrumpfen. Ein Telefonat
       zwischen US-Präsident Barack Obama und Kremlchef Wladimir Putin, das auf
       Betreiben Obamas in der Nacht auf Samstag stattfand, scheint auch
       ergebnislos verlaufen zu sein.
       
       ## Kein Auslieferungsabkommen zwischen Russland und den USA
       
       Die USA warnten Russland davor, das Asylgesuch anzunehmen. Snowden dürfe
       keine „Propaganda-Plattform“ geboten werden, sagte Obamas Sprecher Jay
       Carney. Durch eine Asyl-Gewährung würde Moskau seine bisherige Neutralität
       aufs Spiel setzen.
       
       Die USA bestehen auf Snowdens Auslieferung. Kremlchef Putin lehnt dies
       indes ab und kann sich dabei auch auf russisches Recht berufen. Ein
       bilaterales Auslieferungsabkommen mit den USA existiert nicht. Da dem
       Delinquenten überdies die Todesstrafe drohen könnte, ist eine Auslieferung
       auch nicht zulässig. Sie würde die Europäische Menschenrechtskonvention
       verletzen, sagte der Menschenrechtsbeauftragte des Kreml Michail Fedotow.
       Für Moskau sei es deshalb auch keine Option, den IT-Experten gegen in den
       USA inhaftierte Russen auszutauschen.
       
       Trotz der „Show um den Asylantrag“ halte Russland den Enthüller für seriös
       und erkenne seine Verdienste an. „Er hat die Öffentlichkeit auf diesen
       abscheulichen Missbrauch aufmerksam gemacht und im Interesse der
       internationalen Zivilgesellschaft gehandelt“, sagte Fedotow dem Focus.
       
       Wladimir Putin kostet es zweifellos aus, sich in diesem Fall als Hüter der
       Menschenrechte und Schutzpatron eines US-Bürgerrechtlers zu präsentieren.
       Es ist eine Retourkutsche für die westliche Kritik an seiner autoritären
       Staatsführung. Und dennoch kann der Kreml den Triumph nicht voll auskosten.
       Zur Schadenfreude gesellt sich das ungute Gefühl, die Affäre könnte für
       Moskau noch unangenehme Folgen haben.
       
       Offiziell betreibt der Kreml daher Schadensbegrenzung und behandelt den
       Fall als ein humanitäres Problem. Wenn Snowden weiter den USA mit
       Enthüllungen schade, sei „Asyl ausgeschlossen“, so zitierte die Zeitung
       Kommersant am Samstag einen führenden Mitarbeiter des Präsidialamtes – eine
       Bedingung, die schon Putin gestellt hatte.
       
       Snowden scheint sich inzwischen darauf einzulassen, wie der
       Duma-Abgeordnete Wjatscheslaw Nikonow nach dem Treffen auf dem Flughafen
       sagte. Nikonow ist Mitglied der Kreml-Partei und Enkel des sowjetischen
       Außenministers Wjatscheslaw Molotow, der sich in Verhandlungen mit den
       Westmächten im Ost-West-Konflikt durch besondere Unzugänglichkeit
       auszeichnete.
       
       Der Fall bringt auch russische Bürgerrechtler in Nöte. Zusammen mit
       Geheimdienstlern machten sie sich am Freitag für die Aufnahme Snowdens in
       Moskau stark. Internationalen Schutz für Snowden forderte auch die
       UNO-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. Könnte der Ex-Geheimdienstler
       Putin indes nach seinem Gefühl handeln, so meinen viele russische
       Beobachter unterdessen, würde er den Flüchtigen ausliefern. Nach dem
       universalen Kodex der Geheimdienste ist Snowden ein Verräter.
       
       14 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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