# taz.de -- Ärger um Bushido: Kein Killer, sondern Rapper
       
       > Bushido ruft in einem Song zu Mord auf und zeigt wegen seiner Hasstiraden
       > keine Reue. Sollte er aber auch gar nicht - denn auch schlechte Kunst
       > muss erlaubt sein.
       
 (IMG) Bild: Bushido ist eine „dumme Wurst“ - findet jedenfalls Bild-Kolumnist Franz-Josef Wagner.
       
       Schon wieder der. Möchte man eigentlich sagen. Und sich nicht weiter
       kümmern um die neuerliche Causa Bushido. Denn lang schon ist’s langweilig.
       Die ewigen Provokationen von der einen Seite. Und die ewige, reflexhafte
       Empörung von der anderen. Zudem der Erregungskreislauf, der nur dazu dient,
       einem kommerziell kriselnden Unterhaltungsunternehmer Aufmerksamkeit zu
       beschaffen. Am besten hätte man Bushidos Song „Stress ohne Grund“ einfach
       ignoriert.
       
       Geht aber nicht. Leider. Vielleicht weil Sommerloch ist, ist Bushido doch
       wieder Thema geworden, und wieder mal nimmt die Diskussion den erwartbaren
       Verlauf: Der eine sagt etwas, das die die anderen herabwürdigt. Die anderen
       sind tief betroffen und lassen von ihren Anwälten untersuchen, ob
       rechtliche Schritte einzuleiten seien.
       
       Der eine beruft sich auf die Freiheit der Kunst, relativiert aber
       sicherheitshalber schon mal seine Aussagen. Politiker äußern sich,
       Soziologen werden befragt, Mütter sind besorgt, andere Schlagersänger sind
       noch besorgter, und die Bundesprüfstelle tut, was sie immer tut: sie prüft.
       
       ## Konsens der Mehrheitsgesellschaft
       
       Das alles wäre nicht weiter der Erwähnung wert, kristallisierte sich nicht
       aus dieser Diskussion langsam ein irritierender Tenor heraus: Dieser
       aufmüpfige Sohn eines Tunesiers und einer Deutschen tanzt uns schon viel zu
       lange auf der Nase herum. Wie stopfen wir - nachdem selbst die
       Stern-Enthüllungen nicht einmal ein klitzekleines Gerichtsverfahren nach
       sich zogen - diesem Bushido, der jetzt auch noch einen provozierend
       islamistisch anmutenden Vollbart trägt, bloß endlich die Schnauze?
       
       Sieht man sich die Politikeräußerungen und Medienkommentare an, von Volker
       Beck, der meint, dass man Bushido ruhig verurteilen könne, weil er
       „künstlerisch nicht viel drauf hat“, bis zu Bild-Kolumnisten Franz-Josef
       Wagner, der den Rapper rassistisch mit einem „Brüllaffen“ vergleicht,
       scheint sich diese Haltung langsam zum Konsens der Mehrheitsgesellschaft zu
       entwickeln.
       
       Als wäre die veröffentlichte Meinung in diesem Land immer noch beleidigt,
       dass sie Bushido einst auf den Leim ging, ihn zum Vorzeigemigranten kürte
       und als A-Prominenten in ihre Klatschspalten aufnahm, reagiert sie nun umso
       eingeschnappter. Allen voran die Politik, die vor nicht langer Zeit den
       Bundestagspraktikanten Bushido gern langfristig in ihren Schoß aufgenommen
       hätte.
       
       Das erste Opfer dieses Konsens ist, wie üblich wenn sich die
       Mehrheitsmeinung und der gute Geschmack zum alleinigen Wertmaßstab
       aufschwingen, die Kunstfreiheit und deren große Schwester, die
       Meinungsfreiheit. Denn sicherlich ist es nicht schön für Claudia Roth oder
       Serkan Tören, wenn ihnen ihre Ermordung angedroht wird.
       
       ## Genuss eines besonderen Schutzes
       
       Aber Bushido ist von Beruf eben nicht Auftragskiller, sondern Rapper. Als
       solcher genießen seine Aussagen unabhängig von ihrer künstlerischen
       Qualität einen besonderen Schutz. Ebenso wie die von Filmregisseuren, in
       deren Werken haufenweise Menschen bestialisch ermordet werden. Denn die
       Freiheit der Kunst besteht eben auch darin, etwas Falsches behaupten oder
       Geschmackloses sagen zu dürfen.
       
       Die Freiheit der Kunst besteht auch darin, schlechte Kunst sein zu dürfen.
       Kunst darf, soll, ja muss alles sein können. Schon weil niemand
       letztinstanzlich entscheiden kann, was bessere oder schlechtere Kunst ist.
       
       Was ist mehr wert, das Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle oder das
       Pissoir an der Museumswand? Ein Lied von Johnny Cash, der einst sang „I
       shot a man in Reno just to watch him die“, oder eine Gewaltphantasie von
       Bushido? Christoph Schlingensief, der 1997 „Tötet Helmut Kohl“ forderte,
       oder Bushido im Jahr 2013?
       
       16 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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