# taz.de -- Kommentar Jonathan Meese: An Hitler verhoben
       
       > Noch gibt es kein Urteil gegen Jonathan Meese wegen seines Hitlergrußes.
       > Aber die entscheidende Frage ist ohnehin nicht juristischer, sondern
       > ästhetischer Art.
       
       Kann man den Hitlergruß neutralisieren? Zum Glück musste das Kasseler
       Amtsgericht gestern nicht über diese Jahrhundert-Frage entscheiden. Eben
       diese Idee, so vertraute es Jonathan Meese dem Spiegel an, steht hinter der
       abgedroschenen Provokationsgeste, die ihn vor Gericht brachte.
       
       Dass die Richter ausgerechnet in der Documenta-Stadt nicht sofort auf die
       „Freiheit der Kunst“ erkannt, sondern den Prozess vertagt haben, mag deren
       Freunde empören. Anselm Kiefer hat’s getan, Martin Kippenberger und Laibach
       habens getan. Warum nicht Jonathan Meese?
       
       Wobei wir uns natürlich freuen, dass die Richter jeden öffentlichen
       Gebrauch von NS-Symbolen nun so rasch untersuchen, nachdem Justiz und
       Strafverfolgung im Fall des NSU so viel Langmut an den Tag gelegt haben.
       Wobei die brennenden Kreuze und der Hitlergruß, mit denen dessen Geschichte
       begann, eher ein Beitrag zum nazistischen Realismus waren als zum
       dadaistischen Neoexorzismus.
       
       Wie auch immer das Urteil bei Meese am Ende ausfallen wird. Die Frage, ob
       der Große Symbol-Neutralisierer Erfolg haben wird, wird nicht juristisch,
       sondern ästhetisch entschieden. Und da könnten einen Zweifel befallen, ob
       der „Babysoldat der Diktatur der Kunst” seinem selbstgestellten
       Kommandounternehmen gewachsen ist.
       
       Bei dessen performativer Durchführung wirkt er mitunter wie ein Schüler von
       Sigmar Polke: Höhere Wesen befahlen: Hitlergruß neutralisieren! Wer, wie
       Meese in seinen „Ausgewählten Schriften”, das Hakenkreuz als “das
       präziseste Symbol aller Zeiten” bezeichnet, offenbart ein etwas schwammiges
       ästhetisches Urteilsvermögen. Und wer das Zeichen aller Zeichen immer nur
       wiederholt, „neutralisiert” es nicht. Er perpetuiert es. Und langweilt
       damit inzwischen selbst seine treuen Fans.
       
       Jonathan, der Erzritter gegen die faschistischen Codes? An A.H., dem
       „süßesten Stofftier der Kunst” (Meese) könnte sich selbst das verknuddelte
       Grußarmmonster aus Hamburg-Ahrensburg noch ganz schön verheben.
       
       19 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arend
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jonathan Meese
 (DIR) Hitlergruß
 (DIR) Martin Kippenberger
 (DIR) Kassel
 (DIR) Jonathan Meese
 (DIR) Jonathan Meese
 (DIR) Jonathan Meese
 (DIR) Jonathan Meese
 (DIR) Hitlergruß
 (DIR) Hitlergruß
 (DIR) Richard Wagner
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kündigung von Jonathan Meese: Bayreuths verpasste Chance
       
       Er war fest für den „Parsifal“ 2016 gebucht. Nach dem Rausschmiss äußert
       Jonathan Meese Kritik an den Festspielen – und trifft den Kern.
       
 (DIR) „Parsifal“ 2016 braucht neue Regie: Meese zu teuer für Bayreuth
       
       Eigentlich sollte Jonathan Meese 2016 in Bayreuth den „Parsifal“
       inszenieren. Doch den Festspielen war sein Konzept schlichtweg zu teuer.
       
 (DIR) Kommentar Meese-Urteil: Ein Urteil für die Kunstfreiheit
       
       Als Künstler beharrt Jonathan Meese auf seinem Recht, geschmacklos zu sein.
       Gut, dass man das vor Gericht auch so sieht.
       
 (DIR) Prozess gegen Künstler Meese: Heil Freispruch!
       
       Den Hitlergruß zu zeigen, ist strafbar. Doch wann ist es Kunst? Darüber hat
       das Amtsgericht Kassel entschieden und den Künstler Jonathan Meese
       freigesprochen.
       
 (DIR) Richter verweigert Handschlag: Hitlergruß-Prozess vertagt
       
       Die Verteidigung wirf einem der Richter „grobe Unsachlichkeit“ vor. Per
       Befangenheitsantrag wurde der Hitlergruß-Prozess gegen Jonathan Meese
       unterbrochen.
       
 (DIR) Jonathan Meese vor Gericht: Selbst schuld, wer’s ernst nimmt
       
       Ein Kasseler Gericht will's wissen: Hat der Künstler Jonathan Meese
       „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ verwendet?
       
 (DIR) 200. Geburtstag des Komponisten: Hör ich Wagner, denk ich Blutwurst
       
       Am Mittwoch jährt sich der Geburtstag Richard Wagners zum 200. Mal. Eine
       Betrachtung zwischen Nazi-Kult und Bügeleisen.