# taz.de -- Halbfinale Frauen-EM: Der Antrieb der Antreiberin
       
       > In Göteborg geht es am Mittwoch gegen die Gastgeberinnen. Spielerin
       > Simone Laudehr will sich trotz Knorpelschaden in das Finale kämpfen.
       
 (IMG) Bild: Simone Laudher (Mitte) feiert ihr Tor gegen Italien mit Celia Okoyino da Mbabi (l.) und Lena Lotzen
       
       VÄXJÖ taz | So ein Event kann schneller enden als gedacht. Auf dem
       Stortorget von Växjö, dem zentralen Platz, hatten muskelbepackte Männer mit
       schwerem Gerät am Montag bereits zur Mittagszeit ganze Arbeit geleistet.
       Der Kunstrasen vom Mini-Spielfeld, auf dem die deutsche Elf am Sonntag
       [1][1:0 gegen Italien] gewonnen hat, wurde ebenso auf Lastwagen verladen
       wie der Quarzsand vom Beachvolleyball-Platz. Nur das Stahlrohrgerippe des
       Festzelts erinnerte noch an die Fanzone, die hier anlässlich der Frauen-EM
       stand.
       
       Die südschwedische Kleinstadt verabschiedet sich also aus dem Turnier,
       nicht aber die hier beherbergte deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Weiter
       statt Heimreise heißt es nach dem Kraftakt gegen Italien. Nach dem
       Frühstück regenerierten die Spielerinnen letztmals im Schwimmbad des
       Quartiers, nach dem Mittagessen brauste der Bus westwärts. Gen Göteborg.
       
       Dort steigt im Gamla-Ullevi-Stadion am Mittwoch zwischen Schweden und
       Deutschland das erste Halbfinale (20.30 Uhr, [2][ZDF]), zu dem sich auch
       Wolfgang Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußballbundes, angesagt
       hat. Die Präsenz der DFB-Spitze kann nicht schaden, wenn sich die
       Einheimischen gegen den deutschen Frauenfußball verbünden. Im Gastgeberland
       finden sich nach dem 4:0 im Viertelfinale gegen Island Jubelfotos der
       schwedischen Fußballerinnen auf allen Titelseiten, es gibt
       Sonderveröffentlichungen auf langen Strecken – und natürlich die ersten
       feinen Spitzen.
       
       „Die Deutschen bluffen nur“, wird Lotta Schelin zitiert. Mit der
       Außenseiterrolle solle bitteschön der Seriensieger nicht kokettieren – eine
       Reaktion darauf, dass Torhüterin Nadine Angerer und Silvia Neid behaupten,
       „definitiv nicht der Favorit zu sein“. Schwedens Superstar hat oft genug am
       eigenen Leib erfahren, zu welchen Willensanstrengungen deutsche
       Spielerinnen fähig sind, wenn es ernst wird.
       
       ## Aufbautraining in der Nachtschicht
       
       Und es ist bestimmt kein Zufall, dass das „Super-Semin“ (Expressen), das
       super Semifinale, mit dem Konterfei von Lotta Schelin und Simone Laudehr
       bebildert wird. Wenn jemand als Symbolfigur für deutschen Widerstandsgeist
       taugt, dann die Powerfrau, die einfach einem Knorpelschaden vierten Grades
       trotzt. Sie war es, die gegen Italien das Siegtor angebracht hat. Noch vor
       wenigen Monaten äußerte die Mittelfeldspielerin des 1. FFC Frankfurt
       gegenüber ihrem Fitmacher Michael Menn ernste Zweifel, ob sie die
       Vorbereitung aufnehmen könne; noch vor wenigen Wochen räumte sie Bedenken
       ein, ob sie es in den Kader schaffe. In der Rückrunde der Frauen-Bundesliga
       hatte die 27-Jährige keine Minute mitgemacht, nur einmal Ende Mai in der
       zweiten FFC-Mannschaft, „das war natürlich wenig“.
       
       Doch Silvia Neid hält viel von Akteuren, die sich behaupten wollen. Und
       Simone Laudehr hat Vertrauen schon in der U19 mit Taten zurückgezahlt. Und
       Toren. Unnachahmlich, wie sie im WM-Finale 2007 gegen Brasilien die Kugel
       zum 2:0 einköpfte und ungeniert ihren Waschbrettbauch präsentierte;
       unvergessen, wie sie bei der WM 2011 gegen Nigeria mit dem 1:0 die Fesseln
       löste. Nun nominierte die Bundestrainerin ihre Nummer sechs als ersten
       Prellbock am linken Flügel. „Ich brauche zweikampfstarke Spielerinnen. Und
       die Simon’ hat mit die besten Ausdauerwerte.“
       
       Die gebürtige Regensburgerin bringt in die Gemeinschaft einen inneren
       Antrieb ein, von der ein Tattoo erzählt. Weil ihre Mutter Doina, eine
       frühere Leichtathletin, aus Rumänien stammt, prangt in rumänischer Sprache
       eine Botschaft, die von Gesundheit, Kraft und Zuversicht erzählt. Den Text
       präsentierte sie im WM-Hype 2011 am Oberarm, im EM-Sommer 2013 gingen die
       Blicke hinunter – Richtung Oberschenkel, als Simone Laudehr in Växjo nach
       dem Viertelfinale auf ihr kaputtes Knie zeigte, über das der Stutzen nach
       Art ihres Vorbilds Bastian Schweinsteiger gezogen war: „Da fehlt noch ein
       bisschen.“
       
       Also wird sie sich auch im Mannschaftshotel in Göteborg häufiger ein
       Plätzchen neben dem Bett suchen, um ihre Stabilisationsübungen zum
       Muskelaufbau fortzusetzen. „Es hat sechs, sieben Monate gebraucht, um 100
       Prozent fit zu werden. Um auf 120 Prozent zu kommen, muss ich mehr tun und
       brauche noch mehr Spielpraxis.“ Die Welt- und Europameisterin signalisiert
       jedenfalls Bereitschaft, sich aufzuopfern bis zum [3][Finale am nächsten
       Sonntag] in Solna. Denn: „Wir haben jetzt keine Angst vor irgendjemand. Und
       irgendwann laufen die Beine von alleine.“
       
       24 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
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