# taz.de -- Frauenfußball-EM in Schweden: Heißer als Zlatan
       
       > Fußballlehrerin Pia Sundhage ist die Architektin des schwedischen
       > Erfolgs. In ihrer Heimat gilt sie bereits als Lichtgestalt.
       
 (IMG) Bild: Hat bisher alles richtig gemacht: Schwedens Trainerin Pia Sundhage
       
       GÖTEBORG taz | Das Bild könnte aus der Steinzeit des Frauenfußballs
       stammen. Die Schwarzweißaufnahme aus dem Mai 1984 im englischen Luton zeigt
       eine Fußballerin mit durchnässtem Haar, bis auf die Knöchel gerollten
       Stutzen und absurd kurzen Hosen, die [1][freudestrahlend vom Elfmeterpunkt
       wegläuft]. Sie hat gerade den Strafstoß verwandelt, um den Schwedinnen den
       ersten EM-Titel im Frauenfußball zu bescheren.
       
       Das Motiv, abgedruckt in der Uefa-Broschüre zur mittlerweile elften
       EM-Auflage, zeigt Pia Sundhage. Sie selbst erinnert sich an jedes Detail.
       „Ich habe diese Situation geliebt, denn es hieß: Jetzt oder nie.“ Der
       damalige Coach Ulf Lyfors hatte vorher in der Kabine gefragt, wer denn den
       letzten Elfer treten wolle. Es meldete sich die heutige Nationaltrainerin.
       
       Nie mehr haben die Schwedinnen seitdem das kontinentale Kräftemessen
       gewonnen; vor allem weil Deutschland, am heutigen Mittwoch der Gegner in
       Göteborg, dem so oft im Weg stand. Auch deswegen ist Ende des vergangenen
       Jahres die 53-Jährige zurückgeholt worden, die wie keine andere in der
       Frauenfußball-Nation Schweden vergöttert wird. Sie ist eine Lichtgestalt.
       Vergleichbar mit der Stellung eines Franz Beckenbauer hierzulande.
       
       Auch Pia Sundhage wird herumgereicht, angesprochen und ausgefragt. Unlängst
       bekannte sie allerdings, kurz vor einem Nervenzusammenbruch gestanden zu
       haben. Ungewöhnlich für eine, die sich als Tausendsassa geriert. Das eine
       Mal widmet sie ihrem Bruder einen Song, das andere Mal lädt sie die
       Pippi-Langstrumpf-Darstellerin Inger Nilsson zu einem Lehrgang ein, um dann
       wieder zur Gitarre greifen und „The times they are a-changin“ von Bob Dylan
       stilecht zu imitieren. Aber sie als Unikum zu titulieren, würde ihrer
       Fachkenntnis nicht gerecht.
       
       ## Traumatische Erinnerungen
       
       Alle Stellschrauben, die diese charismatische Fußballlehrerin bislang
       betätigte, waren richtig. Nilla Fischer, die blonde Powerfrau, nach hinten
       zu ziehen, entpuppt sich genauso als Glücksgriff, wie vorne Platz für Lotta
       Schelin, den Superstar von Olympique Lyon, und Kosovare Asslani, die
       Dribblerin, zu schaffen. Nur wird das Trio von der Trainerin stets
       übertroffen. „Pia ist heißer als Zlatan“, titelte am Dienstag Aftonbladet.
       Das Boulevardblatt schob für den Showdown „Sverige – Tyskland“ sogar das
       Interview mit Zlatan Ibrahimovic hinter die acht Sonderseiten zur
       Frauen-EM.
       
       Einschätzungen und Expertisen werden allerorten eingeholt, um Schwedens
       traumatische Erinnerungen der Historie zu vertreiben. „Deutschland ist
       nicht das alte Deutschland. Aber Deutschland ist Deutschland“, hat Lotta
       Schelin gesagt, und der Widerspruch kennzeichnet die Gemütslage.
       
       Einerseits haben die Schwedinnen ihre zwei verschossenen Elfmeter im
       Auftaktspiel gegen Dänemark (1:1) mit den Siegen gegen Finnland (5:0),
       Italien (3:1) und Island (4:0) leicht aus den gelb-blauen Kleidern
       geschüttelt. Andererseits kommen nun große Erwartungen auf sie zu. Aber die
       Losung der grauhaarigen Chefin lautet: „Wir müssen den Druck umarmen.“
       
       ## Motivationskünstlerin
       
       Wenn einer das abgenommen wird, dann der Motivationskünstlerin aus
       Ulricehamn, einem idyllischen Fleckchen eine Autostunde von Göteborg
       entfernt. Ihre überragende Rhetorik hat schon von 2008 bis 2012 die
       US-Girls beeindruckt. Als das Team USA bei den Olympischen Spielen in
       London das zweite Mal Gold gewann, sagte Torjägerin Abby Wambach: „Unsere
       Trainerin strahlt eine derartige Freude und Faszination aus, dass du dir
       denkst, okay, dann machen wir das halt.“ Im prüden Amerika hatte es Pia
       Sundhage sogar geschafft, als bekennende Lesbe aufzutreten.
       
       Doch die Rückkehr zum schwedischen Nationalteam, für das sie selbst in 146
       Länderspielen 71 Tore schoss, war ein Lebenstraum. Überall heißt es, sie
       habe den amerikanischen Spirit zum schwedischen Team übertragen. Mit dem
       Titel würde sich ein Kreis schließen. Könnte nur sein, dass es dafür wieder
       gute Nerven am Kreidepunkt braucht. Aber vielleicht fragt sie ja vorher,
       wer sich das zutraut.
       
       23 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=OlxATZc1hy4
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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