# taz.de -- Standortfrage: Kein Asyl im Nazi-Kiez
       
       > Treptow-Köpenick wehrt sich gegen ein Flüchtlingsheim in der
       > Neonazihochburg Schöneweide. „Für die Flüchtlinge wäre das der blanke
       > Horror“, sagt der Bürgermeister.
       
 (IMG) Bild: Zum Henker: Eine bei Neonazis beliebte Kneipe in Schöneweide
       
       Wo viele Neonazis sind, sollen keine Flüchtlinge wohnen. Dieser Ansicht ist
       der Bezirk Treptow-Köpenick und will deswegen in Schöneweide kein
       Asylbewerberheim einrichten.
       
       Der Bezirk muss neue Heimplätze schaffen, da er die zwischen den Bezirken
       vereinbarte Quote nicht erfüllt. Im Gespräch war dabei auch ein Standort in
       Schöneweide. Doch dagegen wehrte sich der Bezirk erfolgreich, wie nun
       bekannt wurde. Begründung: Wegen der vielen Neonazis könne man aus
       Sicherheitsgründen keine Flüchtlinge dorthin schicken. Die Landesbehörden
       wollen dazu keine Stellung beziehen. Das Landesamt für Gesundheit und
       Soziales, das für die Asylbewerberheime zuständig ist, leitete eine
       taz-Anfrage an die Senatsverwaltung für Soziales weiter. Deren Sprecherin
       teilte lediglich mit, dass bei der Auswahl der Standorte „sowohl die
       gegebene Infrastruktur als auch die Sicherheit der Asylbewerber von
       Bedeutung“ sei.
       
       Die Entscheidung gegen Schöneweide dürfte noch für Diskussionen sorgen.
       Denn in jüngster Zeit wird in Berlin heftig darüber gestritten, wo
       Flüchtlinge untergebracht werden. Fast überall, wo ein Asylbewerberheim
       eröffnet werden soll, protestiert zumindest ein Teil der künftigen
       Nachbarn. Besonders heftig ist die Situation derzeit in Hellersdorf, wo
       eine Bürgerinitiative gegen eine Unterkunft mit 400 Plätzen mobil macht,
       die in Kürze bezogen werden soll. Auf einer Informationsveranstaltung des
       Bezirks vor drei Wochen konnten rechtsextreme RednerInnen ungestört ihre
       Hetze verbreiten. Und viele aus der Mitte der Gesellschaft stimmten mit ein
       in die Rufe „Nein zum Heim“.
       
       Als möglicher Standort für ein Asylbewerberheim in Treptow-Köpenick wurde
       laut Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) vor einigen Monaten ein Gebäude
       in der Steffelbauerstraße in Oberschöneweide diskutiert. Der Bezirk muss
       auch deshalb handeln, weil eine Notunterkunft mit 138 Plätzen nur
       vorübergehend betrieben wird.
       
       Für Igel ist die Sache jedoch klar: „Schöneweide ist durch rechtsextreme
       Kreise belastet“, sagte er der taz. Unabhängig vom genauen Standort hält er
       es für unverantwortlich, Asylbewerber in Schöneweide unterzubringen. Es sei
       nicht weit hergeholt, dass Menschen, die ein bisschen anders aussehen, dort
       „angepöbelt und körperlich angegriffen“ werden. Für Flüchtlinge, die oft
       traumatisiert sind, wäre es „der blanke Horror“, wenn sie dort leben
       müssten. „Die Verantwortung, dass es zu Übergriffen kommen könnte, kann ich
       nicht auf mich nehmen.“ Mit der Eröffnung eines Heimes würde man einen
       Konflikt schaffen, „der möglicherweise explodiert“.
       
       Schöneweide ist seit Langem als Neonazihochburg bekannt. Mehrere
       Treffpunkte der rechtsextremen Szene befinden sich dort. In der
       Brückenstraße in Niederschöneweide gehen die Neonazis in der Kneipe „Zum
       Henker“ ein und aus. Im Angebot: Der „Himla“-Coctail, der auf den
       NS-Verbecher Heinrich Himmler anspielt. Der NPD-Landeschef Sebastian
       Schmidtke führt ein paar Meter weiter den Szeneladen „Hexogen“. In einem
       Büro der Linkspartei in der Brückenstraße werden regelmäßig die Scheiben
       eingeworfen, auch das Büro der Jusos wurde schon Ziel von Anschlägen. Am 1.
       Mai haben in Schöneweide 400 Rechtextreme demonstriert.
       
       Die Neonazis in Schöneweide bildeten „aufgrund der Masse ihrer Aktivisten
       (...) einen Schwerpunkt des aktionsorientierten Rechtsextremismus in
       Berlin“, heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Sie seien
       bestrebt, den eigenen Kiez gegen Ausländer und Linke zu „verteidigen“. Das
       zivilgesellschaftliche „Register Treptow-Köpenick“ hat für das vergangene
       Jahr allein in Niederschöneweide 68 rassistische, antisemitische und
       rechtsextrem motivierte Vorfälle dokumentiert.
       
       Sind die Nazis nun ihrem Ziel einer „national befreiten Zone“ näher
       gekommen, wenn in Schöneweide keine Asylbewerber untergebracht werden?
       
       Bezirksbürgermeister Igel sagt, er sehe das nicht so. Er glaube auch nicht,
       dass die Neonazis es als Erfolg ausschlachten können. Man gebe den Kampf
       gegen die Nazis ja nicht auf. Auch wohnten dort nach wie vor Menschen mit
       Migrationshintergrund. Von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) war keine
       Stellungnahme zu bekommen. Seine Sprecherin richtete aus, er sei im Urlaub
       und könne sich deswegen nicht zu der Sache äußern.
       
       Siehe auch: [1][Pro & Contra]
       
       1 Aug 2013
       
       ## LINKS
       
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