# taz.de -- Pädophiler in Marokko begnadigt: König erzürnt das Volk
       
       > König Mohammed VI. steht am Pranger – das ist neu in Marokko. Er hatte
       > einen Kinderschänder begnadigt. In Marokko werden im Schnitt 71 Kinder am
       > Tag vergewaltigt.
       
 (IMG) Bild: Juan Carlos und Mohammed IV. (r) im Juli gemeinsam in Rabat.
       
       MADRID/RABAT dpa | „Das ist eine Schande, die Kinder des Volkes sind in
       Gefahr!“, schrien die Demonstranten, bevor sie von Stoßtrupps der
       marokkanischen Polizei niedergeknüppelt und auseinandergetrieben wurden.
       Die Kundgebung vor dem Parlament in Rabat lösten die Beamten zwar ebenso
       schnell wie brutal auf, die Wut über die Begnadigung eines spanischen
       Kinderschänders durch König Mohammed VI. konnten sie aber keinesfalls
       eindämmen.
       
       Im Gegenteil: Die wütenden Bürger wollen nun aus allen Landesteilen nach
       Casablanca fahren und dort am Dienstag und Mittwoch mit vereinten Kräften
       noch lauter protestieren.
       
       Eine für Marokko ungewöhnliche Welle der Empörung und des Zorns geht
       während des Ramadans durchs nordafrikanische Land. „Erstmals wird bei uns
       eine persönliche Entscheidung des Königs in Frage gestellt“, erklärte der
       Menschenrechtsaktivist Fouad Abdelmoumni der spanischen Zeitung El País.
       Die Begnadigung sei unverantwortlich gewesen und schaffe ein großes
       Sicherheitsproblem für das Land, fürchtet er. Auch der Präsident des
       Menschenrechts-Verbandes AMDH, Ahmed Al-Haj, klagt: „Diese Maßnahme fördert
       die Straflosigkeit.“
       
       Der sexuelle Missbrauch von Kindern war in Marokko schon vor dem Fall des
       2011 zu 30 Jahren Haft verurteilten und nun auf freien Fuß gesetzten
       64-jährigen Daniel Fino Galván ein zündstoffgeladenes Thema. Die
       Nichtregierungsorganisation „Touche pas à mon enfant“ (Fasse mein Kind
       nicht an) schätzt die Zahl der jährlich im Königreich vergewaltigten Kinder
       auf 26.000 – 71 pro Tag also. Auf das Konto der gut organisierten
       Pädophilennetze – die vor allem im Jet-Set-Ambiente von Marrakesch tätig
       sind – geht ein beträchtlicher Teil dieser Verbrechen.
       
       ## Internationales Ziel des Sextourismus
       
       Zu den Kunden gehörten in den vergangenen Jahren nach Erkenntnissen der
       Menschenrechtler auch viele mächtige Politiker und Unternehmer europäischer
       Länder. „Das Land ist als eines der größten Sextourismusziele der Welt
       bekannt“, schreibt das Nachrichtenportal Maghreb Emergente. In den
       vergangenen Monaten hatten sich die Skandale gehäuft.
       
       Im Mai wurde ein 60-jähriger Franzose zu zwölf Jahren Haft verurteilt, im
       Juni wurde ein Brite als Verdächtiger dingfest gemacht. Besonders große
       Empörung löste der Fall der kleinen Wiam aus. Die Zehnjährige wurde von
       einem Familienvater 20 Mal vergewaltigt und mit einer Sichel verletzt. „Das
       hat das Fass zum überlaufen gebracht“, meint „Touche pas“-Präsidentin Najat
       Anouar.
       
       Ob Galván deshalb unter den 1044 Gefangenen war, die Mohammed VI.
       anlässlich des Thronfestes begnadigte, weil er ein geborener Iraker ist,
       der sich als Spion des spanischen Geheimdienstes beim Sturz von Diktator
       Saddam Hussein verdient gemacht hat, wie El País schreibt, steht in den
       Sternen. Fest steht aber, dass er sich 2005 in Kenitra im Norden Marokkos
       niedergelassen und allen erzählt hat, er sei ein Uni-Professor im
       Ruhestand.
       
       Er hat Feste für die Nachbarskinder organisiert, elf Kinder und Jugendliche
       im Alter zwischen 4 und 15 Jahren vergewaltigt und seine Taten gefilmt –
       vermutlich, um das Material zu verkaufen. „Er hat sich bei seinen Taten die
       finanziellen Probleme der Nachbarn zunutzegemacht“, stellte das Gericht
       fest.
       
       ## Wer bat um die Freilassung?
       
       Die Folgen des königlichen Fauxpas sind noch nicht abzusehen. In Spanien
       muss sich König Juan Carlos auf unbequeme Fragen gefasst machen, weil er
       Mohammed bei einem Besuch in Marokko Mitte Juli um die Freilassung von
       Spaniern als „Akt der Freundschaft“ gebeten hatte. Den Namen Galván nannte
       er nicht. Tat das die konservative Regierung oder, wie El País meint, der
       spanische Geheimdienst CNI?
       
       In Marokko, wo der arabische Frühling bislang folgenlos blieb, könnten die
       Konsequenzen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene derweil noch
       bedeutender sein, meinen Beobachter. „Die Jugend Marokkos hat Mohammed
       mehrfach, zuletzt bei den großen Demos von 2001, klar gemacht, dass die
       Feuerepoche von Hassan II. längst vorbei ist, und dass die Bevölkerung bei
       Unzufriedenheit nicht zögern wird, die Monarchie zur Rechenschaft zu
       ziehen“, schrieb jetzt das Nachrichtenportal Afrik.
       
       Und wie schrien noch einige jugendliche Fußballfans am Freitag in Rabat?:
       „Die Monarchie ist verfault!“
       
       4 Aug 2013
       
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