# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Ist ein Veggie Day geboten?
       
       > Die Katholiken kennen ihn und die orthodoxen Christen haben ihn – den
       > fleischlosen Tag. Nun fordern ihn auch die Grünen. Vernünftig? Oder
       > Quatsch?
       
 (IMG) Bild: Nein, das sind keine Soja-Würstchen. Aber sie sind bio!
       
       Vegetarische Gerichte, eine Salatbar – das gibt es schon länger in
       Deutschlands Kantinen. Aber an einem Tag in der Woche nichts anderes mehr?
       Kein Schnitzel, kein Gulasch, keine Bulette: Geht das denn überhaupt? Ja,
       meint die Fraktionschefin der Grünen Renate Künast. „Ein Veggie Day ist ein
       wunderbarer Tag zum Ausprobieren, wie wir uns mal ohne Fleisch und Wurst
       ernähren“, sagte sie vergangenen Montag der Bild-Zeitung. Und diese titelte
       sodann: „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten!" Auch die
       Twitter-Gemeinde erregte sich unter dem Hashtag #Veggie-Day.
       
       Der fleischlose Tag soll laut Wahlprogramm der Grünen „zum Standard
       werden“. Künast betont jedoch: „Es wird ja niemandem etwas verboten.“
       Werden die Kantinenesser so zu Teilzeit-Vegetariern? Oder steuern sie
       einfach am Veggie-Day direkt die nächste Currywurst- oder Döner-Bude an?
       
       Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland unterstützt das Vorhaben
       der Grünen. Der Verbandsvorsitzende Hubert Weiger sagte: „Wir fordern einen
       fleischfreien Tag und mindestens 20 Prozent Bio- und Neulandfleisch in
       öffentlichen Kantinen bis 2015.“ Laut BUND-Fleischatlas isst jeder Deutsche
       im Schnitt 89 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Nach Angaben des
       Verbraucherschutzministeriums sind es 61 Kilogramm Fleisch pro Jahr und
       Person, 1991 hätten die Deutschen noch 64 Kilo Fleisch im Jahr verdrückt.
       
       Dabei ist der Veggie Day nicht gänzlich neu: Tatsächlich gehört er seit
       2010 in Bremen und seit 2009 in der belgischen Stadt Gent zum
       Kantinenalltag.
       
       ## "Grüne Erziehungsdiktatur"
       
       Doch die FDP sieht durch die fleischlose Anordnung von oben naturgemäß die
       Freiheit des Einzelnen in Gefahr. „Was kommt als nächstes: Jute-Day,
       Bike-Day, Green-Shirt-Day?", fragte FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle.
       Die Menschen seien klug genug, selbst zu entscheiden, wann sie Fleisch und
       Gemüse essen und wann nicht.
       
       Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn, wetterte gar gegen
       eine «grüne Erziehungsdiktatur». Auch die SPD stimmte ein, deren ehemalige
       Agrarministerin Renate Künast habe nicht zu bestimmen, was bei ihm auf den
       Teller komme, sagte Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel. „Das
       entscheide ich immer noch selber.“
       
       Einen Zwang hin zum Veggie Day solle es keineswegs geben, betonte die
       Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Allerdings könne sie sich
       vorstellen, dass die Politik es fördere, wenn der Speiseplan an diesen
       Tagen abwechslungsreich gestaltet werde. Früher habe es in vielen Familien
       mindestens freitags kein Fleisch gegeben.
       
       Das Ziel der Grünen: den Fleischverbrauch der Deutschen senken. Denn der
       hohe Fleischkonsum erzwingt Massentierhaltung. Die Viehwirtschaft
       verbraucht für den Anbau von Tierfutter mit Abstand den größten Teil der
       Anbaufläche weltweit und verursacht fast ein Fünftel der
       Treibhausgasemissionen. Nach Angaben der Umweltstiftung WWF bedroht der
       Anbau von billigem Soja als Tierfutter in Südamerika inzwischen einmalige
       Ökoregionen wie die brasilianische Savanne und den tropischen Regenwald.
       
       Die Zahl der Vegetarier in Deutschland wächst stetig. Ihr Anteil hat sich
       nach Angaben der Universitäten Göttingen und Hohenheim in den vergangenen
       sieben Jahren auf fast vier Prozent verdoppelt. Auch der Anteil der
       Verbraucher, die bewusst wenig Fleisch essen, liege bereits bei fast zwölf
       Prozent. Die Umfrage der Unis in Göttingen und Hohenheim hatte auch
       ergeben, dass rund 60 Prozent der Befragten grundsätzlich zu geringerem
       Fleischkonsum bereit wären.
       
       Brauchen wir einen von oben verordneten fleischlosen Tag? Ist ein Veggie
       Day geboten? Oder gibt es ein Recht auf Schnitzel?
       
       Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten
       Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom
       10./11. August. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen. Oder
       schicken Sie uns bis Mittwoch, 7. August, eine Mail mit Name, Foto und
       Alter an: streit@taz.de.
       
       6 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leyla Dere
       
       ## TAGS
       
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