# taz.de -- Sommerpause im NSU-Prozess: Dienst nach Vorschrift
       
       > Kritiker bemängeln, dass der Generalbundesanwalt bloß die Anklageschrift
       > abarbeiten will. Die Suche nach weiteren Terror-Helfern unterstütze er
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Der als NSU-Helfer angeklagte Holger G. versteckt sich im Gerichtssaal vor Blicken und Kameras.
       
       MÜNCHEN/HAMBURG taz | Zügig kommt sie in den Saal, an der Anklagebank dreht
       sie den Fotografen sofort den Rücken zu. Seit 32 Verhandlungstagen tritt so
       die Hauptangeklagte im NSU-Verfahren, Beate Zschäpe, in den Saal A 101 im
       Münchner Strafjustizzentrum. Redet mit ihren drei Rechtsbeiständen,
       schweigt, wenn die Richter eintreten.
       
       Am Dienstag fand der letzte Verhandlungstag vor der Sommerpause im größten
       Verfahren der Bundesrepublik gegen eine rechtsextreme Terrorgruppe statt.
       Das NSU-Kerntrio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe soll zehn
       Menschen ermordet, mindestens zwei Bombenanschläge mit vielen Verletzten
       und vierzehn Banküberfälle verübt haben.
       
       Am Dienstag stand der Mord an Ismail Yasar im Verhandlungsmittelpunkt – das
       sechste Opfer des NSU. In Nürnberg betraten nach der Anklage am 9. Juni
       2005 um 10.00 Uhr Mundlos und Böhnhardt den Döner-Imbiss von Yasar und
       schossen mit der in einer Plastiktüte versteckten Pistole Marke Ceska
       fünfmal auf ihr Opfer. Zeugen sahen die beiden Männer und ihre Fahrräder.
       
       Einer von ihnen, sagte ein Kriminalbeamter nun aus, ärgerte sich über die
       zwei Räder auf dem Gehweg. Eine andere Zeugin, sagte der Beamte weiter,
       sah, wie ein „zweiter Mann aus dem Dönerstand kam und seinem Kollegen eine
       gelbe Plastiktüte mit buntem Aufdruck in den schwarzen Rucksack steckte“.
       Bisher die detaillierteste Aussage. An jenem Tag könnte auch Beate Zschäpe
       vor Ort gewesen sein.
       
       Doch auch bei dieser Aussage zeigte die Hauptangeklagte erneut keine
       Betroffenheit. Nichts anmerken lassen, nicht reden: Wie Zschäpes Anwältin
       Anja Sturm durchblicken ließ, wird dies weiterhin die
       Verteidigungsstrategie sein. Sturm und ihre Anwaltskollegen Wolfgang Heer
       und Wolfgang Stahl sehen auch nach drei Monaten im NSU-Prozess keinen
       Tatvorwurf substanziell erhärtet, insbesondere nicht den der Mittäterschaft
       bei den Morden der Terrorgruppe.
       
       ## Anfangsschwierigkeiten des Verfahrens scheinen überwunden
       
       Die Aussage eines Polizeibeamten, der den als NSU-Helfer Beschuldigten
       Holger G. vernahm, wischen sie weg. Ihm gegenüber, so der Beamte, habe G.
       betont, Zschäpe sei „ein vollwertiges Mitglied“ des NSU gewesen. Auch bei
       einer Waffenübergabe soll sie dabeigewesen sein.
       
       Die ersten 32 Tage im Prozess hatten durchaus einige Überraschungen zu
       bieten. Am [1][8. Verhandlungstag] rückte der Mitangeklagte Carsten S. mit
       einer neuen Erinnerung heraus. Bei der Übergabe der Mordwaffe im Frühjahr
       2000 hätte einer „der Uwes“ erzählt, „in Nürnberg in irgendeinem Laden eine
       Taschenlampe hingestellt“ zu haben. Erst nach Nachfragen des Vorsitzenden
       Richters Manfred Götzl sagte Carsten S., dass die beiden Sprengstoff in
       eine Taschenlampe eingebaut haben könnten. Tatsächlich gab es im Juni 1999
       einen Anschlag in einer türkischen Gaststätte, bei dem ein Mitarbeiter
       verletzt wurde – der Sprengsatz war in einer Taschenlampe versteckt. Bis zu
       dem Verhandlungstag war dieser Anschlag nicht als politisch motiviert
       bekannt.
       
       Am [2][29. Verhandlungstag] wurde wiederum deutlich, dass Zschäpe das Leben
       von noch mehr Menschen riskierte, als sie am 4. November 2011 den letzten
       Unterschlupf des NSU in Zwickau in Brand setzte. Drei Schwestern, die
       regelmäßig freitags ihre Tante besuchten, waren etwas zu spät. Nur die
       89-Jährige war in der Nachbarwohnung des Hauses, das durch die Explosion
       schwer beschädigt wurde.
       
       Die Anfangsschwierigkeiten des Verfahrens, das schleppend in Gang gekommen
       war, halten die Nebenkläger indes inzwischen für überwunden.
       
       Alexander Hoffmann, einer der Rechtsbeistände der Opfer des Kölner
       Bombenanschlags vom Jahr 2004, kritisiert aber, dass der
       Generalbundesanwalt alleine über die Anklageschrift verhandeln und alle
       weitergehenden Anträge der Opfervertreter nicht unterstützen wolle. Der
       Frage, ob der NSU nicht ein noch größeres Netzwerk von Helfern hatte, solle
       nicht nachgegangen werden, so lautet sein Vorwurf.
       
       Am 5. September wird das Verfahren weitergeführt.
       
       (In Kooperation mit Radio Lora München, www.lora924.de)
       
       6 Aug 2013
       
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