# taz.de -- Proteste im säkularen Teil Istanbuls: Sprechchöre gegen die AKP
       
       > Polizisten jagen Demonstranten. In Kadiköy, auf der asiatischen Seite
       > Istanbuls, herrscht abends eine Art Ausnahmezustand.
       
 (IMG) Bild: Zusammenstöße am Sonntag in Istanbul.
       
       ISTANBUL taz | Seit fast einer Woche befindet sich der Istanbuler Stadtteil
       Kadiköy in den Abend- und Nachtstunden in einer Art Ausnahmezustand. Seit
       es am Dienstag vergangener Woche nach einer Demonstration wegen eines
       getöteten Teilnehmers zu ersten massiven Tränengas- und
       Wasserwerfereinsätzen gekommen war, ist in Kadiköy nichts mehr wie zuvor.
       
       Mehr als tausend Polizisten belagern abends die Fußgängerzone und den
       Kneipenbezirk von Kadiköy, Hunderte Zivilpolizisten machen die Straßen
       unsicher, durchsuchen und verhaften Passanten. Immer wieder eskaliert die
       Situation, wenn Jugendliche sich gegen diese Belagerung wehren. Besonders
       brutal ging die Polizei in der Nacht von Sonntag auf Montag vor.
       
       Nach einem angemeldeten und genehmigten Konzert zum Gedenken an die bislang
       fünf getöteten Demonstranten auf dem Hauptplatz in Kadiköy, zu dem
       Abordnungen aus vielen Istanbuler Stadtteilen auf die asiatische Seite
       gekommen waren, nahm die Polizei einige Sprechchöre gegen die AKP zum
       Anlass, erneut ihre Wasserwerfer und Tränengasgeschosse einzusetzen. An
       allen wichtigen Orten Kadiköys waren Hundertschaften der Polizei postiert,
       um Jagd auf Flüchtende zu machen. Die Folge waren etliche Verletzte und
       Dutzende Festnahmen.
       
       „Nach Beyoglu will die Polizei jetzt auch Kadiköy zu einer verbotenen Zone
       machen“, sagte ein Demonstrant, der seit Tagen vor knüppelschwingenden
       Polizisten flüchtet, am Sonntagabend empört. Kadiköy ist das quirlige
       Zentrum Istanbuls auf der asiatischen Seite der Stadt. Nachdem die
       Stadtverwaltung 2012 im Ausgehviertel Beyoglu den Kneipenbesitzern verboten
       hatte, Tische auf die Straße zu stellen, waren viele Besucher nach Kadiköy
       ausgewichen.
       
       ## Sozialdemokratische Hochburg
       
       Nachdem nun seit der Räumung des Geziparks im Juni rund um den Taksimplatz
       keinerlei Protest mehr geduldet wird, hatten sich Demonstranten öfter in
       Kadiköy versammelt. Mit rund drei Millionen Einwohnern ist Kadiköy nicht
       nur einer der größten Bezirke Istanbuls, er gehört auch zu den letzten
       Hochburgen der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP, die hier den
       Bürgermeister stellt.
       
       Dieses Zentrum der säkularen Bevölkerung ist der islamischen AKP-Regierung
       schon lange ein Dorn im Auge. Nicht ganz zufällig geriet die
       Stadtverwaltung von Kadiköy immer wieder ins Visir der Korruptionsfahnder
       der Regierung. Nicht ganz zufällig wurde der Fußballclub von Kadiköy,
       Fenerbahce, als Erstes der Spielmanipulation bezichtigt. Doch die Wut der
       Bewohner wächst. Überall werden Parolen gesprüht, „AKP Mörder“ gehört zu
       der häufigsten.
       
       16 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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