# taz.de -- Heime der Haasenburg GmbH: Pädagogik am Ende
       
       > Ein Junge ist zum dritten Mal aus einem Haasenburg-Heim geflohen. Er will
       > zurück ins Saarland zu einer Einrichtung, die ihn auch gern nähme.
       
 (IMG) Bild: Kinder- und Jugendzentrum Haus Babenberg der Haasenburg.
       
       HAMBURG taz | Bereits zu dritten Mal hat der 16-jährige Tobias am Montag
       früh versucht, aus einem umstrittenen Heim Haasenburg zu entweichen. Der
       Fluchtversuch endete offenbar wenige Kilometer vom Hassenburg-Heim
       Neuendorf entfernt, wo er von einem Laden aus eine Bekannte anrief und um
       Hilfe bat.
       
       Der aus dem Saarland stammende Junge war in Begleitung eines anderen
       Jugendlichen. Die beiden seien schon nach rund anderthalb Stunden zurück
       gewesen, teilt das Brandenburgische Bildungsministerium mit.
       
       Erst am Freitag hatte der Junge bei der taz angerufen und gesagt, „mir geht
       es hier sehr schlecht“. Er halte es keinen Tag länger in dem Heim aus. Die
       Erzieher hätten eine große Klappe und würden ihn ständig provozieren.
       Seinem Mitbewohner gehe es genauso.
       
       Das besondere an Tobias Lage ist: Er hat sich zwei Tage zuvor an die
       Staatsanwaltschaft Cottbus gewandt. „Er hat umfassend gegen die Mitarbeiter
       der Haasenburg ausgesagt“, berichtet sein Rechtsanwalt Rudolf von Bracken.
       "Er bestätigte auch die Übergriffe und Misshandlungen an den anderen beiden
       Jugendlichen, soweit er selbst Zeuge war.“
       
       ## „Kein Interesse an der strafrechtlichen Aufklärung“
       
       Tobias war in der Nacht zum 3. Juli gemeinsam mit seinen Freunden Nico* und
       Andre* aus dem Heim geflüchtet. Ihre Aussagen waren Anlass für den
       Belegungsstopp, der noch immer für zwei der drei Haasenburg-Heime gilt.
       Nico aus Berlin musste schon nach der ersten Flucht nicht zurück ins Heim.
       André aus Hamburg kam wie Tobias in die Haasenburg zurück, durfte aber nach
       der zweiten Flucht Ende August in eine offene Einrichtung nahe Hamburg
       wechseln [1][(taz berichtete)]. Nur Tobias wurde immer wieder von der
       Polizei aufgegriffen und zurück in das Heim gebracht.
       
       Für den Anwalt Von Bracken ist klar, „die Haasenburg macht pädagogisch für
       den Jungen keinen Sinn“. Hinzu kommt die Belastung durch die Tatsache, dass
       der Junge bei der Staatsanwaltschaft aussagte. Die Frage, ob dies noch
       verantwortbar ist, schiebt das Ministerium auf das zuständige Jugendamt im
       Landkreis Neunkirchen (Saarland) ab. Dort sitzt auch die Amtsvormünderin,
       die das Sorgerecht hat.
       
       Doch diese soll laut von Brackens zunächst noch nicht einmal bereit gewesen
       sein, Tobias bei seiner Strafanzeige zu unterstützen. Denn ein Teil seiner
       Vorwürfe, bei denen es um Würdedelikte, Beleidungen und einfache
       Körperverletzung gehe, könnten nur verfolgt werden, wenn ein Antrag
       vorliegt. „Die Staatsanwaltschaft hat darauf hingewiesen, dass der
       Amtsvormund des Jungen vom Jugendamt Neunkirchen ausdrücklich keinen
       Strafantrag gestellt hat“, berichtet von Bracken. Damit erkläre der
       Amtsvormund mittelbar, „kein Interesse an der strafrechtlichen Aufklärung
       der berichteten massiven Straftaten an seinem Mündel zu haben“.
       
       Die taz fragte im Landkreisamt Neunkirchen nach. Dort hieß es am Freitag,
       man habe noch gar keine Kenntnis darüber, dass der Junge bei der
       Staatsanwaltschaft aussagte. Am Montag indes lag das Vernehmungsprotokoll
       aus Cottbus dort vor. „Laut unserem Kenntnisstand wird die Amtsvormündin
       nun alle strafrechtlich relevanten Tatbestände, die der Junge ausgesagt
       hat, zur Anzeige bringen und soweit zur Strafverfolgung erforderlich
       Strafantrag stellen“, sagt Pressesprecher Thomas Thiel.
       
       ## Meist noch minderjährig
       
       Der Fall macht eine grundsätzliche Problematik deutlich. Brandenburgs
       Bildungsministerin Martina Münch (SPD) betont stets, sie könne das Heim nur
       schließen, wenn Vorwürfe aus jüngerer Zeit vorliegen. Doch die aktuell oder
       bis vor kurzem in dem Heim untergebrachten Jugendlichen sind meist noch
       minderjährig.
       
       Der taz ist der Fall eines heute 17-Jährigen Hamburgers bekannt, der im Mai
       2012 aus der Haasenburg heraus eine Anzeige stellen wollte. Daraus wurde
       aber nichts, weil die Mutter ihm nicht glaubte und die nötige Vollmacht für
       den Anwalt nicht unterschrieb. Inzwischen hat sie mit ihm gemeinsam
       Strafanzeige gestellt.
       
       Im Bezug auf die Unterbringung erklärt Thiel, man sei schon seit Tobias
       erster Flucht im Juli auf der Suche nach einer anderen Einrichtung. „Bis
       dato ist uns das leider nicht gelungen“. Tobias selber würde gern bei dem
       auf Sport und Gewaltprävention spezialisierten Jugendhilfeträger „Power
       Out“ in Saarbrücken unterkommen, wo er Ende letzten Jahre schon einmal
       betreut wurde.
       
       „Wir hatten den Jungen bei uns in Obhut“, erinnert der Leiter Sammar
       Adjdadi. „Das hat bei uns gut funktioniert. Die Maßnahme war sehr
       erfolgreich“. Der Junge sei mit dem Konzept, das Sport mit Alltagsstruktur
       verbindet, gut erreichbar. „Er ruft uns jeden Tag an. Wir würden ihn auch
       wieder aufnehmen“. Nur habe man aber noch nicht die Betriebsgenehmigung für
       den geplanten stationären Wohnbereich. Denkbar wäre eine Kooperation mit
       einem anderen Träger. „Dann würde Tobias bei uns tagsüber ambulant betreut
       und bei dem anderen Träger wohnen“.
       
       Darauf angesprochen, ob dies möglich wäre, erklärt Landkreissprecher Thiel,
       einen solchen Kooperationspartner zu suchen wäre Aufgabe von Power-Out. Das
       will Einrichtungsleiter Adjdadi nun tun.
       
       *Namen geändert
       
       17 Sep 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Heime-der-Haasenburg-GmbH/!122692/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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