# taz.de -- Wahlwerbespots der kleinen Parteien: Softporno trifft auf Badesee
       
       > Sie haben keinen Fernseher? Dann entgehen Ihnen die Highlights des
       > Wahlkampfs: Die TV-Wahlwerbespots der Kleinstparteien. Hier die Top10.
       
 (IMG) Bild: Bloß nicht zu schnell verschrotten – vorher lieber noch ein paar Wahlspots gucken
       
       Platz 10 - BIG-Partei 
       
       Die Musik klimpert so romantisch-traurig vor sich hin, dass man sich kaum
       auf den Inhalt des Spots konzentrieren kann. Wobei, viel zu sehen ist
       ohnehin nicht. Der Parteichef von [1][BIG] steht vor einem weißem
       Hintergrund und betet die Forderungen runter: Mindestlohn, flexible
       Arbeitszeiten, Werte, Erhalt der Ehe „zwischen Mann und Frau“
       (Homophobie-Alarm)...
       
       Beim Körpersprache-Seminar hat er wohl nur die erste Einheit absolviert,
       seine Gesten wiederholen sich (Handbewegung im Rhythmus der Wörter,
       Zeigefinger-Deut in Richtung Zuschauer, Verabschiedungslächeln). Einziger
       Lichtblick: die farbliche Abstimmung von Krawatte und Parteilogo.
       
       Fazit: Langweilig, einschläfernd, homophob
       
       Platz 9 - Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) 
       
       Ein Name wie ein Gedicht: Helga Zepp-LaRouche. Die Parteichefin von
       [2][BüSo] setzt voll auf Inhalte, verzichtet auf jeden filmischen
       Schnickschnack. Vor blauem Hintergrund mimt sie eine Nachrichtensprecherin
       und erzählt von Trennbankensystemen, dem Wiederaufbau der Realwirtschaft,
       wertlosen Finanzblasen und der Bankenkrise.
       
       Alles klingt sehr dramatisch. Vom Tod von Millionen Menschen ist die Rede.
       Wenn wir nicht BüSo wählen werden wir alle sterben!
       
       Fazit: Filmisch: Flop, inhaltlich: sektenhaft überdramatisiert
       
       Platz 8 - Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 
       
       Kämpferische Musik eröffnet den Wahlspot der [3][MLPD]. Es blieb wohl kein
       Geld für den Spot, wollen die Kommunisten doch den Kapitalismus abschaffen.
       Jedenfalls schneidet die Partei einfallslos Archivbilder von Demos,
       Stahlwerken, Getreideernten und Slums hintereinander. Ein Sprecher geißelt
       den Kapitalismus, unten laufen Homepage und Telefonnummer der Partei in
       Dauerschleife durchs Bild. Es fliegen halbtransparente Geldscheine durch
       das Bild. Hängen bleibt nach 90 Sekunden nichts.
       
       Fazit: Kampfeslustig, langweilig, filmisch konservativ
       
       Platz 7 - Die Violetten 
       
       Ein Spot der mit einem Frank Zappa-Zitat beginnt, kann nur gut sein. Ist er
       auch. Verschiedene verspulte Spirituelle von den [4][Violetten] erzählen im
       Park sitzend, den Baum beinahe umarmend, von ihren Ideen. Dazu Esomusik und
       immer wieder Zoom auf die Baumkronen. Man fühlt sich am Ende tatsächlich
       tiefenentspannt. All das Grün, die Musik, die sanften Stimmen. Auf die
       Inhalte muss man da gar nicht mehr achten.
       
       Fazit: Musikalisch top, filmisch eher Mittelmaß
       
       Platz 6 - Partei Bibeltreuer Christen (pbc) 
       
       Der lustige dicke Mann mit Un-Frisur und Un-Stimme führt zum
       Abschaltreflex. Aber durchhalten. Denn die irren Christenspinner von der
       [5][pbc] haben ein paar junge, hippe Jugendliche ausgegraben, die mit der
       Bildungspolitik unzufrieden sind. Schön auch, wie die zwei Männer später
       mit einem kleinen blonden Mädchen an der Hand durch den Park laufen, ganz
       so, als würden sie es gleich hinter dem nächsten Busch missbrauchen. Den
       Spruch „...und so haben Mann mit Mann Schande getrieben...“ braucht es gar
       nicht mehr, um die Message zu verstehen. Schwule sind Kinderficker!
       
       Wenn man sich vom Brechreiz erholt hat, muss man anerkennen: filmisch ist
       der Spot gar nicht schlecht. Loungemusik im Hintergrund, junge und alte
       Menschen die kirchentreu in die Kamera lächeln und ihre Botschaft
       verbreiten. Bei Youtube ist der Spot überaus beliebt. Mehr als 150.000
       Klicks hat er bereits. Kultfaktor.
       
       Fazit: Inhaltlich zum Kotzen, filmisch in Ordnung
       
       Platz 5 - Bayernpartei 
       
       „Es stellen sich viele Fragen in der Politik“, beginnt der Spot. Auch wir
       haben viele Fragen an die [6][Bayernpartei]. Was soll der heulende Esel auf
       dem Wahlplakat? Weshalb sieht man fast nur Männer, die biertrinkend am
       Stammtisch sitzen und schimpfen? Wer hat diese epochale Orchestermusik
       komponiert? Und: wieviel Nazi steckt in der Bayernpartei?
       
       Auch wenn sie sonst nicht viel können außer Schimpfen: Der Spot glänzt
       durch den Einsatz vielfältiger technischer und filmischer Mittel. Während
       das Wohnmobil der Bayernpartei durch die grüne Landschaft fährt, wird es in
       Überwachunsoptik gefilmt. Endlich mal einen Partei, die die NSA-Affäre
       ernst nimmt. Grandios auch der Schluss. Allein der Satz „Angela Merkel hat
       den Bayerischen Löwen zu ihrer Schmusekatez gemacht. Lassen wir ihn wieder
       brüllen“, verdient einen Innovationsorden. Dass der Löwe auf dem
       abgefilmten Wahlplakat aber plötzlich animiert ist und durch sein Brüllen
       das gesamte Bild zum Erbeben bringt - großartig.
       
       Fazit: Urdeutsch, innovativ, aggressiv
       
       Platz 4 - ÖDP 
       
       Filmisch überzeugt die [7][ödp]. In Collagen und Montagen wird mit Hilfe
       des Protagonistenehepaars Schmidt gezeigt, weshalb man die anderen Parteien
       nicht wählen kann: Grüne (wachsweich), SPD (links anttäuschen, rechts
       überholen), Linkspartei (kein wirtschaftspolitisches Konzept), Union (für
       Gentechnik), FDP (Steuererleichterungen).
       
       Man kann niemandem mehr vertrauen. Nur der ödp. Inhaltlich überzeugt das
       kaum, aber der Spot ist hübsch anzusehen. Mit Ausnahme freilich vom
       Schluss, als Parteichef Sebastian Frankenberger (Sie wissen schon, der mit
       dem Rauchverbot in Bayern; hat jetzt übrigens kurze Haase) ins Bild kommt.
       
       Fazit: Inhaltlich mau, filmisch ansprechend und witzig
       
       Platz 3 - Freie Wähler 
       
       Die Ganze Welt erklärt am Badesee: Das Setting ist schon einmal
       erfrischend. Mutti zeigt den Kindern, wie genau sie bunte Plastikförmchen
       stapeln sollen, setzt sich zu einem fremden Mann auf die Bank. Der
       kritisiert: „Bei ihnen möchte ich kein Kind sein. Alles vorgeben, nichts
       selbst entscheiden lassen...“
       
       Dann betet er runter, für was die [8][Freien Wähler] stehen: Freie Wahl bei
       Bildung, Direktwahl des Bundespräsidenten, Trinkwasser für alle, mehr
       Mitsprache bei Bauprojekten... Mutti rückt immer näher an den Freien Wähler
       heran, öffnet ihre Haare (Softporno-Alarm). Aber wenigstens endlich mal
       Schauspieler, denen man ihre Rolle glaubt.
       
       Fazit: Filmisch und inhaltlich überzeugend
       
       Platz 2 - Die PARTEI 
       
       Wenig überraschend: Der Spot der Satirepartei [9][die PARTEI] ist einer der
       professionellsten unter den Kleinstparteien. Der ganzkörpertattowierte Dr.
       Mark Benecke (der mit den Maden) moderiert mit Flauschee Lee eine Art
       Shoppingkanal-TV-Show inklusive schlechter Synchronistation. Sie erklären,
       weshalb man die PARTEI wählen sollte. Sie „kann alles", ist „jetzt noch
       besser" und ist „sehr gut". Szenenwechsel, Musikeinspieler, Ironie,
       Laufband, Abspann. Der Spot ist ein beinahe perfekt inszenierte Kurzfilm.
       Bei Youtube der bisher beliebteste Spot unter denen der Kleinstparteien mit
       mehr als 200.000 Klicks.
       
       Fazit: Filmisch professionell, inhaltlich gut und humorvoll
       
       Platz 1 - Bündnis21/RRP 
       
       Diesen Spot muss man unkommentiert lassen. Nur so viel: Betonung,
       Schauspieler, Farbegebung, Softpornomusik... gedreht wohl Anfang der 90er
       Jahre. Verdient erster Platz für die Renter und Rentnerinnen vom
       [10][Bündnis 21 /RRP.]
       
       18 Sep 2013
       
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