# taz.de -- Österreichischer Rundfunk: Freude und Fassungslosigkeit
       
       > Der ORF darf ab Oktober in seiner Mediathek Werbung schalten. Die
       > Privaten sind entsetzt. Das Facebook-Verbot für den Sender jedoch wurde
       > erneuert.
       
 (IMG) Bild: Die Facebook-Nutzung des ORF verstoße gegen das Gesetz ständiger Foren, urteilten die Richter
       
       WIEN taz | Die werbefreien Plätze im ORF werden immer rarer. Ab Oktober
       dürfen auch die via Internet in der TVthek abrufbaren Sendungen mit
       Werbeeinschaltungen versehen werden. Das hat die österreichische
       Medienbehörde KommAustria verfügt.
       
       Thomas Prantner, Hauptabteilungsleiter Online und neue Medien sowie
       stellvertretender Technischer Direktor des ORF, freut sich über die neuen
       Möglichkeiten und erwartet zusätzliche Einnahmen in Höhe von „mehreren
       Hunderttausend Euro“ jährlich. Im Antrag wurde das Werbepotenzial für 2013
       mit 920.000 Euro veranschlagt.
       
       Prantner denkt vor allem an Pre-Roll-Spots, also Werbespots, die vor dem
       eigentlichen Video-Inhalt wenige Sekunden geschaltet werden.
       Kindersendungen und die historischen Archive sollen aber ebenso werbefrei
       bleiben wie Politik- und Informationssendungen, so die Auflage der
       KommAustria. Auch Unterbrecherwerbung muss unterbleiben.
       
       In einer Einigung mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat sich der ORF
       des Weiteren verpflichtet, auf sogenannte Mid-Roll-Spots zu verzichten. Das
       heißt, Abrufe von einem oder mehreren Beiträgen aus einer Sendung werden
       nicht durch Werbung unterbrochen.
       
       Was bereits vorhandene Werbeverträge für den Herbst betrifft, will Prantner
       keine Zahlen preisgeben. Er ist aber sicher, dass „die Werbewirtschaft auf
       dieses neue, zusätzliche Angebot auf der größten und erfolgreichsten
       Videoplattform Österreichs positiv reagieren wird“.
       
       ## Privatsenderverband reagiert mit Unverständnis
       
       Nicht einverstanden mit der Liberalisierung bei ORF online ist naturgemäß
       Klaus Schweighofer, der Vorsitzende des Privatsenderverbandes VÖP. „Der ORF
       hat mehr als ausreichend Werbemöglichkeiten“, sagte Schweighofer in der
       Tageszeitung „Der Standard“. Deswegen sollte Werbung in der TVthek
       „generell unzulässig sein“.
       
       Bei der TVThek wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres
       durchschnittlich 14,3 Millionen Videoabrufe (live und on demand) pro Monat
       verzeichnet. Wegen der Hochwasserberichterstattung war der Juni mit 17
       Millionen Abrufen der bisher stärkste Monat überhaupt.
       
       Bisheriger Quotenhit ist mit mehr als 500.000 Abrufen der skurrile Auftritt
       von Milliardär und Neo-Parteichef Frank Stronach als Studiogast in der
       Sendung „Zeit im Bild 2“ im vergangenen April. Mit rund 51 Millionen
       Zugriffen monatlich ist ORF online das größte digitale Nachrichtenmedium
       des Landes.
       
       Um die Befürchtungen der Privatsender und Gebührenzahler vor einer
       Übermacht des ORF entgegenzuwirken, wird ORF-Generaldirektor Alexander
       Wrabetz nicht müde darauf hinzuweisen, dass ein wesentlicher Teil der
       Rundfunkgebühren von den Landesregierungen einbehalten würde. Außerdem gebe
       es für dieses Jahr noch keine verbindliche Zusage, dass der durch
       Gebührenbefreiungen erwachsende Einkommensverlust von rund 50 Millionen
       Euro vom Staat ersetzt wird.
       
       Dazu hebelte am Dienstag der beim Kanzleramt angesiedelte
       Bundeskommunikationssenat (BKS) eine Entscheidung des
       Verfassungsgerichtshofs (VfGH) aus. Die Verfassungsrichter hatten Ende Juli
       das im ORF-Gesetz enthaltene Facebook-Verbot für den öffentlich-rechtlichen
       Sender als verfassungswidrig eingestuft – und dem Sender damit die Nutzung
       des sozialen Netzwerks erlaubt.
       
       ## Fassungslos über das Facebook-Verbot
       
       „Es verstößt gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf
       Meinungsäußerungsfreiheit und Rundfunkfreiheit, wenn dem ORF Verlinkungen
       und Kooperationen mit sozialen Netzwerken verboten werden“, entschieden die
       Richter. Generaldirektor Wrabetz twitterte umgehend, der Einsatz habe sich
       gelohnt, man freue sich mit dem eigenen Publikum.
       
       Nun, nachdem der BKS entschieden hat, dass die Facebook-Nutzung durch das
       ORF gegen das gesetzliche Verbot ständiger Foren verstoße, sagte Wrabetz:
       „Ich bin fassungslos, wie der BKS das Facebook-Verbot durch die Hintertür
       wieder einführt und die normale Nutzung sozialer Netzwerke untersagt.“
       
       29 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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