# taz.de -- Die Wahrheit: Endstation Bolognese
       
       > Gisela heult, nichts und niemand kann sie davon abhalten. Schon gar nicht
       > Sylvia mit ihren Weisheiten: „Natürlich ist da draußen der Dschungel.“
       
 (IMG) Bild: Einfach abheben: Von oben sieht alles ganz anders aus.
       
       Gisela heult, und nichts und niemand kann sie davon abhalten. Schon gar
       nicht Sylvia mit ihren Weisheiten: „Natürlich ist da draußen der Dschungel.
       Aber irgendwo findest du immer eine Liane. Du musst bloß zugreifen.“ Sie
       lächelt süffisant. Gisela hingegen heult nur noch mehr. „Ich will keine
       Liane, ich will Gernot zurück!“, greint sie und fügt dem Berg triefender
       Papiertaschentücher ein weiteres hinzu.
       
       „Vergiss es!“, sagt Sylvia, während ich überlege, ob es im Angesicht des
       Weltuntergangs wohl sehr unhöflich wäre, eine Plastiktüte unter den
       feuchten Haufen zu schmuggeln, damit nicht auch noch meine Sofakissen ihrer
       emotionalen Sintflut zum Opfer fallen.
       
       Gernot ist fort. Wir wissen es. Vorübergehend, meinte er. Kurze Pause,
       meinte er. Ein bisschen Abstand, um sich wieder neu zu finden. „Vergiss
       es!“, hatte Sylvia schon beim letzten Treffen gesagt, als wir Gisela
       verboten, ihm hinterherzutelefonieren. Heulend faselte sie etwas von
       passend wie Topf und Deckel. Zumindest so lange, bis Sylvia als Ablenkung
       Plan B vorschlug.
       
       „Plan B?“, hatte ich gefragt, weil ich noch nicht mal wusste, dass es einen
       Plan A gab. Sylvia hatte wissend genickt und „B wie Bertram“ gehaucht, „der
       Kollege, auf den sie schon eine ganze Weile steht“. Gisela hatte noch
       einmal kurz, aber heftig aufgeschluchzt. Dann war Stille. „Plan B klingt
       nicht schlecht“, sagte sie schließlich mit zögerndem Lächeln.
       
       Wir hatten einen Direktangriff vorgeschlagen, der jeglichen Widerstand
       aushebeln würde. Ein Tête-à-Tête mit allem Zipp und Zapp. Sylvia warf
       Flirt-Ratschläge durch die Gegend wie Gisela vorher ihre Taschentücher,
       doch wurde sie schnell in ihre Schranken gewiesen.
       
       „Glaub bloß nicht, dass ich, nur weil ich seit Jahren eine feste Beziehung
       habe, nicht mehr weiß, wie so was geht!“, giftete Gisela kampfbereit.
       „Beziehung habe?“, zischte Sylvia leise, „vergiss es!“
       
       Der feuchte Stapel auf meinem Sofa wächst. Gisela heult unbeirrt. Für Plan
       B hatte sie unsere Restaurant-Tipps in den Wind geschlagen und das gemacht,
       was früher auch geklappt hatte: Spaghetti bolognese zu Hause.
       
       „Es lief auch alles gut, bis er wissen wollte, ob das Rind im Hack irisch
       oder schottisch sei, und ob ich ihm die Herkunftsregion des Parmesans
       verraten könne“, schluchzt sie nun. Wir nicken. Natürlich hatte sie recht:
       Im Grunde hat sich seit Jahrzehnten kaum etwas am menschlichen
       Paarungsverhalten verändert. Abgesehen von der Invasion an Kochsendungen.
       
       „Und woher kam dein Parmesan?“, frage ich vorsichtig. „Aus der Tüte. Woher
       denn sonst?“ Gisela sieht mich überrascht an. „Hast du ihm das auch
       gesagt?“, bohre ich weiter. „Klar, warum nicht?“, meint sie. „Vergiss es!“,
       sagt Sylvia. „Und dann?“, übergehe ich diesen Einwurf. „Er sagte: ’2 von 10
       Punkten‘. Dann ging er. Ich habe keine Ahnung, weshalb. Gernot hat das
       immer gern gemocht.“ Wir nicken wieder.
       
       „Und jetzt?“, fragt Gisela. Wir schauen uns an, und Sylvia reicht ihr das
       Handy. „Ruf Gernot an. Sofort!“, sagt sie. „Vielleicht ist doch was dran an
       dem Topf und dem Deckel.“
       
       25 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilke S. Prick
       
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