# taz.de -- Koalitionszoff: Rot-Schwarz lässt die Funken fliegen
       
       > Die CDU blockiert das Stadtwerk – weil es nicht vom Start weg
       > hausgemachten Ökostrom liefert. SPD: Nur ein Vorwand.
       
 (IMG) Bild: "Wir wollen nicht der 300. Stromhändler sein": Florian Graf, Franktionschef der CDU.
       
       SPD und CDU erleben derzeit den größten Konflikt seit Koalitionsbeginn vor
       zwei Jahren. Anlass ist der seit Monaten währende Streit über ein
       Stadtwerk, das beide Fraktionen Ende 2012 verabredeten. Die
       Christdemokraten halten den Sozis vor, sie hielten sich nicht an die
       Vereinbarung, ausschließlich selbst produzierten Ökostrom zu verkaufen. Das
       halten diese für vorgeschoben: Die CDU wolle das Stadtwerk einfach
       grundsätzlich nicht. Um die Sache zu klären, kommt es am heutigen
       Donnerstag zum Krisengipfel. „Wenn Verabredungen nicht mehr belastbar sind,
       hat eine Koalition ein Problem“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer
       der SPD-Fraktion, Torsten Schneider.
       
       Es war im von SPD-Fraktionschef Raed Saleh ausgerufenen „Herbst der
       Entscheidungen“, als Rot-Schwarz einen Parlamentsantrag vorstellte, der ein
       Stadtwerk als Ziel nannte. Es war der vergebliche Versuch, die zweite Phase
       des Energie-Volksbegehrens zu verhindern, das neben der Hoheit über das
       Netz auch ein Stadtwerk anstrebt und inzwischen einen Volksentscheid für
       den 3. November erreichte.
       
       In dem Koalitionsantrag heißt es: „Aufgabe des Unternehmens ist es,
       ausschließlich erneuerbare Energie zu produzieren und diese selbst
       produzierte Energie am Berliner Markt zu vertreiben.“ Mittelfristig sollen
       dort 100.000 Kunden gewonnen werden. Ein Konzept von Umweltsenator Michael
       Müller (SPD) sieht nun aber vor, anfangs nur Ökostrom für 5.000 bis 7.000
       Haushalte selbst zu produzieren und weiteren Strom an der Strombörse
       einzukaufen. Erst stufenweise soll sich das ändern.
       
       Strom aber großteils nicht herzustellen, sondern zu handeln, das sieht die
       CDU als Widerspruch zu der mit der SPD vereinbarten Zielsetzung. „Wir
       wollen nicht der 300. Stromhändler am Markt sein“, sagt Fraktionschef
       Florian Graf.
       
       Für seinen SPD-Amtskollegen Raed Saleh ist das bloße Hinhaltetaktik. Nach
       seiner Darstellung war es von Anfang an klar, dass sich das Unternehmen
       stufenweise entwickeln und anfangs auch Strom einkaufen würde. Das ergebe
       sich schon daraus, dass man sich am Hamburger Stadtwerk orientiert habe,
       welches auf genau diese Weise entstand. Offenbar habe die CDU ihre Haltung
       geändert. Er und Fraktionsgeschäftsführer Schneider erinnerten daran, dass
       die CDU noch im April dem Stadtwerk-Antrag im Wirtschaftsausschuss
       zustimmte.
       
       ## Wer ist hier der Bremser?
       
       Auch Senator Müller hält die Einwände für vorgeschoben. Über ein Gespräch
       mit mehreren Abgeordneten des Koalitionspartners am Dienstag sagte er:
       „Mein Eindruck war schon, dass die CDU grundsätzlich ein Problem mit der
       Stadtwerksgründung hat.“ Deren Fraktionschef Graf räumte zwar ein, dass die
       SPD bei dem Thema die treibende Kraft war: „Dass es für uns keine
       Herzensangelegenheit ist, ist ja bekannt.“ Den Blockadevorwurf aber wies er
       zurück: „Wir sind hier nicht der Bremser.“
       
       Auf Drängen von Saleh soll parallel zur Parlamentssitzung am heutigen
       Donnerstag der Koalitionsausschuss tagen, ein für Krisensituationen
       vorgesehenes Gremium. Es ist laut SPD seit Koalitionsstart erst das zweite
       Mal, dass es einberufen wird. Ihm gehören für die SPD der Regierende
       Bürgermeister Klaus Wowereit, Saleh und Landesparteichef Jan Stöß an, für
       die CDU neben Graf Parteichef Frank Henkel und ein weiterer Vertreter.
       Nicht mehr zu hören sind derzeit Sätze wie jener von Graf zu Jahresbeginn:
       „Wenn es eine Doppelspitze gibt, die hier erfolgreich gearbeitet hat, waren
       das Saleh und ich.“
       
       Für die Grünen-Fraktion ist alles nur ein Schaukampf: „Die Koalition
       inszeniert Konflikte, wo kaum welche sind“, sagt ihr Energieexperte Michael
       Schäfer. Ob ein landeseigener Stromhändler gegründet wird oder nicht,
       spiele keine Rolle für die Energiewende. „Ein starkes Stadtwerk kann nur
       gegen den Senat durchgesetzt werden – am 3. November per Volksentscheid.“
       
       25 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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