# taz.de -- Entscheidung im America's Cup: Einfach immer schneller
       
       > Das US-Team schafft die Sensation und verteidigt den America's Cup. Das
       > zunächst deutlich überlegene neuseeländische Team blieb chancenlos.
       
 (IMG) Bild: Verdienter Sieger des America's Cup: das US-Team.
       
       BERLIN taz | Nach einer nicht mehr für möglich gehaltenen Aufholjagd in den
       letzten Rennen hat das US-Team von Skipper James Spithill am Mittwoch vor
       San Francisco das entscheidende Finale des 34. America's Cup gewonnen. Der
       Abstand zwischen den beiden AC-72 Katamaranen der USA und Neuseelands
       betrug im Ziel 44 Sekunden. Ausschlaggebend für den finalen Sieg des
       US-Teams auf dem Kurs zwischen der Golden Gate Bridge und der
       Gefängnisinsel Alcatraz war die bessere Bootsgeschwindigkeit.
       
       Die neuseeländischen Herausforderer mit Skipper Dean Barker hatten nach den
       ersten beiden Bojen noch knapp in Führung gelegen. Aber auf dem dann
       folgenden Kreuzkurs zog das schnellere US-Boot vorbei und baute nach jeder
       Wende seinen Vorsprung aus. Neuseeland blieb dann mangels taktischer Fehler
       des US-Boots chancenlos.
       
       Zu Beginn der Finalrennen um die älteste internationale Sporttrophäe der
       Welt hatte es genau anders herum ausgesehen. Der Herausforderer Neuseeland
       dominierte das US-Team mit höherer Geschwindigkeit, saubereren Manövern und
       meist auch einer besseren Taktik fast nach Belieben. Nur einmal wären die
       Kiwis bei einer überhasteten Wende fast gekentert.
       
       ## Perfektionierter Tragflügelkatamaran
       
       Nach elf Rennen lagen sie mit 8:1 Punkten in Führung und brauchten nur noch
       einen einzigen Sieg, um den Pokal wieder in den Südpazifik zu nehmen.
       Neuseeland hatte bereits 1995 und 2000 gewonnen. Doch dieser letzte Sieg
       blieb den Kiwis bis zum Schluss verwehrt.
       
       Die Neuseeländer hatte das Glück verlassen. Drei Mal wurden Rennen wegen
       Überschreitung des Zeitlimits oder wegen zu starken Windes abgebrochen.
       Jedesmal führte Neuseeland entweder deutlich oder war in einer besseren
       Position. Doch nach dem Einwechseln des britischen vierfachen
       Olympiasiegers Ben Ainslie als neuen Taktiker segelte das US-Boot nicht nur
       taktisch besser, sondern wurde täglich auch immer schneller.
       
       Techniker und Konstrukteure des vom US-Softwaremilliardär Larry Ellison
       finanzierten und international zusammengekauften Teams perfektionierten den
       Tragflügelkatamaran. Auch harmonierte die von der neuseeländischen
       Segellegende Russel Coutts organisierte junge Mannschaft, zu der nur noch
       ein US-Amerikaner zählte, immer besser. „Ihre Fortschritte waren
       phänomenal,“ sagte der frustrierte Kiwi-Skipper Barker nach seiner
       Niederlage. Die Kiwis büßten ihr anfängliche Überlegenheit dramatisch ein.
       
       Zwar gab sich Barker zunächst noch gelassen. Doch mit jedem vergebenen
       Matchpunkt wuchs der Druck. Im Start zum drittletzten Rennen kassierte er
       gar eine Strafe, weil er das US-Boot behindert hatte und es zur Kollission
       kam. Als es am vorletzten Tag schließlich 8:8 stand, weil das US-Boot das
       neuseeländische nach einem Wendefehler einfach stehen gelassen hatte, waren
       die Kiwis geschockt.
       
       ## Segelverrückte Nation
       
       In ihrer Heimat fieberte eine segelverrückte Nation mit. Die Regierung
       hatte das Team mit 20 Millionen Euro aus Steuergeldern subventioniert. Die
       Rennen, die in Neuseeland am frühen vormittag live übertragen wurden,
       sollen jeweils fast die Hälfte der Bevölkerung gesehen haben.
       
       Doch auch das US-Team musste große Rückschläge überwinden. Von Beginn an
       startete es mit zwei Strafpunkten und brauchte somit zwei Siege mehr zur
       Verteidigung der Trophäe als die Neuseeländer zu ihrem Gewinn. Die Strafen
       stammte von einer Vorregatta, bei der US-Team regelwidrig sein Boot
       manipuliert hatte. Darüber hinaus waren drei Teammitglieder gesperrt
       worden.
       
       Doch letztlich bewies die US-Mannschaft die besseren Nerven, die steilere
       Lernkurve im Handling des extremen Bootstyps und am Ende die deutlicheren
       Geschwindigkeitsvorteile. Hinzu kam in der zweiten Hälfte eine sehr saubere
       Taktik. Der US-Sieg, auf den zuvor niemand mehr gesetzt hätte, ist damit so
       verdient wie sensationell.
       
       Manche Kommentare sprechen vom „größten Comeback in der Geschichte des
       Sports“. Andere witterten schon eine Verschwörung oder stellten fest, dass
       selbst in der Heimat des „amerikanischen Traums“ eine solch drastische
       Wendung als inakzeptabel gelten würden, wenn sie so in einem
       Hollywood-Skript stünde.
       
       ## Verrückte und teuerste Regatta der Welt
       
       Die sensationelle Verteidigung des Cups, die große Spannung der letzten
       Rennen und das große Interesse der täglich rund 30.000 Zuschauer vor Ort
       sind ein Triumph des eitlen Larry Ellison. Der Gründer und Chef des
       Softwaregiganten Oracle, der knapp 200 Millionen Dollar in diese verrückte
       und teuerste Regatta der Welt investierte, wollte sich mit einem weiteren
       Sieg ein Denkmal setzen. Zugleich wollte er den Regattasport brachial
       revolutionieren und zum Publikumsevent verwandeln. Er machte daraus eine
       Art Formel-1-Spektakel, bei dem die Segler Sturzhelme tragen müssen.
       Trotzdem gab es im Mai ein erstes Todesopfer.
       
       Bei diesem 162 Jahre alten Pokal entscheidet der Gewinner über das künftige
       Format und beeinflusst so die künftige Entwicklung dieses Wassersports.
       Doch viele traditionelle Segler stehen Ellisons Innovationen kritisch
       gegenüber und sehen die Schönheit des Segelns auf dem Altar der
       Geschwindigkeit geopfert.
       
       Dabei drohte das Spektakel zwischenzeitlich zu floppen. Aufgrund der
       gigantischen Kosten hatten sich weltweit nur drei Herausforderer gefunden.
       Unter denen konnten allenfalls die Kiwis Ellisons Segelsöldnern das Wasser
       reichen. Als dann der neuseeländische David dem amerikanischen Goliath die
       überdrehte Show zu stehlen drohte, hofften Beobachter wie die deutsche
       Segellegende Jochen Schümann, dass die Kiwis als Veranstalter des nächsten
       Cups wieder einen Gang runter schalten würden. Geringere Kosten, mehr
       Teilnehmer und womöglich die Rückkehr zu langsameren Einrumpfbooten
       lauteten die Wünsche.
       
       ## Attraktivität halten
       
       Doch letzteres ist sehr unwahrscheinlich, wenn Ellison als erneuter
       Verteidiger in ein paar Jahren das nächste Rennen ausrichten darf und so
       dem Pokal weiter seinen Stempel aufdrücken wird. Zumindest hatte sich seine
       Wahl des Austragungsortes der windstarken San Francisco Bay mit der
       hafennahen Regattastrecke als Glücksgriff erwiesen. Auch machte unter
       seiner Führung die fernsehgerechte Übertragungs- und Computertechnik der
       Rennen große Fortschritte.
       
       Auch machte unter seiner Führung die fernsehgerechte Übertragungs- und
       Computertechnik der Rennen große Fortschritte. Zuschauer in 140 Ländern
       bekamen laufend aktuelle Bootsdaten wie Geschwindigkeit, Windrichtung,
       Strömung und Kurs über Grund eingeblendet. Dies erklärte das für viele
       sonst rätselhafte Treiben auf dem Wasser.
       
       Die Zuschauer waren hautnah bei den Mannschaften dabei, konnten die
       Bedeutung der Manöver verstehen und die Spannung von Segelregatten direkt
       erleben. Die Herausforderung liegt künftig darin, die Attraktivität für die
       Zuschauer zu halten, die finanzielle Eintrittsschwelle für Teilnehmer zu
       senken und das Rennen dem normalen Segelsport insgesamt wieder ähnlicher
       werden zu lassen.
       
       26 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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