# taz.de -- Olympia-Athleten im Papageien-Look: Eine apolitische Jacke
       
       > Deutsche Olympia-Funktionäre sorgen mit einem modischen Paukenschlag für
       > Begeisterung: Geistreicher Homo-Protest oder einfach nur stulle?
       
 (IMG) Bild: Hängebauchschweinpapageien für Deutschland.
       
       BERLIN taz | Selten so gelacht! Mit einem modischen Paukenschlag hat am
       Dienstag der Deutsche Olympische Sportbund eine Welle der Begeisterung
       ausgelöst.
       
       Denn die dicken Damen- und Herrenjacken, mit denen die deutschen Athleten
       im kommenden Jahr nun wohl oder übel bei den Olympischen Spielen in Sotschi
       ins Stadion einlaufen müssen, haben vor allem zwei Effekte: Erstens
       verwandeln sie ihre Träger zum anmutenden Bild einer Kreuzung träge
       gewordener Hängebauchschweine mit dem bunten Kleid der Papageienvögel.
       Zweitens, und das ist wohl wichtiger: Die Bekleidungsstücke wirken wie eine
       Jacke gewordene Form von Homo-Protest.
       
       Denn die exklusive Kollektion aus dem Hause Bogner, die am Dienstag auf
       einem Laufsteg in der Düsseldorfer Messe der Öffentlichkeit präsentiert
       wurde, besticht in erster Linie durch ein Übermaß an bunten Kringeln. Es
       dauerte daher nicht lang bis Nutzer auf Twitter auf das naheliegende kamen:
       Sollte da wirklich der Deutsche Olympische Sportbund – sonst eher so ein
       Gralshüter langweiligen Nichtssagens – auf die Idee gekommen sein, eine
       geheime Protestbotschaft nach Russland zu senden?
       
       Immerhin erinnern die Klamotten sehr stark an das Symbol der weltweiten
       Homo- und Lesbenbewegung, die Regenbogenfahne – eine Flagge, die für
       Toleranz und Vielfältigkeit steht.
       
       ## Ein mutiger Biedermeier-Sportbund?
       
       In Russland, wo die Olympischen Spiele im Februar stattfinden werden, ist
       von Toleranz und Vielfältigkeit dagegen nicht viel zu spüren. Erst im Juni
       trat dort ein hoch umstrittenes Gesetz inkraft, das sogenannte
       „Homosexuellen-Propaganda“ unter Strafe stellt.
       
       Und wie heißt es also nun in der Pressemitteilung der Olympia-Funktionäre?
       „Die Ausrüstung wurde (...) in Farbe und Material den zu erwartenden
       Bedingungen in Sotschi angepasst.“ In Sotschi, das ist kein Geheimnis,
       dürfen sich Schwule und Lesben heute immerhin noch wohler fühlen als in
       Moskau.
       
       Die Stadt gilt als Nische für Homosexuelle. Sollten der
       Biedermeier-Sportbund also wirklich so mutig gewesen sein, hier einmal
       klare Positionen zu beziehen? Aber nein: Keine Angst!
       
       ## Hängebauchschweinpapagei.
       
       Dort heißt es stattdessen beruhigend: „Das Farbkonzept der Sotschi-Outfits
       spiegelt die exotische Landschaft des Austragungsortes wieder: auf Saumhöhe
       der Jacken das Türkisblau des Schwarzen Meeres, darüber das warme Gelb von
       Sand und Sonne und das satte Grün der Palmen, gekrönt vom kühlen Weiß des
       Schnees in den kaukasischen Bergen. Ein weiteres Highlight: die
       Blumendrucke der Damenhosen, die an russische Trachten erinnern.“ So steht
       es geschrieben in der Verkündung der deutschen Olympioniken. Hätte man es
       schöner schreiben können?
       
       Mehr noch! Der Präsident des Verbands, Hans-Peter Krämer, verstieg sich
       über die sogenannte „Sotschi-Kollektion“ sogar zu der gewagten Behauptung:
       „Ich bin mir sicher, dass sich unsere Athletinnen und Athleten darin
       wohlfühlen und Deutschland hervorragend repräsentieren werden.“
       
       Wer es jetzt noch immer nicht verstanden hat, für den hat die taz extra
       nochmal nachgefragt. Der Sprecher des Sportbunds, Christian Klaue,
       versicherte am Dienstag: „Sie können davon ausgehen, dass das nichts mit
       Protest zu tun hat.“ Schnell schob er nach: Der Auftrag zur Einkleidung sei
       bereits vor anderthalb Jahren ergangen. Das Design sei schon fertig
       gewesen, noch ehe die Debatte um die Diskriminierung Homosexueller in
       Russland begonnen habe. In Russland fühlen sich Homosexuelle zwar schon
       seit quasi immer verfolgt – aber wir wollen es glauben.
       
       Es handelt sich bei der neuen Kollektion so nun also eindeutig um eine
       apolitische Jacke. Generalsekretär Michael Vesper sagt es allerdings
       anders. „Es handelt sich hier um eine modische Jacke.“ Und so müssen wir
       nun traurig Bilanz ziehen: Wenn es jetzt ein Zeichen gewesen wäre – okay.
       Aber einfach nur so eine modische Jacke? Noch dazu so eine scheißhässliche?
       
       1 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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