# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Der historische Hegeler
       
       > Erstmals haben alle vier deutschen Manschaften an einem
       > Champions-League-Spieltag gewonnen. Momentaufnahme – oder Ausdruck
       > tatsächlicher Dominanz?
       
 (IMG) Bild: In der 92. Minute hämmert Jens Hegeler den Ball in die Maschen.
       
       Der junge Mann, der dafür sorgte, dass die Weste tatsächlich weiß blieb,
       heißt Jens Hegeler. Falls Sie Herrn Hegeler nicht kennen sollten: Er ist 25
       Jahre alt, war mal deutscher U21-Nationalspieler und ist beim
       Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen momentan das, was man einen
       Ergänzungsspieler nennt.
       
       Dieser Jens Hegeler drosch also in der 92. Minute des
       Champions-League-Spiels gegen Real Sociedad San Sebastian einen Freistoß
       kurzerhand in den linken Winkel des gegnerischen Tores. Obwohl ihm von den
       Platzhirschen seines Teams, Kapitän Simon Rolfes und Stürmerstar Stefan
       Kießling, eigentlich befohlen worden war, eine Flanke auf ihre im Strafraum
       wartenden Köpfe zu zirkeln.
       
       Doch Hegeler setzte sich über diese Anweisung hinweg, obwohl er nach
       Eigenaussage noch nie in einem Pflichtspiel einen Freistoß direkt
       verwandeln hatte können. Hegelers Eigensinn sicherte den Leverkusener
       2:1-Sieg und vervollständigte einen aus deutscher Sicht perfekten
       Champions-League-Spieltag.
       
       Vier deutsche Siege an einem einzigen Spieltag der Champions League – das
       ist ein Novum. Zugegeben, dies ist auch erst die dritte Spielzeit, in der
       es vier Vertreter der Bundesliga in die Gruppenphase der Königsklasse
       geschafft haben. Aber trotzdem: Man kann die Erfolge durchaus lesen als
       logische Konsequenz vieler positiver Entwicklungen im deutschen Fußball,
       von der systematisch verbesserten Nachwuchsarbeit in Verband und Liga über
       das im europäischen Vergleich solide Wirtschaften der Spitzenklubs bis zu
       den Segnungen der 50+1-Regel.
       
       Die wollte zwar mancher Vereinsfunktionär lieber gestern als heute
       beerdigen, aber sie garantiert ein zwar langweiliges, aber kontinuierliches
       Arbeiten. Eine Beständigkeit, nach der sich mancher englische, spanische
       oder italienische Klub sehnen würde, bei dem ein windiger Investor schnell
       das Interesse verliert, wenn nach einer millionenschweren Einkaufstour der
       Erfolg ausbleibt.
       
       ## Frech kommt weiter
       
       Andererseits ist das natürlich auch nur eine Momentaufnahme, die mit Hilfe
       des Glücks zustande kam. Wäre Jens Hegeler nicht sieben Minuten vor seinem
       Freistoßtor eingewechselt worden oder hätte er sich dem Diktat seiner
       Mitspieler gebeugt: Es wäre wohl beim 1:1 gegen San Sebastian geblieben.
       „Manchmal wird Frechheit auch belohnt“, stellte Simon Rolfes fest.
       
       Auch der Schalker 1:0-Sieg beim FC Basel war eher zufälliger Natur. Im
       Gegensatz dazu dominierten Dortmund beim 3:0 gegen Olympique Marseille und
       vor allem Bayern München. Deren 3:1 bei Manchester City, mit einem
       „Fußball, wie ich ihn fast noch nie im Leben gesehen habe“, brachte nicht
       nur den eigenen Präsidenten ins Schwärmen.
       
       Als sich Uli Hoeneß wieder beruhigt hatte, richtete auch er den Blick auf
       die Bilanz der Bundesliga: „Die Deutschen scheinen ja in Europa jetzt
       wirklich eine Nummer zu werden.“ Das war noch vorsichtig, aber wohl auch
       angemessen formuliert, denn bei Lichte betrachtet sind trotz des Höhenflugs
       auch weiterhin nur Bayern und mit Einschränkungen Dortmund dazu fähig, die
       Champions League womöglich zu gewinnen, der Rest ist aber immerhin, so
       Hoeneß, „in der Lage, in Europa alle zu schlagen“. Eben so wie an diesem
       einen historischen Spieltag der Champions League.
       
       3 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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