# taz.de -- Dominanz von Bayern München: Kaum zu glauben
       
       > Die Bayern können nicht fassen, wie gut sie sind – und trotzdem nur 1:1
       > in Leverkusen spielen. Im Fernduell mit Dortmund sehen sie sich im
       > Vorteil.
       
 (IMG) Bild: Einer von 56: Leverkusens Torwart Bernd Leno hatte die meisten Ballkontakte seines Teams
       
       LEVERKUSEN taz | Offensichtlich enthält das Produkt Weltklassefußball
       mittlerweile derart viele inszenatorische Elemente, dass sogar die
       Protagonisten anfangen, am Wahrheitsgehalt ihrer Darbietungen zu zweifeln.
       „So was gibt’s scheinbar“, sagte Thomas Müller nach dem 1:1 des FC Bayern
       in Leverkusen mit zweifelnder Stimme. Vollständig überzeugt, dass die große
       Münchner Fußballshow tatsächlich frei von fiktionalen Elementen war, wirkte
       der Stürmer nicht.
       
       Die Art, wie diese Münchner an guten Tagen spielen, erinnert mehr und mehr
       an die inszenierten Auftritte der Entertainment-Basketballer Harlem
       Globetrotters. Die Bayern sind immer einen Gedanken weiter, haben immer
       neue Lösungen parat, und manchmal lassen sie ihre Gegner wie ahnungslose
       Lehrlinge erscheinen.
       
       Der Grund für Müllers Zweifel an der Echtheit dieses Fußballspiels lag aber
       weniger in der absurden Dominanz seines Teams, der Stürmer konnte einfach
       nicht glauben, dass mit dieser Darbietung nur ein einziges Tor produziert
       worden war. Selbst Pep Guardiola zog sich etwas ratlos auf die für solche
       Fälle passende Phrase zurück, als er dem Mangel an Effizienz gefragt wurde.
       „Das ist Fußball“, erklärte der Trainer.
       
       Was soll man auch sagen, wenn eine Mannschaft ihren Gegner auf allen Ebenen
       beherrscht und doch nicht gewinnt? Mit ihrer Kombinationslust und ihrer
       individuellen Kunststücke veranlassten sie sogar das gegnerische Publikum
       zu staunenden „Ahs“ und „Ohs“, doch aus fünf, sechs wunderbaren Torchancen
       entstand nur der eine Treffer von Toni Kroos in der 29. Minute. „Es fühlt
       sich schon eher wie eine Niederlage an“, meinte Müller, der größte
       Torchancenverschwender.
       
       ## Defensivprobleme im Griff
       
       Mit dieser Ansicht stand Müller allerdings allein da. Mehrheitlich hatten
       die Münchner sich von ihrem ultradominanten Guardiola-Fußball begeistern
       lassen. „Spielerisch Weltklasse“ habe das Team agiert, schwärmte der
       Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, und Philipp Lahm meinte, in
       dieser Woche mit den Auswärtsspielen in Manchester und in Leverkusen habe
       sein Team „wieder einen Riesenschritt vorwärts gemacht“.
       
       Die zu Beginn der Saison konteranfälligen Bayern waren ja durchaus besorgt
       vor diesem Spiel gegen einen Gegner, dessen größte Stärke überfallartige
       Gegenangriffe sind. Der Verlauf des Abends darf nun als Indiz dafür gelten,
       dass sie ihre Probleme im Umschalten auf Defensive in den Griff bekommen
       haben. „So stellen wir uns das alle vor, so dominant wollen wir sein, so
       wollen wir agieren“ sagte Lahm, „dass das bei einer Topmannschaft wie
       Leverkusen so funktioniert, hätten wir auch nicht gedacht.“
       
       Und nach der Niederlage der Dortmunder haben sie ja sogar erstmals unter
       ihrem neuen Trainer die Tabellenspitze erklommen, was Rummenigge vor allem
       vor dem Hintergrund der mehr oder weniger spielerisch geführten
       Psychogefechte, die während der kommenden Tagen bei der Nationalmannschaft
       ausgetragen werden, für wichtig hält. „Es ist immer besser, wenn man bei
       der Nationalmannschaft Erster ist“, sagte er. Dass die Dortmunder aus einem
       ganz ähnlich verlaufenen Spiel gar keine Punkte mitbringen, kann als
       Bayern-Erfolg im Fernduell betrachtet werden.
       
       Nur Manuel Neuer wird nicht mitspötteln, denn ihm unterlief vor Sidney Sams
       1:1 (31.) der entscheidende Fehler des Abends, derweil sein Kollege Bernd
       Leno zum großen Helden dieser Partie geworden war. „Klar, dass man gegen
       die Bayern einen Supertorhüter braucht, und den haben wir“, sagte Simon
       Rolfes, der Leno unter der Woche als Kandidat für die Nationalmannschaft
       ins Spiel gebracht hatte.
       
       Der schwäbische Torwart war die beherrschende Instanz im Leverkusener
       Strafraum, hatte 56 Ballkontakte, mehr als jeder seiner Mitspieler, und
       nicht nur Rolfes wundert sich, dass sein Kollege im fröhlichen
       Ratespielchen vor den Nationalmannschaftsnominierungen stets ungenannt
       bleibt.
       
       „Es wird allgemein wenig über Bayer Leverkusen berichtet“, sagte Leno, und
       nach einer kleinen Pause ergänzte er: „Aber eigentlich ist es mir auch
       egal, ob meine Leistungen gepusht werden.“ Das klang, als würde er sich
       schon eine größere überregionale Anerkennung wünschen. An diesem Abend
       immerhin hatte er dem großen Münchner Kollegen die Show gestohlen.
       
       6 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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